Gesucht und gefunden: Gemeinsam im Hopfengarten
Eigentlich ist die Kultur ihr Metier - Lindauerinnen bewähren sich aber auch als Erntehelferinnen
- Sie haben sich gesucht und gefunden: Die Lindauerinnen Sabine Kleiner und Evi Eberhardt, die wegen der Corona-Krise Zeit hatten, und Hopfenbauer Siegfried Müller, der dringend Helfer brauchte. Die Internetplattform „Land hilft“hat sie zusammengebracht. Und so wagten sich die Lindauerinnen mit vier anderen Frauen aus der Region als Erntehelferinnen in den Hopfengarten.
Eigentlich ist die Kultur ihr Metier. Sabine Kleiner ist in Lindau als Autorin der Seejungfrau Luina bekannt, Evi Eberhardt arbeitet in einem Lindauer Buchladen. Die beiden Frauen kennen sich durch die Psychotherapiewochen, bei denen sie immer mitarbeiten. Da die Tagung dieses Jahr wegen Corona ins Wasser gefallen ist, entstand die Idee, mal etwas ganz anderes zu machen.
Und so landeten sie im Hopfengarten von Siegfried Müller, gemeinsam mit vier anderen Erntehelferinnen aus der Region. Mit 5,6 Hektar ist Müller einer der kleineren Hopfenbauer in Tettnang. Er war aber der „Wunschbauer“von Sabine Kleiner – weil sein Hopfengarten in der Nähe des Degersees und somit in einer Gegend liegt, die der Autorin sehr gut gefällt. Als sie die Zusage bekommt, tauscht sie „völlig unerfahren“für zwei Wochen Laptop mit Gummistiefeln, um „ganz nah an der Natur und an der Landwirtschaft“zu sein.
Das sind die beiden Lindauerinnen dann auch. Bei Hitze, Kälte und Regen stehen sie zwei Wochen viereinhalb Stunden pro Tag im Hopfengarten. Ihre Aufgabe ist zunächst, den Hopfen „anzuleiten“, also die vier stärksten Triebe des Hopfenstocks an den Draht anzudrehen und die übrigen abzuzupfen. Wie das funktioniert und auf was man achten muss, hat ihnen Müller vorher erklärt. Und während sie Pflanze für Pflanze in die richtige Startposition bringen, sind zwei erfahrene Helfer an ihrer Seite, die sie „super unterstützen“. Als der Hopfen rund zwei Meter hoch ist, steht das „Nachlaufen“
an. „Wir haben überprüft, dass alle vier Stränge am Draht hochwachsen und dass der Kopf auch freiliegt“, sagt Kleiner, die sich schon wie eine Expertin anhört.
Bei jedem Wetter draußen, immer wieder knieend: Die Arbeit sei körperlich anstrengend und ungewohnt, aber „gut zu machen“, betont Evi Eberhardt, die vergangenes Jahr schon bei der Weinlese in Nonnenhorn mitgeholfen hat. Bei ihrer Hopfengarten-Premiere war es ihr wichtig, das Vorurteil zu widerlegen, deutsche Erntehelfer könnten das nicht. „Wir haben nicht das Gefühl, uns doof angestellt zu haben“, sagt sie.
Das kann der Hopfenbauer bestätigen. „Das waren lauter tapfere Leute, die eisern bei Wind und Wetter gearbeitet haben.“Müller, der sonst mit erfahrenen rumänischen Erntehelfern zusammenarbeitet, räumt aber ein, dass er anfangs schon etwas Bedenken hatte, ob die Frauen auch wirklich durchhalten. Zwei Wochen später weiß er: Es hat geklappt. Gemeinsam mit den sechs Frauen und seiner Familie brachten sie den Hopfen auf den richtigen Weg. „Ich bin positiv überrascht. Es hat richtig Spaß gemacht“, sagt Müller.
„Wir haben nicht das Gefühl, uns doof angestellt zu haben.“
Evi Eberhardt
Das lag auch daran, dass die Gruppe so gut zusammengepasst habe. Darin sind sich alle einig. „Wir hatten es extrem gut auf dem Feld“, sagt Sabine Kleiner, die vor allem die Gemeinschaft genossen hat. „Wir haben viel gelacht.“Das Miteinander hat auch Evi Eberhardt beeindruckt – beim gemeinsamen Arbeiten, aber auch in der Mittagspause, wo sie „super verpflegt“wurden. „Wir hatten aber auch Glück mit unserem Bauern. Es war wie gesucht und gefunden“, sagt sie lachend.
Wenn Sabine Kleiner Bier trinkt, will sie es bewusst genießen. Jetzt, da sie weiß, wie viel Arbeit im Hopfenanbau steckt. Für sie steht fest: „Ich würde es sofort wieder machen. Es war eine wertvolle Zeit.“Und, wer weiß, vielleicht macht die Seejungfrau Luina vom Degersee aus irgendwann mal einen Abstecher zu den Hopfenbauern.