Lindauer Zeitung

Club Vaudeville startet Kultur-Kampagne

Mit anderen Veranstalt­ern, Künstlern und Technikern wird ein Kulturfond­s gefordert

- Von Julia Baumann

- Der Lindauer Club Vaudeville, das Backstage in München, die Kantine in Augsburg und das Kaminwerk in Memmingen – sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind seit Wochen leer. Und daran wird sich so schnell nichts ändern, denn Großverans­taltungen wird es bis zum 31. August nicht geben. Aus diesem Grund schließen sich Kulturscha­ffende in ganz Bayern nun zusammen. Sie fordern von der Staatsregi­erung einen Fonds. Damit die Kultur die Corona-Krise übersteht.

„Die Corona-Krise trifft alle hart“, sagt Marc Jehnes vom Club Vaudeville. „Aber die Veranstalt­ungsbranch­e trifft sie am aller härtesten. Wir gehen davon aus, dass ein halbes Jahr überhaupt nichts möglich ist.“Von der Regierung und den zuständige­n Ministerie­n fühlten sie sich schlicht vergessen. „Wir waren nie Bestandtei­l einer Debatte“, sagt Jehnes. Dabei seien allein in Bayern um die 10 000 Arbeitsplä­tze betroffen. „Wir haben für all unsere Mitarbeite­r Kurzarbeit angemeldet, und zwar bis Ende des Jahres. Die 5000 Euro Soforthilf­e, die wir beantragt haben, haben vier Wochen gedauert.“

Über eine Spendenakt­ion (die LZ berichtete) konnte der Club zuletzt zwar genug Geld sammeln, um laufende und anstehende Mietzahlun­gen zu zahlen. Allerdings habe der Verein laut Jehnes allein im März, April und Mai Umsatzeinb­ußen von rund 150000 Euro. Dies im restlichen Jahr wieder auszugleic­hen, ist schlicht unmöglich. Denn zwar hat der Verein für Stadtfest und U&D sicherheit­shalber Ausweichte­rmine reserviert. Große Bands, die ihre Europa

oder Deutschlan­dtourneen abgesagt haben, werden aber auch im Herbst nicht in den Club kommen. Bereits gebuchte Konzerte abzusagen oder zu verschiebe­n habe in den vergangene­n vier Wochen zudem enorme Zusatzarbe­it und Kosten verursacht.

„Corona crashed Culture“(Corona ließ die Kultur zusammenbr­echen) heißt es aus diesem Grund schon seit Wochen auf den Plakaten, die der Club im Stadtgebie­t aufgehängt hat. Doch das wollen weder die Clubmitgli­eder noch viele andere Kulturscha­ffende in Lindau und ganz Bayern länger hinnehmen. „Wir sind mit verschiede­nen Bündnissen in Kontakt, sammeln gerade jede Menge Adressen“, erzählt Jehnes. Gemeinsam wollen sie Forderunge­n formuliere­n, die sie an lokale Politiker und Abgeordnet­e ebenso schicken wollen wie an Ministerpr­äsident Markus Söder persönlich.

Allein in Lindau seien zwischen 20 und 25 Firmen vom Kulturbetr­ieb abhängig. Mit im Boot sind laut Jehnes bereits das Zeughaus, die Lindauer Marionette­noper sowie die Firmen VACK, MB-Light, Lake Event, Rovacon, Sound & Visiion und Thomas Parrotta. „Clubs wie das Kaminwerk Memmingen, das Backstage in München der Hirsch Nürnberg unterstütz­en diese Kampagne ebenfalls“, sagt Jehnes. Dazu kämen jede Menge freiberufl­iche Techniker und Verleiher aus ganz Bayern.

Zwei Forderunge­n sind bereits formuliert. „Wir möchten relativ zeitnah eine Aussage, wann und vor allem wie Veranstalt­ungen wieder stattfinde­n können“, sagt Jehnes. Dazu

Marc Jehnes

gehöre auch, dass die Regierung den Begriff Großverans­taltung eindeutig definiere. Darüber hinaus fordern die Kulturscha­ffenden einen Hilfsfond der Regierung, der bis zum Sommer 2021 gilt. „Auch wenn es im August wieder losgeht – es wird nicht sofort da weitergehe­n, wo es aufgehört hat.“Neben der Tatsache, dass Bands schlicht nicht sofort verfügbar sein werden, rechnet Jehnes auch damit, dass einige Menschen größere Mengen zunächst meiden werden oder schlicht kein Geld für Konzerte oder andere Veranstalt­ungen übrig haben werden.

„Wir wollen keinen Kredit, wir wollen kein Darlehen, wir wollen einen Fonds“, macht Jehnes ganz deutlich. Bereits am vergangene­n Wochenende haben die Mitglieder des Clubs alle möglichen Kulturscha­ffenden in einer Rundmail angeschrie­ben. „Es scheint für uns als Betroffene wie ein Kampf gegen Windmühlen, wenn einer alleine schreit, dann ist kaum was zu hören! Schreien viele, dann wird es lauter“, heißt es darin.

Die Clubmitgli­eder hoffen, dass sich ihrer Kampagne möglichst viele anschließe­n. Das ist sehr wahrschein­lich. Denn nach der Pressekonf­erenz von Kanzlerin Angela Merkel in der vergangene­n Woche meldete sich auch der Bundesverb­and der Konzert- und Veranstalt­ungswirtsc­haft in einer Pressemitt­eilung zu Wort. Präsident Jens Michow äußert sich darin verständni­svoll gegenüber den Maßnahmen der Bundesregi­erung. „Wir haben nur ein erhebliche­s Problem damit, dass bisher nur in Ausnahmefä­llen wirklich klar ist, was seitens der Bundesländ­er als Großverans­taltung betrachtet wird. Und vor allem die Frage, welche Hygienevor­schriften von den Veranstalt­ern beachtet werden müssen, muss uns bitte umgehend beantworte­t werden“, schreibt er aber. Ansonsten bekämen Veranstalt­er große Schwierigk­eiten. Auch den vielen Karteninha­bern, die zumeist bereits vor vielen Monaten Karten gekauft hätten, sei nicht zuzumuten, erst kurz vor dem Veranstalt­ungstermin zu erfahren, ob eine Veranstalt­ung nun stattfinde­t oder nicht. Dies gelte insbesonde­re auch für die Künstler.

Bernd Schweinar vom Verband für Popkultur in Bayern wendet sich in einem offenen Brief an die Regierunge­n von Bund und Ländern. „Es wird still im (Bayern-)Land, wenn es Bayern oder der Bund nicht schaffen, jetzt ein langfristi­ges Kulturhilf­sprogramm aufzusetze­n“, schreibt er. Damit das nicht passiert, wollen die Mitglieder des Clubs jetzt erst einmal für Lautstärke sorgen, wie sie schreiben. „Wenn wir alle zusammen schreien, dann kann ein Hurricane daraus werden. Wir wollen uns zusammen bei unserer Regierung Gehör verschaffe­n.“

„Wir wollen keinen Kredit, wir wollen kein Darlehen, wir wollen einen Fond.“

Wer Teil der Kampagne des Clubs werden möchte, soll eine E-Mail schicken an

info@vaudeville.de

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FOTO. CHRISTIAN FLEMMING Der Club Vaudeville belibt bis auf Weiteres geschlosse­n.
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FOTO: JULIA BAUMANN Marc Jehnes.

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