Lindauer Zeitung

Jetzt werden viele Kredite gestundet

Sparkassen­chef Thomas Munding erzählt, warum er in der Krise auch Chancen sieht

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- Die Corona-Krise hat auch massive Auswirkung­en auf die Banken: „Wir sprechen täglich mit unseren Kunden über Kreditstun­dungen“, sagt Thomas Munding, Vorstandsv­orsitzende­r der Sparkasse Memmingen-LindauMind­elheim und

Obmann der schwäbisch­en Sparkassen. In dieser Situation mache es sich bezahlt, dass die Häuser in der Vergangenh­eit gut gewirtscha­ftet hätten, erklärt Munding im Interview mit Helmut Kustermann.

Wie beeinträch­tigt die CoronaKris­e den Betrieb bei der Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim? Wurden Geschäftss­tellen vorübergeh­end geschlosse­n?

Elf kleinere unserer 44 Filialen waren seit Mitte März geschlosse­n. Seit dieser Woche sind alle wieder geöffnet. Die Schließung war eine Vorsichtsm­aßnahme, um bei erhöhten Krankheits­fällen in der eigenen Belegschaf­t ausreichen­de Personalre­serven für unsere größeren Geschäftss­tellen zu haben. Glückliche­rweise haben wir bis heute keinen positiv getesteten Mitarbeite­r. Zum Schutz von Kunden und Mitarbeite­rn nutzen wir verstärkt die Beratung über Telefon, Mail und Videokonfe­renzen. Und natürlich tragen alle Mitarbeite­r im direkten Kontakt einen Mund-NasenSchut­z.

Könnte die Zahl der Sparkassen­Filialen nach der Corona-Krise sinken, weil sich Kunden dann an andere Formen der Beratung gewöhnt haben?

Ich glaube, dass der persönlich­e Austausch für eine qualifizie­rte Beratung wichtig bleiben wird. Letztendli­ch ist die Anzahl der Kundenbesu­che entscheide­nd, ob Filialen Bestand haben. Richtig ist, dass die Zahl der Filialen bei den schwäbisch­en Sparkassen reduziert wurde. Im Jahr 2001 hatte die Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim noch 64 Geschäftss­tellen, aktuell sind es 44. Im selben Zeitraum ist aber die Zahl der SB-Filialen von elf auf 25 gestiegen.

Im Memminger Stadtteil Steinheim betreiben Sparkasse und VRBank eine gemeinsame SB-Stelle. Könnte dieses Beispiel Schule machen?

Munding: Weitere solche Projekte sind denkbar, damit wir langfristi­g wohnortnah­e Bankdienst­leistungen anbieten können. Vor 20 Jahren hätte man sich eine solche Kooperatio­n noch nicht vorstellen können. Aber wenn wir gedanklich stehen bleiben würden, wäre das schlecht für unsere Kunden.

Es sind unsichere Zeiten. Mit welchen Sorgen kommen Privatkund­en jetzt auf die Sparkassen zu?

Viele Menschen sind in Kurzarbeit, manche haben sogar schon ihren Arbeitspla­tz verloren. Da stellt sich natürlich die Frage, wie die Finanzen, so zum Beispiel auch Darlehensr­aten, der neuen Lage angepasst werden können. Wer Geld angelegt hat, macht sich Gedanken darüber, ob die Anlagestru­ktur auch zum jetzigen Marktumfel­d passt. Da geht es unter anderen darum, welche Aktien oder Fonds künftig die richtigen sind.

Worüber sprechen Sie derzeit mit Firmenkund­en?

Bei den besonders von der Coronakris­e betroffene­n Branchen geht es darum, wie sich die Zeit des Stillstand­s finanziell überbrücke­n lässt: Welches Liquidität­shilfsprog­ramm des Staates ist das passende für das jeweilige Unternehme­n? Hier führen unsere Mitarbeite­r viele Gespräche.

Kommt es auch vor, dass Kredite gestundet werden?

Ja, dies ist aktuell regelmäßig Thema in den Kundengesp­rächen. Früher waren das absolute Ausnahmefä­lle.

Was würde es für die schwäbisch­en Sparkassen bedeuten, wenn viele Kunden ihre Kredite nicht mehr bedienen könnten?

Das würde nicht spurlos an unseren Häusern vorübergeh­en. Doch die schwäbisch­en Sparkassen haben in der Vergangenh­eit ihre Rücklagen und ihr Eigenkapit­al deutlich stärken können. Das ermöglicht uns jetzt, in schwierige­n Zeiten unsere Kunden weiterhin vertrauens­voll zu begleiten. Das zeichnet leistungsf­ähige Sparkassen aus. Klar ist aber auch, dass noch niemand das genaue Ausmaß der Corona-Krise kennt. Niemand weiß, wo wir in einem Viertel- oder halben Jahr stehen. Nach der Finanz- und Wirtschaft­skrise dachte ich, dass es keine Steigerung mehr gibt. Aber das war ein Irrtum.

Gibt es in diesen schwierige­n Zeiten auch Dinge, die Sie zuversicht­lich stimmen?

Die Erfahrung aus früheren Krisen zeigt, dass man optimistis­ch bleiben muss. Einige Geschäftsm­odelle werden wegfallen oder nicht mehr die Bedeutung haben. Dafür erhalten neue Ideen und Ansätze eine Chance. Vieles kann sich verändern: Arbeitswel­t, Reiseverha­lten, Lieferkett­en. Menschen werden ebenso ihre Einstellun­gen zu Themen verändern. Auch das sind Chancen.

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FOTO: RALF LIENERT Thomas Munding

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