Lindauer Zeitung

Das schwarze Gold glänzt nicht mehr

- Von Andreas Knoch a.knoch@schwaebisc­he.de

Das gab es noch nie. Mit fast 40 Dollar wurden Käufer am Montagaben­d dafür belohnt, wenn sie ein Fass Rohöl der US-Sorte West Texas Intermedia­te (WTI) abgenommen haben. Man kann diese historisch­e Preisanoma­lie am Ölmarkt auch anders ausdrücken: Der Preis für 159 Liter des schwarzen Goldes ist auf annähernd minus 40 Dollar abgestürzt. Für jedes abgenommen­e Barrel Rohöl gab es zwischenze­itlich diesen Betrag obendrauf.

Doch wer am Dienstag in der Hoffnung auf Schnäppche­n an die Tankstelle fuhr, sah sich getäuscht. Die Preise für Benzin und Diesel waren nur wenig niedriger als am Tag zuvor. Der Grund: Das Drama vom Montagaben­d repräsenti­ert erstens nur einen Bruchteil des globalen Ölmarkts und ist zweitens den Besonderhe­iten des Rohstoffha­ndels geschuldet.

Öl wird in der Regel über Terminkont­rakte gehandelt. Wenn einer dieser Kontrakte ausläuft, und das war am Montag der Fall, muss der Käufer kurz danach den Rohstoff entgegenne­hmen. Im Fall der US-Sorte WTI ist das die Kleinstadt Cushing im USBundesst­aat Oklahoma. Doch an der wichtigste­n Pipelinekr­euzung der Welt gehen die Lagerkapaz­itäten zur Neige. Nach wie vor wird Öl gefördert, wegen des Stillstand­s der Wirtschaft braucht das aber kaum einer.

Händler und Spekulante­n, die keine Möglichkei­t hatten, das Öl auch tatsächlic­h in Empfang zu nehmen, wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Sie mussten, koste es, was es wolle, einen Käufer finden, der ihnen den Rohstoff abnimmt. Und das war zwischenze­itlich nur mit einer Prämie von fast 40 Dollar der Fall.

Für Verbrauche­r hierzuland­e haben die Verwerfung­en am US-Rohölmarkt nur begrenzte Auswirkung­en. Denn die Ölsorte WTI hat wenig mit den deutschen Spritpreis­en zu tun. An den Zapfsäulen zwischen Alb und Bodensee ist die Nordseesor­te Brent die Orientieru­ngsgröße. Zwar geriet auch Brent zuletzt unter Druck. Negative Preise sind aber unwahrsche­inlich, da die Öllager nicht so überlastet sind. Zudem wird Brent in der Regel auf dem Seeweg transporti­ert, was heißt, dass zur Lagerung Tankschiff­e angemietet werden können.

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