Schöne Beine ohne Krampfadern
Wie Ärzte schwache Venen, Besenreiser und Co. heute behandeln – Betroffene können selbst viel tun
- An Ihren Beinen und Knöcheln sind Adern zu sehen? Damit sind Sie nicht allein: 50 bis 80 Prozent der Deutschen weisen veränderte Venen auf, fast jeder sechste hat ausgeprägte Krampfadern. Das eigentliche Problem ist meistens eine tiefe Beinvene, die von außen gar nicht zu sehen ist.
„Venen sind Gefäße, die das Blut zurück zum Herzen transportieren“, erklärt Dr. Renate Murena-Schmidt, Fachärztin für Gefäßerkrankungen mit eigener Praxis in Köln. „Damit das Blut in den Beinen durch die Schwerkraft nicht nach unten sackt, haben die Venen alle paar Zentimeter Klappen aus Bindegewebe.“Bei Venenerkrankungen, so MurenaSchmidt, seien diese Klappen defekt, meist genetisch bedingt. „Das Blut versackt in den Beinen, die Venenwand gibt nach und das Gefäß weitet sich.“
Wer Spannungs- und Schweregefühle in den Beinen habe, bei Hitze Schwellungen der Unterschenkel bemerke und zudem Venenprobleme aus seiner Familie kenne, sollte sich unbedingt untersuchen lassen, rät Murena-Schmidt. Sonst könne es aufgrund der gestörten Durchblutung langfristig zu Hautekzemen und gar einem offenen Bein kommen. Auch steigt bei Krampfadern die Thrombosegefahr: Weil das Blut in der kaputten Vene „stockt“, kann sich ein Gerinnsel bilden.
Anders als viele meinen, ist eine Untersuchung der Beinvenen bei einem Phlebologen harmlos und mit keinerlei Schmerzen verbunden. „Im ersten Gespräch erkundige ich mich zunächst nach den Beschwerden und Krampfadern in der Familie“, sagt Murena-Schmidt. „Dann schaue ich mir die Beine genau an und mache eine Venenfunktionsmessung, bei der ich die Kraft der Muskelpumpe und den Blutabfluss messe.“Das An- und Entspannen der Wadenmuskulatur komprimiert die Venen und fördert so den Rücktransport des Bluts zum Herzen. Besteht der Verdacht, dass mit den Venen etwas nicht stimmt, führt die Ärztin noch eine farbcodierte Ultraschalluntersuchung durch. „Sie zeigt mir sehr schön, was mit den Venen los ist“, erklärt sie.
Mediziner unterteilen Venenerkrankungen in verschiedene Stadien: von Besenreisern ohne Krankheitswert über Krampfadern, die zu Wasseransammlungen und Hautveränderungen führen, bis hin zum offenen Bein. „Nicht jede Venenschwäche muss das letzte Stadium erreichen“, beruhigt MurenaSchmidt. „Betroffene können selbst viel tun, um die Entwicklung aufzuhalten.“Bewegung, kalte Güsse, regelmäßiges Hochlegen der Beine und das Tragen von Kompressionsstrümpfen gehören dazu. Die wichtigste Faustregel für Menschen mit schwachen Venen ist laut MurenaSchmidt: „Lieber liegen und laufen als sitzen und stehen.“
Die Behandlung der Krampfadern erfolgt je nach Ausprägung durch konservative Maßnahmen wie medizinische Stützstrümpfe oder invasiv. Das bedeutet, dass ein Facharzt die kaputten Venen entfernt oder wieder funktionsuntüchtig macht. Ein Experte dafür ist etwa Dr. Philipp Zollmann, Phlebologe im OP-Zentrum Jena. Ein Klassiker unter den Behandlungsmethoden sei immer noch das vor mehr als 100 Jahren erfundene Stripping, berichtet der Arzt. Dabei entfernt ein Chirurg die Vene mit einer Sonde und zieht sichtbare Seitenäste mit feinen Häkchen heraus. Weil ein kleiner Schnitt an der Leiste nötig ist, befindet sich der Patient in Vollnarkose.
„Wir haben viel Erfahrung mit dieser Methode“, sagt Venenexperte Zollmann. „Sie hat jedoch gewisse Nachteile: Die Komplikationsrate ist verglichen mit anderen höher und wegen der Wunde in der Leiste sind die Patienten für ein paar Tage im Krankenhaus und etwa eine Woche lang krankgeschrieben.“
Eleganter ist das Verschließen der kranken Vene mittels Laserenergie oder Radiowellen – eine moderne Behandlungsvariante, die pro Bein 30 bis 60 Minuten dauert. Der Arzt schiebt dabei einen Katheter in das defekte Gefäß und aktiviert dann den Laserstrahl oder die Radiowelle. Hitze durchströmt die Vene und zerstört das Gewebe. „Vor 15 Jahren waren Laser und Radiowelle noch Außenseitermethoden, doch heute behandeln wir 95 Prozent aller Krampfadern so“, sagt Zollmann. „Da nur eine lokale Betäubung erforderlich ist, sind die Patienten schnell wieder fit und können direkt nach dem Eingriff nach Hause gehen.“Der Nachteil: Die Kosten von 1200 bis 1400 Euro pro Bein übernehmen nicht alle Krankenkassen.
Eine weitere Möglichkeit, Krampfadern loszuwerden, ist das Veröden mit Schaum, Sklerotherapie genannt. „Die Methode eignet sich für kleinere Krampfadern und solche, die so geschlängelt sind, dass wir mit dem Laser schlecht durchkommen“, erklärt Venenspezialist Zollmann. Noch besser findet der Arzt die Verödung mit Kleber, der das Gefäß innen verklebt. „Leider übernehmen die Krankenkassen die Kosten nicht, weil die Behandlung sehr teuer ist. Es ist jedoch keine Betäubung nötig, weil der Kleber im Gegensatz zum Laser nicht heiß wird.“
Meist, so Zollmann, rate er seinen Patienten zu einer Kombination verschiedener Behandlungsmethoden: Beispielsweise könne man die Hauptvene mit dem Laser veröden, die kleineren mit Schaum und anschließend die sichtbaren Seitenäste mit Häkchen herausziehen. „Die Narben sind schon im nächsten Sommer nicht mehr zu sehen.“
Fachärztin
Dr. Renate Murena-Schmidt
„Lieber liegen und laufen als sitzen und stehen.“