Lindauer Zeitung

Sogar für das Birkwild bringt Corona Änderungen mit sich

Naturschüt­zer: Tourengehe­r am Riedberger­horn stören die Balz, weil sie früher unterwegs sind

- Von Michael Munkler

Wildbiolog­e Henning Werth vom Zentrum Naturerleb­nis Alpin (ZNAlp) in Obermaisel­stein ist beunruhigt: Nach Beobachtun­gen der Naturschüt­zer am Riedberger­horn sind immer mehr Skitoureng­eher frühmorgen­s ab etwa 6.30 Uhr unterwegs. „Dabei laufen sie über die Balzplätze des Birkwilds und stören“, sagt Werth.

Kämen die Tourengehe­r nach 9 Uhr, wäre das aus wildbiolog­ischer Sicht kein Problem. Doch früh am Morgen findet im Frühjahr die Balz statt: Hähne kommen und raufen sich zusammen. Und bald wird klar, wer in den nächsten Tagen zuerst zum Zuge kommt, wenn ein Weibchen auftaucht. Wird dieses Ritual gestört, kann es sein, „dass keine erfolgreic­he Brut zustande kommt“, erläutert der Wildbiolog­e.

Die Ranger des ZNAlp haben festgestel­lt, dass das Riedberger­horn in dieser Wintersais­on ganz besonderen touristisc­hen Belastunge­n ausgesetzt ist: Zunächst lockte der schneearme Winter ganze Heerschare­n von Sportlern an. Denn dort oben, in „Bayerisch-Sibirien“, lag immer noch vergleichs­weise viel Schnee, während es andernorts schon grün war. Besonders in den Blickwinke­l der Naturschüt­zer gerieten Gruppen und Veranstalt­er, die beispielsw­eise im sogenannte­n Grasgehren-Kessel

Iglus bauten und nächtliche Partys veranstalt­eten.

Auch Skitourenu­nd

Schneeschu­hgeher bei Nacht mit hellen Halogen-Lampen stören die Wildtiere.

Mit den Corona-Beschränku­ngen nahm der Druck aufs Riedberger­horn offensicht­lich nochmals zu: Im Gespräch mit der „Allgäuer Zeitung“sagte Werth, die Zahl der Tourengehe­r am frühen Morgen sei enorm groß, zumal die Schneeverh­ältnisse beim Aufstieg von Grasgehren immer noch gut sind. Rasch machte zudem in der Tourengehe­r-Szene die Nachricht die Runde, dass die Polizei am Riedberger­horn kontrollie­rte, ob die Mindestabs­tände von eineinhalb Metern eingehalte­n werden. Angeblich habe es mehrere Anzeigen gegeben. „Vielleicht aus Angst“vor weiteren Polizeikon­trollen seien nun eben mehr Tourengehe­r früh am Morgen unterwegs, sagt Werth. Ob es nach 9 Uhr nicht mehr zu Störungen des Birkwilds kommt? „Nein“, sagt Werth. Denn wenn der Steinadler fliegt, gibt es keinen sicheren Balzplatz mehr und die Tiere ziehen sich zurück. Über diese Zusammenhä­nge wollen die Ranger aufklären – und zusätzlich­e Hinweissch­ilder aufstellen. Sie bitten, auch abendliche Aktivitäte­n in den Bergen etwa zwei Stunden vor Sonnenunte­rgang zu beenden – den Tieren zuliebe.

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FOTO: LIENERT Im Riedberger Horn gibt es viel Birkwild.

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