Corona kostet die Stadt Lindau viele Millionen
Bei einem Workshop am 19. Juni will die Verwaltung mit den Stadträten über die Gegenmaßnahmen sprechen
- Es wird wohl nicht ganz so schlimm wie gedacht. Dennoch werden Lindau infolge der Corona-Krise viele Millionen Euro fehlen. Im Juni will der Stadtrat über die Folgen reden – allerdings in einer Geheimsitzung.
Kämmerer Felix Eisenbach stellte im Finanzausschuss am Montagabend die aktuellen Zahlen vor. Hatte er Ende April noch selbst ganz grob über den Daumen gepeilt, kann er sich inzwischen auf die Zahlen der offiziellen Steuerschätzung stützen. Demnach muss Lindau damit rechnen, dass heuer etwa sieben Millionen Euro an Steuereinnahmen fehlen werden. Das ist schlimm, aber nicht ganz so schlimm wie Eisenbachs Befürchtungen, die noch um etwa anderthalb Millionen Euro weiter unten lagen.
Doch letztlich sind alle Zahlen derzeit sehr vorläufig. Zudem wird das Jahresergebnis massiv davon abhängen, ob die heimischen Unternehmen jetzt wieder ins Rollen kommen oder ob sie – weil zum Beispiel eine zweite Corona-Welle erneute Schließungen zur Folge hat – noch mehr ins Minus geraten. Dass es viel schlimmer wird, ist denn auch die Befürchtung von Ulrich Jöckel (FDP). Weil alles unsicher ist, hat die Bundesregierung für September eine außerordentliche Steuerschätzung angekündigt, damit die Kämmerer und Finanzminister deutschlandweit aktuelle Zahlen haben, wenn sie im Herbst die Haushalte für das kommende Jahr aufstellen.
Klar ist schon jetzt, dass die Steuereinnahmen auch im kommenden Jahr niedriger ausfallen werden als vor Corona erwartet. Das erschwert die langfristige Finanzierung großer Vorhaben. Unklar ist zudem, wie ein Rettungsschirm von Bund und Freistaat für die Städte und Gemeinden aussehen kann. Auch da erhofft sich Eisenbach in den kommenden Monaten Klarheit. Denn der Vorschlag von Bundesfinanzminister Scholz hat kaum eine Chance auf eine Mehrheit. Andere Vorschläge gibt es bisher nicht.
Auf Nachfrage von Oliver Eschbaumer (BU) erklärte Eisenbach, dass er zwar mit Vertretern verschiedener Lindauer Firmen gesprochen habe, dass er aber nicht in der Lage sei, eine eigenständige Steuerschätzung für Lindau abzugeben. Er müsse sich da auf die Fachleute des Bundes verlassen, deren Berechnungen auch in den vergangenen Jahren eine gute Grundlage für den Haushalt der Stadt gegeben habe. So hat die Stadt im Kernhaushalt im vergangenen Jahr um drei Millionen Euro besser gewirtschaftet als erwartet. Das Geld kann man nun natürlich gut gebrauchen.
Die Stadträte sind einverstanden mit dem Vorschlag von Eisenbach und Oberbürgermeisterin Claudia Alfons, dass sich Stadtrat und Finanzausschuss in fast jeder Sitzung mit dem Thema befassen werden, damit die Räte auf dem Laufenden bleiben. Einig waren sich die Räte auch, dass es Grund zur Vorsicht gibt, aber keinen Grund zu Panikreaktionen.
Stattdessen wollen sich Verwaltung und Stadträte schon am 19. Juni in einem gemeinsamen Workshop mit einer von Eisenbach schon im April vorgestellten Liste verschiedener Sparvorschläge befassen. Dann sollen auch Fachleute der verschiedenen Ämter dabei sein, die über mögliche Folgen der Sparbeschlüsse Auskunft geben können. Wie berichtet, hatte Eisenbach unter anderem Einsparungen bei den geplanten Baumaßnahmen am Lotzbeckweg, am Hasenweidweg und bei der Zufahrt zum Giebelbach ins Gespräch gebracht. Nun sollen die Räte entscheiden, bei welchen Projekten sie Abstriche machen, was sie schieben oder sogar ganz streichen wollen.
Auch wenn Jürgen Müller (LI) und Ulrich Jöckel am liebsten schon am Montag Antworten haben wollten, bat Alfons um Verständnis, dass man das seriös erst in vier Wochen behandeln könne. Um all das zu diskutieren, brauche man mehr Zeit als üblich, sagte Alfons: „Dieses Thema sprengt jede Ausschusssitzung und Stadtratssitzung.“
Auf Anfrage der LZ erklärte Alfons zudem, dass sie mit den Stadträten hinter verschlossenen Türen unter sich bleiben wolle, interessierte Bürger oder die Presse sollten dort keinen Zugang erhalten. Alfons schreibt: „Es handelt sich bei dem avisierten Workshop nach den derzeitigen Planungen um ein reines Arbeitstreffen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“