Sogar für das Birkwild bringt Corona Änderungen mit sich
Naturschützer: Tourengeher am Riedbergerhorn stören die Balz, weil sie früher unterwegs sind
Wildbiologe Henning Werth vom Zentrum Naturerlebnis Alpin (ZNAlp) in Obermaiselstein ist beunruhigt: Nach Beobachtungen der Naturschützer am Riedbergerhorn sind immer mehr Skitourengeher frühmorgens ab etwa 6.30 Uhr unterwegs. „Dabei laufen sie über die Balzplätze des Birkwilds und stören“, sagt Werth.
Kämen die Tourengeher nach 9 Uhr, wäre das aus wildbiologischer Sicht kein Problem. Doch früh am Morgen findet im Frühjahr die Balz statt: Hähne kommen und raufen sich zusammen. Und bald wird klar, wer in den nächsten Tagen zuerst zum Zuge kommt, wenn ein Weibchen auftaucht. Wird dieses Ritual gestört, kann es sein, „dass keine erfolgreiche Brut zustande kommt“, erläutert der Wildbiologe.
Die Ranger des ZNAlp haben festgestellt, dass das Riedbergerhorn in dieser Wintersaison ganz besonderen touristischen Belastungen ausgesetzt ist: Zunächst lockte der schneearme Winter ganze Heerscharen von Sportlern an. Denn dort oben, in „Bayerisch-Sibirien“, lag immer noch vergleichsweise viel Schnee, während es andernorts schon grün war. Besonders in den Blickwinkel der Naturschützer gerieten Gruppen und Veranstalter, die beispielsweise im sogenannten Grasgehren-Kessel
Iglus bauten und nächtliche Partys veranstalteten.
Auch Skitourenund
Schneeschuhgeher bei Nacht mit hellen Halogen-Lampen stören die Wildtiere.
Mit den Corona-Beschränkungen nahm der Druck aufs Riedbergerhorn offensichtlich nochmals zu: Im Gespräch mit der „Allgäuer Zeitung“sagte Werth, die Zahl der Tourengeher am frühen Morgen sei enorm groß, zumal die Schneeverhältnisse beim Aufstieg von Grasgehren immer noch gut sind. Rasch machte zudem in der Tourengeher-Szene die Nachricht die Runde, dass die Polizei am Riedbergerhorn kontrollierte, ob die Mindestabstände von eineinhalb Metern eingehalten werden. Angeblich habe es mehrere Anzeigen gegeben. „Vielleicht aus Angst“vor weiteren Polizeikontrollen seien nun eben mehr Tourengeher früh am Morgen unterwegs, sagt Werth. Ob es nach 9 Uhr nicht mehr zu Störungen des Birkwilds kommt? „Nein“, sagt Werth. Denn wenn der Steinadler fliegt, gibt es keinen sicheren Balzplatz mehr und die Tiere ziehen sich zurück. Über diese Zusammenhänge wollen die Ranger aufklären – und zusätzliche Hinweisschilder aufstellen. Sie bitten, auch abendliche Aktivitäten in den Bergen etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang zu beenden – den Tieren zuliebe.