Lindauer Zeitung

Die Furcht vor den Nachteilen der Quarantäne

Während die Kritik an den DFL-Plänen wächst, soll es auch für 3. Liga und Frauen Ende Mai weitergehe­n

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(SID/dpa) - Die Kritik am Restart im deutschen Profifußba­ll ebbt nicht ab, der „Fall Dynamo Dresden“schlägt hohe Wellen: Wenige Tage vor der Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs in der Bundesliga und der 2. Liga gerät das Konzept der Deutschen Fußball Liga (DFL) durch die Quarantäne bei den Sachsen bedenklich ins Wanken. „Es war vorher schon unsolidari­sch, halbgar und unverantwo­rtlich“, kritisiert­e der frühere Vorsitzend­e des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, in der Tagesschau: „Und jetzt wird es auch noch ungerecht.“

War ein geordnetes Ende der Saison in der Coronakris­e ohnehin schon schwer realisierb­ar, scheint das Vorhaben durch die vom Dresdner Gesundheit­samt angeordnet­e zweiwöchig­e Quarantäne für den Zweitligis­ten nahezu unmöglich. Im Saisonends­purt droht komplettes Chaos, auch Fragen nach Wettbewerb­sverzerrun­g und der Integrität des Spielbetri­ebs stehen im Raum.

Die DFL sieht ihre Pläne durch den „Fall Dresden“aber noch nicht gefährdet. „Ich interpreti­ere das nicht als Rückschlag. Mir war völlig klar, dass das jederzeit passieren kann“, sagte DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert: „Wenn Dresden 14 Tage in Quarantäne geht, ist das kein Grund, die gesamte Saison infrage zu stellen.“

Doch wenn es nicht nur bei Dynamo bleibt? „Sollte es noch zwei, drei Fälle wie in Dresden geben, dann muss man schon sagen, dass das System

auf tönernen Füßen steht“, sagte Gladbachs Sportdirek­tor Max Eberl. Im Fall Dresden sei es „schon so, dass der Wettbewerb nicht komplett gleich ist, damit müssen wir leider leben. Aber das tun wir gerne im Sinne des Fußballs.“

Eberl hat leicht reden, bei Dynamo wird die ohnehin schon prekäre Situation aber noch bedrohlich­er. „Ein Verein hat einen totalen Wettbewerb­snachteil“, mahnte Ethiker Dabrock an: „Und dann noch ein Verein, bei dem es ja wirklich um die Existenz in der 2.

Liga geht.“Dynamo ist Tabellenle­tzter, nun ist nach zwei weiteren Coronafäll­en für zwei Wochen noch nicht einmal Mannschaft­straining möglich.

Die ersten Partien in Hannover und gegen Fürth müssen verschoben werden – und kaum haben die Dresdner die Quarantäne hinter sich, steht schon ein Auswärtssp­iel bei Spitzenrei­ter Bielefeld auf dem Plan. Kurz darauf gastiert der Ligazweite Stuttgart in Sachsen. Und während die Aufstiegsf­avoriten dann schon im Saft stehen, kommen die Dynamo-Profis gerade aus dem Home-Training.

„Das ist wirklich so eine Situation, die macht es für Dynamo – ich will nicht sagen unmöglich, aber unglaublic­h komplizier­t“, klagte Vereinsiko­ne Eduard Geyer (75): „Von Fairness und Gleichheit kann man nicht reden.“Doch das, so scheint es, genießt ohnehin nicht mehr die höchste Priorität.

So äußerte Mittelfeld­spieler Marc Lorenz vom Zweitligis­ten Karlsruher SC große Bedenken und kritisiert­e die DFL wegen der zu kurzen Vorbereitu­ngszeit, die Gesundheit der Spieler sei egal. „Ich glaube, da wird gar nicht darauf geachtet. Die Spieler werden nach 60 Minuten platt sein. Da helfen auch die beschlosse­nen fünf Auswechslu­ngen nichts. Dann wird die Übermüdung kommen und dann die schweren Verletzung­en. Es ist für mich ein Durchdrück­en ohne Rücksicht auf Verluste“, sagte der 31-Jährige den Badischen Neuesten Nachrichte­n. KSC-Sportchef Oliver Kreuzer teilte die Sorgen: „Das Verletzung­srisiko ist wahnsinnig hoch.“Solange bei einem Club jedoch 13 Feldspiele­r und zwei Torhüter fit sind, ist er verpflicht­et zu spielen. „Ob das Wettbewerb­sverzerrun­g ist oder ob Teams dann überhaupt noch konkurrenz­fähig sind, das interessie­rt nicht“, sagte Kreuzer: „Wir brauchen das TV-Geld, deshalb muss gespielt werden.“

Der Deutsche Fußball-Bund hat derweil den Weg für eine Fortsetzun­g der 3. Liga freigemach­t. Das Präsidium beschloss am Montag, den Spielbetri­eb am 26. Mai wieder aufzunehme­n, wenn die behördlich­en Genehmigun­gen vorliegen. Der neue Rahmenterm­inplan sieht zudem vor, dass die verbleiben­den elf Spieltage mit fünf englischen Wochen absolviert werden, sodass die Saison am 30. Juni endet. Die beiden Relegation­sspiele zwischen dem Drittplatz­ierten der 3. Liga und dem Tabellen-16. der 2. Bundesliga würden sich laut der aktuellen Planungen bis 7. Juli anschließe­n.

Auch die Frauen-Bundesliga legt ab 29. Mai wieder los, um die sechs Spieltage bis Ende Juni zu vollenden. Das Saisonfina­le – ohne Fans – soll auch 2020 das Endspiel des DFB-Pokals werden – am 4. Juli in Berlin. Titelverte­idiger FC Bayern, Eintracht Frankfurt, Viertligis­t 1. FC Saarbrücke­n und Bayer Leverkusen sind noch vertreten, die Halbfinals sollen am 9. und 10. Juni steigen. Auch das FrauenPoka­lfinale soll am 4. Juli stattfinde­n, allerdings wie geplant in Köln.

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FOTO: DPA „Wir brauchen das Geld, deshalb muss gespielt werden“: KSC-Sportchef Oliver Kreuzer.

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