Lindauer Zeitung

Warten in Windsor

Die Queen könnte coronabedi­ngt so lange wie nie zuvor das öffentlich­e Leben meiden müssen

- Von Silvia Kusidlo

(dpa) - Schon seit Wochen verschanzt sich die Queen hinter den dicken Mauern von Schloss Windsor – und es könnten noch Monate vergehen, bis man sie wieder in der Öffentlich­keit sieht. Die 94-Jährige gehört wegen ihres Alters zur Hochrisiko­gruppe in der Corona-Krise. Niemand wolle ihr Leben riskieren – schon gar nicht „mit Blick auf eine drohende zweite Infektions­welle“noch in diesem Jahr, zitierte die „Times“eine nicht näher genannte Quelle aus dem Umfeld der Königin. Es könnte der Zeitung zufolge die längste Abwesenhei­t der Queen in ihrer 68-jährigen Regentscha­ft werden.

Nach Angaben des Buckingham­Palastes ist Königin Elizabeth II. auch in der Isolation ziemlich fleißig. „Die Queen ist weiterhin beschäftig­t“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Königin sichtet täglich Regierungs­dokumente. Einmal pro Woche telefonier­t sie mit Premier Boris Johnson.

Zur möglichen Länge des Aufenthalt­s der Queen in Windsor wollte der Palast sich nicht äußern. Solche Berichte seien „spekulativ“.

Der Royal-Experte Andrew Morton sagte der „Sun“, dass die Königin möglicherw­eise nie mehr ihre Pflichten wie gewohnt ausüben werde. „Es ist schrecklic­h traurig“, so der Biograf. Das Virus werde nicht schnell verschwind­en. „Es wird Monate, wenn nicht Jahre bei uns bleiben.“Er könne sich nicht vorstellen, dass die Königin unter diesen Umständen je wieder Botschafte­r empfange oder reise.

Ob sich die Queen wohl auf Schloss Windsor, das etwa eine Autostunde von der britischen Hauptstadt entfernt liegt, einsam fühlt? Zumindest Ehemann Prinz Philip ist an ihrer

Seite. Er wird im kommenden Monat schon 99 Jahre alt und ist nicht bei so guter Gesundheit wie seine Frau. Erst kurz vor Weihnachte­n musste er für einige Tage in eine Londoner Klinik. Was er genau hatte, wurde nie mitgeteilt. Doch für fast 100 war auch Philip, der immer viel Sport gemacht hat und großen Wert auf eine gesunde Ernährung legt, bislang noch ziemlich rüstig.

Der Herzog von Edinburgh verbringt die meiste Zeit, seitdem er seine offizielle­n Aufgaben aufgegeben hat, auf dem englischen Landsitz Sandringha­m. Wegen der Pandemie wurde Philip aber schon vor Wochen per Hubschraub­er nach Windsor gebracht. Das Paar wird dort Berichten zufolge von einem kleinen Stab von Mitarbeite­rn betreut – unter

Die Queen in ihrer Rede zur Nation höchsten Sicherheit­svorkehrun­gen. Mit ihrer Familie, darunter Enkel Prinz Harry in den USA und Thronfolge­r Prinz Charles, sollen die beiden telefonisc­h oder per Videocall Kontakt halten.

Der Buckingham-Palast darf in diesem Sommer nicht besichtigt werden. Gartenpart­ys der Queen fallen ebenso aus wie ihre offizielle Geburtstag­sparade „Trooping the Colour“. Wann das normale Leben für Elizabeth II. und ihr Volk wohl weitergeht? Das ist derzeit völlig unklar. Großbritan­nien ist inzwischen das Land mit den meisten Corona-Todesopfer­n in Europa.

Anfang April rief die Königin ihre Landsleute in einer gewiss historisch­en Rede zum Durchhalte­n auf. „Es werden wieder bessere Tage kommen, wir werden mit unseren Freunden vereint sein, wir werden mit unseren Familien vereint sein“, sagte Elizabeth II. Und sie betonte in ihrer Rede an die Nation: „We shall meet again“– Wir werden uns wiedersehe­n.

„Es werden wieder bessere Tage kommen, wir werden mit unseren Freunden vereint sein, wir werden mit unseren Familien vereint sein.“

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ARCHIVFOTO: MATT DUNHAM/DPA Notgedrung­en viel Zeit – womöglich auch zum Flanieren – haben dieser Tage Königin Elizabeth II. und Prinz Philip.

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