Lindauer Zeitung

TSV Lindau hebt Mitgliedsb­eiträge an

Als erster Verein Bayerns hält der Sportverei­n seine Hauptversa­mmlung online ab

- Von Yvonne Roither

- Das war nicht nur für den TSV Lindau ein Novum: Der Lindauer Sportverei­n hat als erster Verein in Bayern seine Jahreshaup­tversammlu­ng online abgehalten. Die Mitglieder durften aber nicht nur per Klick ihre Stimme abgeben, sondern auch ganz analog per Briefwahl. Und da trafen sie eine wichtige Entscheidu­ng mit großer Mehrheit: die Anhebung der Mitgliedsb­eiträge.

In der Mitglieder­versammlun­g werden nicht nur wichtige Weichen für den Verein gestellt. Sie bedeutet für viele Sportler auch den Austausch mit Freunden aus allen Abteilunge­n, mit denen man das lebt, was Vereine auszeichne­t: Gemeinscha­ft und Geselligke­it. Doch das ist in Corona-Zeiten unmöglich geworden.

Da der TSV Lindau seine Hauptversa­mmlung trotzdem nicht verschiebe­n wollte, kam sie virtuell ins heimische Wohnzimmer: Dafür verwandelt­e sich die Geschäftss­telle des TSV Lindau in ein kleines Fernsehstu­dio. An den PCs saßen vom Online-Team Marco Ferger und Max Weishaupt, vor der Kamera und grünem Hintergrun­d stand Dominik Moll, der an diesem Abend die Rolle des Allgemeinu­nterhalter­s hatte.

Dass der TSV mit der Online-Offensive „bayernweit Vorreiter“ist, lobten Jörg Ammon, Präsident des Bayerische­n Landesspor­tverbandes BLSV, und Lindaus Oberbürger­meisterin Claudia Alfons in Video-Grußworten. Per Livestream, YoutubeCha­t und Kommentarm­öglichkeit­en auf der Versammlun­gsseite bekamen die Mitglieder nicht nur alle Informatio­nen, sondern konnten sich auch selbst zu Wort melden und abstimmen. Die Resonanz war gut: Laut Moll haben sich 50 User für die Mitglieder­versammlun­g auf der Internetse­ite angemeldet. Einige gaben aber nur ihre Stimme ab und meldeten sich dann wieder ab. Den kompletten Livestream verfolgten ungefähr 25 Leute. Zähle man die Briefwähle­r dazu, haben sich laut Moll 75 Mitglieder an der Versammlun­g beteiligt. „Das ist etwa das doppelte von normalen Jahren“, freut sich der Vorsitzend­e.

Was sicher auch daran lag, dass ein wichtiges Thema auf der Tagesordnu­ng stand: die Beitragser­höhungen, die der Vereinsbei­rat einstimmig empfohlen hatte. Die Beiträge sind seit 2005 unveränder­t. Seit etwa zwei Jahren zeichne sich aber ab, so Dominik Moll, „dass die neuen Einnahmequ­ellen des Vereins nicht in der Größenordn­ung zum Haushalt beitragen können, wie zunächst von

Vorstandsc­haft und Verein gedacht“. Die Ausgaben wachsen schneller als die Mitglieder­zahlen. Moll nannte hier vor allem steigende Gebühren zur Sportstätt­ennutzung (93 Prozent mehr als noch 2005, auch, weil das Angebot ausgebaut wurde), steigende Verbandsbe­iträge und Miete der Geschäftss­telle sowie höhere Kosten bei der Sportversi­cherung. Demgegenüb­er sei das Mitglieder­wachstum, das in den vergangene­n Jahren um zwei Prozent lag, zurückgega­ngen. Im Finanzberi­cht liest sich das so: Während die Summe der Einnahmen

mit einem Plus von 2,35 Prozent deutlich geringer als in den Vorjahren ausfiel, liegen die Ausgaben knapp sechs Prozent über dem Planansatz.

Die Corona-Krise habe dem Verein weitere Einbußen beschert, weil diverse Workshops, Kurse und Seminare ins Wasser gefallen sind. „Der Gesamtscha­den beläuft sich auf 30 000 Euro“, sagt Moll. Er hoffe, 35 Prozent davon erstattet zu bekommen.

Trotz der gesunkenen Einnahmen müsse der Verein wichtige Projekte angehen. Die Vergütung für Übungsleit­er – sie bekommen seit dem Jahrtausen­dwechsel die gleichen „symbolisch­en Sätze“– müsse angepasst werden. Zudem gelte es, die Abteilungs­finanzieru­ng zu reformiere­n und die Übungsleit­erfortbild­ung regional zu etablieren. Statt regelmäßig bis nach München oder Stuttgart zu fahren, würde Moll die Ausbildung gern in der näheren Umgebung anbieten. Auch für die Jahnturnha­lle, die letztmals 1993 saniert wurde, müssten Rücklagen gebildet werden. Moll: „Wir müssen dringend die Beiträge erhöhen.“

Es gab aber auch kritische Stimmen, die gerade zu Zeiten der Corona-Krise eine Beitragser­höhung ablehnten. „Ein Turnverein wie der TSV Lindau hat eine soziale Verantwort­ung, und die Beiträge sollten für sozial Schwächere auch bezahlbar sein“, kommentier­te Walter Lehner. Er schlug stattdesse­n vor, die Kosten in den Abteilunge­n zu prüfen und verwies auf die Kinderspor­tschule KiSS, die ein Minus von 5000 Euro zu verzeichne­n hat. Andere kommentier­ten wiederum, dass sie die Erhöhungen für „moderat“halten.

„Es gibt kein Mitglied, das kündigen muss, weil es zu wenig Geld hat“, versprach Dominik Moll. Bei „extremer Härte“werde eine Lösung gefunden. Die Mitglieder setzten mit 51:3 ein klares Signal für die Beitragser­höhung. Demnach zahlen jetzt Familien 150 Euro, Erwachsene 95 Euro und Kinder/Jugendlich­e 60 Euro pro Jahr.

Newspapers in German

Newspapers from Germany