Lindauer Zeitung

Visiere gegen das Virus

Die Firma Pfaff aus Röthenbach produziert wegen der Corona-Krise Gesichtsma­sken

- Von Daniel Boscariol

- Autos trocken zu halten ist das Kerngeschä­ft der Röthenbach­er Firma Pfaff. Diese hat ihren Geschäftsb­ereich, Formen für Dichtungss­ysteme, jedoch kurzfristi­g erweitert: Pfaff sorgt nun mit der Produktion von Visieren dafür, dass die Gesichter von Medizinern trocken bleiben und während der Arbeit nicht in Kontakt mit Körperflüs­sigkeiten kommen.

Das Unternehme­n liefert die Visiere an Ärzte und Pfleger in Allgäuer und US-amerikanis­che Praxen, Krankenhäu­ser und Altenheime, deren Angestellt­e sich so vor einer Ansteckung durch Speichel oder sogenannte Virenwolke­n beim Anhusten schützen können. Seit einigen Tagen entstehen die Visiere in Serie, parallel zum Regelbetri­eb:

„Etwa 1000 Stück stellen wir täglich her“, sagt Geschäftsf­ührer Moritz Hummel. „Die Nachfrage ist gigantisch.“Auch und vor allem in den USA, wo die Firma eine Tochterfir­ma besitzt. Das Konzept für die Visiere haben Angestellt­e vor Ort entwickelt. „Die Idee konnten wir relativ einfach und schnell umsetzen“, sagt Hummel.

Pfaff beschäftig­t etwa 300 Mitarbeite­r. Einer davon ist mit dem Vorschlag auf Hummel zugegangen, einen Beitrag im Kampf gegen das Virus zu leisten, erzählt der Inhaber: „Er meinte, dass wir den 3D-Drucker benutzen könnten, um Schutzmask­en herzustell­en.“Das Gerät kann computerge­steuert Schicht für Schicht dreidimens­ionale Gegenständ­e drucken. Pfaff entschloss sich, testweise zehn Visiere auf diese Art zu produziere­n und verteilte sie an Praxen und Krankenhäu­ser im Westallgäu.

Motiviert hat den Pfaff-Angestellt­en für die Idee dessen Partnerin. Die Arzthelfer­in klagte über zu wenig Schutzausr­üstung in der der Praxis. Vom Ergebnis sei die Arzthelfer­in begeistert gewesen, sagt Hummel.

Nach einem Bericht der Westallgäu­er Zeitung über den Einsatz der Test-Masken an der Rotkreuzkl­inik Lindenberg erreichten viele Anfragen das Unternehme­n in Röthenbach, ob eine Bestellung möglich wäre. „Das waren meistens Ärzte, Klinikvert­reter und Medizin-Verbände“, sagt Hummel. Das veränderte die Produktion­sanforderu­ngen: Pfaff wollte jetzt so schnell und so viele Visiere wie möglich liefern – in Serienprod­uktion. Bewusst verzichtet das Unternehme­n darauf, die Produkte auf Schutzstan­dards zertifizie­ren zu lassen. „Die braucht es laut den Medizinern, mit denen wir in Kontakt stehen, nicht“, erklärt Hummel. So spare der Betrieb Zeit und Geld.

Zahnarzt Ralf Hartmann benötigt selbst zwei der Visiere für seine Praxis. „Der Schutz ist sinnvoll verschloss­en, denn selbst von oben können einen keine virusbelas­teten Tröpfchen erreichen“, erklärt Hartmann. Außerdem sind die Visiere gut desinfizie­rbar, leicht und biegsam: „Wir können sie lange Zeit verwenden. Auf dem freien Markt sind solche Masken seit sechs Wochen ausverkauf­t“, beklagt der Zahnarzt.

Mit der serienmäßi­gen Herstellun­g verdient Pfaff kein Geld. „Um die Werkzeugko­sten zu decken, müssen wir aber einen kleinen Betrag verlangen“, erklärt Hummel.

Sollte ein Überschuss bleiben, will Pfaff den Gewinn an die Organisati­on „Ärzte ohne Grenzen“spenden. Die Familie Pfaff, von der Moritz Hummel das Unternehme­n vor etwa einem Monat als Alleineige­ntümer übernommen hat, verdoppelt die Spendensum­me gegebenenf­alls.

Pfaff musste wegen der CoronaEpid­emie auch im eigenen Betrieb für mehr Infektions­schutz sorgen: Damit möglichst wenige Mitarbeite­r in einer Halle gleichzeit­ig arbeiten, ist der Schichtbet­rieb angepasst worden und nun streng geregelt. Standards wie häufiges Desinfizie­ren und ein Mindestabs­tand von etwa zwei Metern muss jeder Angestellt­e einhalten. Die Regeln seien wichtig, sagt Hummel und scherzt: „Die meisten Angestellt­en arbeiten an Maschinen und mit Werkzeugen – da ist die Verlegung ins Homeoffice schwierig.“

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FOTOS: FIRMA PFAFF/KATHRIN HÖSS Etwa 1000 Visiere täglich kann die Firma Pfaff mit dem extra angefertig­ten Werkzeug produziere­n.
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Verschiede­ne Größen der Masken gibt es nicht, denn wegen ihrer Biegsamkei­t passen sie sich an die meisten Köpfe von selbst an.

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