Coole Rodler
Nachdem in Bayern die Kaderathleten wieder Sport in Kleingruppen absolvieren dürfen, zieht es die Rodler ins Freie
(dpa) - Gekonnt skatet 95-Kilo-Mann Felix Loch auf Inlinern mit Langlaufstöcken über den Asphalt. Tobias Wendl und Tobias Arlt liefern sich bergab auf ihren E-Mountainbikes mit 65 Stundenkilometern ein Wettrennen ins Tal. Gegeneinander statt wie im Eiskanal zusammen auf dem Doppelsitzer. Nach wochenlangem Individualtraining aufgrund der Corona-Pandemie dürfen Deutschlands Vorzeigerodler aus der bayerischen Trainingsgruppe „Sonnenschein“endlich wieder zusammen – aber mit Mindestabstand – trainieren. „In der Kleingruppe macht es einfach viel mehr Spaß“, sagte der dreimalige Rodel-Olympiasieger Loch.
Ob Klettern rund um den Watzmann, Bouldern in der Halle oder eben mit den Mountainbikes auf 2500 Höhenmetern, „der Frühling ist immer die schönste Zeit“, betonte Tobias Arlt, der mit dem neu angeschafften E-Bike viel größere Höhen erklimmen kann als mit dem normalen MTB. „Für die Grundlagenausdauer ist es perfekt, wir treten im Durchschnitt 170 Watt“, sagte der viermalige Olympiasieger. Bergab geht es auf den vollgefederten Hightechrädern „so schnell und rasant wie möglich. Oberste Priorität hat der Helm, da möchte ich als Familienvater Vorbild sein, selbst wenn es nur mal kurz zum Bäcker nebenan geht“, versicherte Arlt. Seine ganze
Kindheit verbrachte er in der Natur. „Heutzutage prägen die sozialen Medien die Kinder ein bissel anders. Daher lege ich sehr viel Wert darauf bei der Erziehung“, betonte er mit Blick auf seine sechsjährige Tochter. Sie ist wie die anderen Vorschulkinder seit acht Wochen daheim, „eine schwierige Zeit. Die Kinder haben kaum soziale Kontakte. Daher haben wir am Haus extra eine Grenze draußen gezogen, damit sie sich mit anderen unter Beachtung des Mindestabstandes unterhalten konnten, das brauchen die Kids einfach“, verdeutlichte Arlt.
Das gilt auch für die Erwachsenen. „Die Zeit der Kontaktsperre war anstrengend, daher sind wir richtig erleichtert, dass wir wieder miteinander unseren Sport ausüben dürfen“, sagte Tobias Wendl und betonte nach dem eher monotonen Winter mit Test- und Wettkampffahrten im Eiskanal inklusive Materialpflege: „Für uns ist es jetzt die schönste Zeit mit Stabilität und Ausdauer, ehe es dann spätestens im Juli ins Techniktraining geht.“Zudem hat Wendl noch ein ganz besonderes Hobby: In der Welle surfen. „Das schult Koordination und auch Ausdauer und ist gleich um die Ecke auf einer künstlichen Welle in Salzburg möglich.“
Einzige Frau in der kleinen Gruppe mit Trainer Patric Leitner ist derzeit Anna Berreiter, da die viermalige Olympiasiegerin Natalie Geisenberger Anfang Mai einen Sohn zur Welt gebracht hat. Nach den zwei Weltcupsiegen in diesem Winter geht Anna Berreiter hochmotiviert in die Saisonvorbereitung und schuftet neben den Mountainbike-Touren im Kraftraum oder beim Treppentraining.
Obwohl am sonst viel von Touristen bereisten Königssee laut Arlt „eine gewisse Geisterstimmung herrscht“, stört es das deutsche Topduo nicht. Die Wanderwege sind plötzlich leer und frei. „Für das Mountainbiken ist es cool, da können wir mit dem Fahrrad Dinge machen, die sonst nicht gehen“, sagte Wendl.
Ein Wunsch hat die wohl erfolgreichste Trainingsgruppe der Welt noch: Dass das traditionsreiche Trainingslager Mitte Juni am Gardasee noch stattfindet. „Noch ist es nicht abgesagt“, betonte Loch. „Wir haben noch Hoffnung“, meinte Arlt und freut sich aufs „Rauskommen, andere Leute, eine andere Kultur und auch andere Küche.“Und auf die vielen Sportmöglichkeiten dort.
„Für uns ist es jetzt die schönste Zeit mit Stabilität und Ausdauer.“
Tobias Wendl