Gewalt gegen Journalisten in Nordirland
„Reporter ohne Grenzen“erinnern an den Tod von Lyra McKee vor einem Jahr
(epd) - Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“hat sich „extrem besorgt“über die Bedrohung von Journalisten in Nordirland geäußert. Kaum eine Gruppe von Medienschaffenden in Großbritannien sei so gefährdet wie jene, die über paramilitärische Aktivitäten und organisierte Kriminalität in Nordirland berichte, erklärte die Journalistenorganisation. Polizeiangaben zufolge habe eine Terrorgruppe konkrete Anschlagspläne gegen Mitarbeiter der Zeitungen „Sunday Life“und „Sunday World“verfolgt.
Die britischen Behörden müssten diese Drohungen ernst nehmen und dringend Maßnahmen ergreifen, um weitere Gewalttaten wie den Mord an der Journalistin Lyra McKee im vergangenen Jahr zu verhindern, sagte der Geschäftsführer von „Reporter ohne Grenzen“, Christian Mihr.
Die Gewalt könne nur enden, wenn Bedrohungen konsequent verfolgt, Journalisten effektiv geschützt und auch länger zurückliegende Gewalttaten restlos aufgeklärt würden.
Hinter den Anschlagsplänen gegen die zwei Zeitungen des irischen Verlags Independent News and Media steckt laut Polizei eine paramilitärische Gruppe von der South East Antrim Ulster Defense Association (UDA). Die UDA kämpft für den Fortbestand der Einheit Nordirlands mit Großbritannien. Nach einer zum Jahrestag der Ermordung
von McKee veröffentlichten Londoner Studie von „Reporter ohne Grenzen“gaben alle befragten Berichterstatter an, schon einmal Morddrohungen erhalten zu haben – darunter auch Leona O’Neill, die Augenzeugin bei McKees Tod war und über die Tat berichtet hatte. Recherchen zu kriminellen Aktivitäten der Paramilitärs und die Aufdeckung von finanziellen Interessen seien in Nordirland äußerst gefährlich.
Die 29jährige McKee war am 18. April 2019 erschossen worden, als sie einen Aufstand in der Stadt Derry beobachtete. Die paramilitärische Gruppe „Neue IRA“(Irish Republican Army) bekannte sich zu der Tat, die Polizei wertet sie als einen Terrorakt. Der Prozess gegen den im Februar wegen Mordverdachts festgenommenen Paul McIntyre, der die Vorwürfe zurückweist, soll 2021 stattfinden.