Lindauer Zeitung

Maskenball? Lass uns wie die Kinder sein...

- Von Tobias Bernhard

Auf diese Woche haben manche sicherlich lange gewartet. So wie ich auch. Endlich sollte klar werden, wie es weitergeht. Und tatsächlic­h: Manche Beschränku­ngen lockern sich, gleichzeit­ig kommt am Montag aber auch ein neues Gebot auf: Die Maskenpfli­cht wird eingeführt, zumindest in Bayern. Maskenpfli­cht!

Sofort erinnere ich mich an Kinderfasc­hing, Fasnet, Maskenball und den Fasching in Venedig. Und ich sehe sie vor mir, die vielen Gesichter mit fröhlichen Masken im Bus sitzend: leuchtende Stoffe, grinsende Fratzen, edle Muster, coole Comics. Kreative und fröhliche Arbeiten aus den heimischen Kunstwerks­tätten in

Wohnzimmer­n und Nähstuben, von Älteren erwartungs­froh genäht und daraufhin verschenkt und verteilt an

Kinder und Jugendlich­e, die Nachbarn, Freunde und die liebe Bäckersfra­u, die immer da ist.

Ich bin wohl doch schon recht lange tätig in der Kinder- und Jugendarbe­it. Die graue Realität aus weiß-blauem, medizinisc­hem Mundschutz will sich in meinen Bildern nicht einstellen. Auch nicht die Sorgen, die unter diesen Masken stecken. Immerzu wünsche ich mir, dass sich unter der Maske meines Gegenübers ein verschmitz­tes Lächeln, ein Augenzwink­ern und Lebensfreu­de verstecken.

„Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.“

So steht es in der heutigen Losung der Herrnhuter Brüdergeme­inde, die für jeden Tag zwei Bibelverse aussucht. Der Vers für heute stammt aus dem Brief an die Galater im 3. Kapitel. Der Apostel-Paulus wendet sich in seinem Brief an die Gemeinde und versucht, sie trotz aller Unterschie­dlichkeit und Unstimmigk­eiten innerhalb ihrer Gesellscha­ft zu einen. Paulus schreibt weiter: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“

Und da ist er wieder, der Maskenball in meinem Kopf: Versteckt hinter Masken erkennen wir oft kaum, welcher Mensch darin steckt. Die Masken und Verkleidun­gen der Fasnet zeigen uns gruselige Gestalten und furchteinf­lößende Gesichter, hinter denen sich zumeist freundlich­e, zugewandte und lebenslust­ige Menschen verstecken, die der grauen Zeit ein Ende bereiten wollen. Verschmitz­tes Lachen ist zu spüren. Ein Augenzwink­ern. Lebensfreu­de. Kinderfasc­hing eben. Fasnetsumz­ug. Maskenball.

Wenn wir also nun in maskenbehä­ngte Gesichter blicken, lasst uns daran denken: Wir sind alle Kinder Gottes.

Die Maske verdeckt das Gesicht und gibt uns die Chance, unserer Fantasie freien Lauf zu lassen: Vielleicht sitzen doch alle lächelnd im Bus. Ich bin mir sicher, mit kindlichen Augen entdecken wir das leichter: das Göttliche, Ebenbildli­che, Kindliche in uns.

Das jedenfalls wünsche ich mir. Ich kneife die Augen zusammen und bete kurz zum lieben Gott: Lass uns wie die Kinder sein. Amen.

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FOTO: FG-FOTOGRAFIE Diakon und Dekanatsju­gendrefere­nt Tobias Bernhard, luv Junge Kirche Lindau.

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