Der neue Dekanatskantor startet mit leisen Tönen
Burkhard Pflomm stellt sich am Sonntag in St. Stephan vor – Offizielle Amtseinführung ist verschoben
- Seinen Amtsantritt in Lindau hatte sich Burkhard Pflomm ganz anders vorgestellt. Mit einem Projektchor hätte der neue evangelische Dekanatskantor für Lindau und das Westallgäu ein Chorstück einüben und es zu seiner feierlichen Amtseinführung am Sonntag „Kantate“– so heißt der vierte Sonntag nach Ostern – am 10. Mai aufführen wollen. Die Kirche St. Stephan wäre vermutlich gut gefüllt gewesen mit Gemeindemitgliedern und offiziellen Vertretern aus Kirche und Gesellschaft. Wegen der Corona-Krise kam jetzt alles anders: Fast im Stillen hat der 52-jährige Kirchenmusiker seinen Dienst zum 1. Mai in Lindau angetreten.
Der kommende Sonntag, 10. Mai, ist dennoch ein besonderer Tag für ihn und die Gemeinde. Erstmals in Corona-Zeiten wird um 11 Uhr in der evangelischen Kirche St. Stephan ein Gottesdienst gefeiert – mit Mundschutz, Mindestabständen zwischen den Teilnehmern und weiteren Hygienemaßnahmen. Burkhard Pflomm wird kurz vorgestellt und spielt zwei Orgelstücke, zu denen er eine besondere Beziehung hat. Die offizielle Amtseinführung soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Wenngleich die Orgel ein mächtiges Instrument ist, so startet der 52Jährige im bildlichen Sinne doch eher mit leisen Tönen. Er versucht, das Beste aus der jetzigen Situation zu machen. Immerhin habe er jetzt genug Zeit, um die hiesigen Orgeln kennenzulernen. Zudem gebe es gerade jetzt am Anfang diverse organisatorische Aufgaben zu erledigen. Die Stelle des Dekanatskantors ist ja lange Zeit nicht besetzt gewesen. „Es ist ein richtiger Neustart“, sagt Pflomm. Dies sei schlussendlich auch ein Aspekt, der ihn an dieser Stelle gereizt habe. Dass er sich für Lindau entschieden hat, liege aber auch an den „schönen Orgeln“, an seinen Aufgaben als Dekanatskantor und an der „tollen Stadt“, wie er sagt.
Burkhard Pflomm stammt aus Esslingen, hat an der dortigen Hochschule Kirchenmusik mit A-Abschluss
studiert sowie Schulmusik in Freiburg/Breisgau. Seit dem Jahr 2000 war er Kantor und Organist in der evangelischen Kirchengemeinde Bietigheim. Es handelte sich zunächst um eine mit Schulmusik kombinierte Stelle: So unterrichtete Pflomm in den ersten acht Jahren auch Musik am dortigen Gymnasium.
Danach war er zu 100 Prozent für die Kirchenmusik in der Gesamtkirchengemeinde Bietigheim zuständig und setzte dabei auch einen Schwerpunkt auf Chöre. Pflomm leitete Kantorei, Gospelchor, Kinder- und Seniorenchor. Ein besonderes Interesse hat er schon in jungen Jahren für das Harmonium entwickelt. Er gilt heute als einer der wenigen Spezialisten
für dieses Instrument. „Das ist eine Nische“, sagt er.
Nach 20 Jahren in Bietigheim-Bissingen habe er sich mit seiner Frau entschlossen, sich noch einmal beruflich zu verändern und etwas Neues zu wagen. Als die Stelle des neuen Dekanatskantors in Lindau zur Besetzung anstand, fiel die Wahl auf ihn. Eine Wohnung hat Pflomm bereits in Oberreitnau gefunden. Dort wohnt er zunächst noch allein. Seine Frau Christiane Sauter-Pflomm, die ebenfalls Kirchenmusikerin (mit B-Abschluss) ist, und seine beiden Kinder werden im Sommer nachkommen. Denn sie machen gerade ihre Schulabschlüsse an Gymnasium und Realschule und bleiben deshalb solange noch in ihrer bisherigen Heimat.
Was werden seine Ziele und Schwerpunkte in Lindau sein? Die Antwort des neuen Dekanatskantors auf diese Frage fällt zurückhaltend aus. „Ich bin offen und gespannt darauf, was wächst“, sagt er besonnen. Zunächst möchte er – soweit dies in diesen Corona-Zeiten möglich ist – die Menschen und Strukturen kennenlernen. „Ich möchte herausfinden, was hier sinnvoll und möglich ist und wo ich meine Stärken zur Geltung bringen kann.“
Einige Aufgaben sind natürlich gesetzt. Seine Stelle ist in der Gemeinde St. Stephan-Christuskirche angesiedelt, weswegen dort auch der Schwerpunkt seiner Tätigkeit sein wird. Dazu gehört auch die Arbeit mit Gästen wie beispielsweise musikalische Angebote im Rahmen der Lindauer Sommerkirche. Außerdem wird er die Organisten in der Region um Lindau unterstützen, Nachwuchs ausbilden und Fortbildungen organisieren.
Wichtig ist ihm, gemeinsam musikalische Ideen zu entwickeln, vielen Menschen ein Stück Heimat in der Gemeinde und in der Kirchenmusik zu bieten und sich mit anderen Kulturträgern und Kulturschaffenden zu vernetzen. Ihm selbst ist eines jetzt schon positiv aufgefallen: „Überall wird mir mit Offenheit begegnet“, sagt Burkhard Pflomm und fühlt sich willkommen.