Lindauer Zeitung

Schäuble zweifelt an Corona-Maßnahmen

Bundestags­präsident warnt vor Kippen der Stimmung – Experten fürchten zweite Welle

- Von Sebastian Heinrich, Daniel Hadrys und unseren Agenturen

- Angesichts der Einschränk­ungen von Grundrecht­en in der Corona-Krise haben mehrere Spitzenpol­itiker, darunter auch Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjust­izminister­in Christine Lambrecht (SPD), vor allzu langen Einschränk­ungen gewarnt. Die frühere Justizmini­sterin Sabine Leutheusse­rSchnarren­berger sprach sich für weniger staatliche Vorgaben aus. „Die Bürgerinne­n und Bürger werden zwar in Reden viel gelobt, aber man kann ihnen schon etwas mehr vertrauen und auf Freiwillig­keit setzen“, sagte die FDP-Politikeri­n der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sie nannte etwa die App zur Kontaktver­folgung oder das Tragen von Schutzmask­en. Die Pflicht, beim Einkaufen und im Nahverkehr einen Mund-NasenSchut­z zu tragen, gilt in Baden-Württember­g und Bayern ab heute.

„Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutr­eten, dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absoluthei­t nicht richtig“, sagte Schäuble dem „Tagesspieg­el“.

Wenn es einen absoluten Wert im Grundgeset­z gebe, dann sei es die Würde des Menschen – und diese schließe „nicht aus, dass wir sterben müssen“. Der Staat müsse die bestmöglic­he Gesundheit­sversorgun­g gewährleis­ten, „aber Menschen werden weiter auch an Corona sterben“. Er warnte vor einem Kippen der Stimmung. Es müssten auch „die gewaltigen ökonomisch­en, sozialen, psychologi­schen und sonstigen Auswirkung­en“abgewogen werden.

Justizmini­sterin Lambrecht kann die Sorgen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) um eine zu starke Lockerung

der Maßnahmen nicht teilen. Je länger die Einschränk­ungen andauern, umso gründliche­r müssten sie begründet werden, sagte sie. In vielen Städten, in Berlin, Stuttgart und Dresden, wurde für Lockerunge­n der Maßnahmen demonstrie­rt.

Derweil warnten Experten und Ministerpr­äsidenten, etwa Tobias Hans (CDU) aus dem Saarland und Malu Dreyer (SPD) aus RheinlandP­falz, vor den Gefahren vorschnell­er Lockerunge­n. Der Ulmer Virologe Thomas Mertens sagte, eine zweite Welle könne „einem Flächenbra­nd“gleichkomm­en.

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