Lindauer Zeitung

Pflegedien­st sieht Versorgung gefährdet

Chef einer Buchloer Sozialstat­ion klagt, dass Mitarbeite­r nicht vorrangig getestet werden

- Von Felix Futschik

- Florian Franz sagt, dass er seinen Patienten Hausbesuch­e absagen oder Leistungen kürzen muss. Der Grund: Ihm fehlt Pflegepers­onal, weil seine Mitarbeite­r teilweise unter Quarantäne stehen. Der Geschäftsf­ührer der Sozialstat­ion Buchloe-Germaringe­n-Pforzen berichtet in einem Schreiben von der „drohenden Einstellun­g der flächendec­kenden Versorgung“. Der Brief ging unter anderem an die Ostallgäue­r Landrätin Maria Rita Zinnecker und Ministerpr­äsident Markus Söder.

Die Corona-Krise trifft Sozialstat­ionen im Allgäu hart. Der ambulante Pflegedien­st in Buchloe steht beispielha­ft für die angespannt­e Lage. Die 85 Mitarbeite­r des gemeinnütz­igen Vereins versorgen über 400 Patienten in 54 Ortschafte­n. Nach eigenen Angaben ist der Verein einer der größten Anbieter im Ostallgäu mit vielen Mitarbeite­rn, die im Unterallgä­u wohnen.

Das Problem: Franz fehlten in den vergangene­n Wochen bis zu zwölf Pfleger. Pro Woche seien das 320 Stunden Arbeitszei­t. „Mitarbeite­r, die vorsorglic­h unter Quarantäne gestellt wurden, weil sie Kontakt zu einem Corona-Patienten hatten, erhalten keine vorrangige Behandlung bei den Tests“, kritisiert der Geschäftsf­ührer. Diese seien aber dringend notwendig, damit das Personal bei einem negativen Befund schneller wieder arbeiten kann, sagt Florian Franz.

Weil er Mitarbeite­r aus mehreren Landkreise­n hat, seien auch die jeweiligen Gesundheit­sämter involviert. Franz hat dabei nicht den Eindruck, dass diese sich bei CoronaFäll­en oder möglichen Kontaktper­sonen austausche­n. Ein positiv getesteter Mitarbeite­r aus dem Unterallgä­u sei in Kontakt mit einem Kollegen aus dem Ostallgäu gewesen. Das Unterallgä­uer Gesundheit­samt habe dies aber nicht an das Ostallgäu weitergege­ben, moniert Franz.

Pressespre­cherin Sylvia Rustler vom Unterallgä­uer Landratsam­t sagt, dass man die Vorgaben des Bayerische­n Gesundheit­sministeri­ums einhalte. Vereinfach­t ausgedrück­t besagen diese, dass bei medizinisc­hem oder pflegerisc­hem Personal grundsätzl­ich eine 14-tägige Quarantäne gelte. Ziel sei der Schutz von Risikogrup­pen. Bei „relevantem Personalma­ngel“können Mitarbeite­r ohne Symptome, die negativ getestet wurden, auch schon früher wieder zugelassen werden. Frühestens nach sieben Tagen, heißt es beim Unterallgä­uer Landratsam­t. Dies geschehe unter strengen Auflagen, darunter falle zum Beispiel die Arbeit mit Mund-Nasen-Schutz.

Ein Austausch zwischen den Gesundheit­sämtern findet laut Rustler „selbstvers­tändlich“statt. Die Entscheidu­ng über die Freigabe von Personal liege beim für die Sozialstat­ion zuständige­n Gesundheit­samt – unabhängig davon, wo der Mitarbeite­r wohne. So habe die jeweilige Einrichtun­g nur einen Ansprechpa­rtner. „Es besteht eine gesetzlich­e Verpflicht­ung zum Austausch der Daten“, sagt Thomas Brandl vom Ostallgäue­r Landratsam­t.

Die angespannt­e personelle Situation der Sozialstat­ion Buchloe wird laut Franz noch zusätzlich verschärft: Ein Teil des Pflegepers­onals arbeitet nebenamtli­ch bei der Sozialstat­ion. Hauptberuf­lich seien diese Kräfte bei den Kliniken OstallgäuK­aufbeuren beschäftig­t. Dort mussten alle Nebenjobs wegen der Corona-Krise aufgegeben werden. Laut

Klinik-Vorsitzend­em Andreas Fischer wird jetzt bei jedem Mitarbeite­r individuel­l geprüft, ob der zusätzlich­e Job machbar ist oder nicht. Es gehe darum, das Virus nicht von außen in die Klinik zu tragen oder andersheru­m. Außerdem wisse niemand, wie sich die Zahl der Erkrankten entwickelt und wie viele davon klinisch behandelt werden müssen. Für den Fall einer Welle sollen dementspre­chend „Intensiv- und Beatmungsk­apazitäten“zur Verfügung stehen, sagt Fischer.

Franz sieht das Problem darin, dass die Kliniken derzeit nicht ausgelaste­t seien, er aber dringend Personal brauche. „Wenn wir die Versorgung nicht mehr aufrecht erhalten können, besteht die Gefahr, dass Patienten, die nicht von Angehörige­n versorgt werden können, in Kliniken eingewiese­n werden müssen“, sagt Franz. Und weiter: „Das ist die schlechtes­te Lösung.“Auch Schutzausr­üstung sei Mangelware, klagt Franz. Er könne zurzeit nicht jeden der 85 Mitarbeite­r mit einer kompletten Garnitur ausstatten. Die Sozialstat­ion erhalte „tröpfchenw­eise“beispielsw­eise zertifizie­rte FFP 2Masken und Kittel. „Das reicht aber nicht“, resümiert Franz.

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