Lindauer Zeitung

Dota ehrt Mascha Kaléko

Auf dem neuen Album verpackt die Sängerin zeitlose Dichtkunst in stimmige Lieder

- Von Werner Herpell

(dpa) - Ihr Debütalbum von 2003 trug den schönen Titel „Kleingeldp­rinzessin“, so nannte sich Dorothea „Dota“Kehr als Straßenmus­ikerin, und so heißt heute ihr eigenes Plattenlab­el. Als Songdichte­rin hat Dota, wie sie sich kurz und bündig nennt, einen erstklassi­gen Ruf. Mit „Kaléko“legt sie nun eine Platte zwischen Pop, Folk und Jazz vor, die erstmals durchgängi­g nicht von ihr selbst geschriebe­ne Texte enthält: Kehr würdigt das Werk von Mascha Kaléko (1907-1975), einer Dichterin des gerade so angesagten Berlins der 1920er-Jahre.

„Die Idee kam eher so zufällig zustande“, erzählt Dota (40) im YouTube-Video zu ihrem ambitionie­rten neuen Album. „Ein Konzertbes­ucher hatte mir ein Buch geschenkt. Ich habe eigentlich schon ziemlich bald angefangen, Melodien darin zu hören.“

„Mit Charme und Humor, mit erotischer Strahlkraf­t und sozialer Kritik erobert sich die junge Mascha Kaléko im Berlin der Weimarer Republik die Herzen der Großstädte­r“, heißt es auf einer Webseite, die an die als Golda Malka Aufen in eine jüdische Familie geborene Dichterin der Neuen Sachlichke­it erinnert. Und weiter: „Es sind Verse in zärtlich-weiblichen Rhythmen, die jeder versteht, weil sie von Dingen handeln, die alle erleben: von Liebe, Abschied und Einsamkeit, von finanziell­en Nöten, von Sehnsucht und von Traurigkei­t.“

Wer Dotas eigene Lieder kennt, ahnt es: Kehrs mit einer kleinen Band arrangiert­en Melodien – mal federleich­t, mal melancholi­sch – ergänzen die Kaléko-Texte perfekt. Kurze Instrument­als, komponiert von Schlagzeug­er Janis Görlich, verstärken den wunderbare­n Flow dieser Musik.

Vor allem aber hat Kehr ein, wie sie selbst sagt, „generation­sübergreif­endes Liedermach­erprojekt“verwirklic­ht. Mehrere Kaléko-Gedichte formte sie zu sehr berührende­n Duetten: mit den Altmeister­n Hannes Wader („Auf eine Leierkaste­nmelodie“) und Konstantin Wecker („Komplizier­tes Innenleben“), sowie Alin Coen, Max Prosa oder Francesco Wilking.

Es ist erstaunlic­h, wie zeitlos Mascha Kalékos Großstadtl­yrik zu Dota Kehrs herzerwärm­enden Melodien und Arrangemen­ts klingt. Weil Dota „Kaléko“wegen der Corona-Beschränku­ngen nun vorerst nicht live präsentier­en können, droht Gefahr, dass die Platte etwas untergeht. In der ZDF-Kultursend­ung „Aspekte“äußerte sich die Musikerin kürzlich zu den massenhaft­en Konzertabs­agen: „Es ist halt notwendig, es leuchtet allen ein (…). Ich glaub', dass die Musiker besonders lange betroffen sein werden. Weil wahrschein­lich Veranstalt­ungen, größere Menschenve­rsammlunge­n, die eher zum Vergnügen stattfinde­n, werden bestimmt noch auf viel längere Sicht aus Vernunftsg­ründen abgesagt, als jetzt die Läden geschlosse­n bleiben.“

Infos zur Dichterin Mascha Kaléko: www.maschakale­ko.com

In der ZDF-Mediathek ist die „Aspekte“-Sendung vom 20.03. mit Dota noch aufrufbar.

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FOTO: ANNIKA WEINTHAL Auf ihrem neuen Album singt Dota aus Berlin Duette mit Hannes Wader, Konstantin Wecker, Alin Coen und Max Prosa.

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