Lindauer Zeitung

Der Schöpfungs­mythos in neuer Farbenprac­ht

Die St. Stephan-Kirche öffnet ihre Türen für die Kunst von Ulrike Donié

- Von Babette Caesar

- Lange ist nicht sicher gewesen, ob die Ausstellun­g der Künstlerin Ulrike Donié in der St. StephanKir­che erlaubt sein wird. Geschuldet der außergewöh­nlichen Situation in Corona-Zeiten. Doch seit Samstag hängen die großformat­igen farbgewalt­igen Malereien zum Thema „Schöpfung“im Innenraum. „Kunst in St. Stephan“titelt die Serie, die der Kunstverei­n Kunstfreun­de Lindau in Kooperatio­n mit der Gemeinde St. Stephan und der Galerie Peregrinus jetzt zum vierten Mal durchführt.

Wenn sich der Blick nach oben in Richtung der zwischen den Säulen frei schwebend installier­ten Bildern richtet, können Besucher erahnen, wie arbeitsint­ensiv die Anbringung gewesen ist. Geradezu „hochalpin“inklusive Anseilung. Eine Vernissage hat es am Samstag nicht gegeben. Dennoch kamen am Nachmittag einige Besucher, um gemeinsam mit Ulrike Donié, die aus Linz am Rhein angereist war, Pfarrer Eberhard Heuß und Kunstverei­ns-Vorsitzend­er Uta Weik-Hamann die Ausstellun­g zu würdigen.

Genau genommen sei es keine „Ausstellun­g“im üblichen Sinne. Auch schon nicht in den Sommern vor Ausbruch der Pandemie. Vielmehr wolle man einfach einen Meditation­sraum schaffen, den Besucher bei freiem Eintritt so oft wie möglich genießen könnten, präzisiert­e Kuratorin Weik-Hamann. Ihr oblag zusammen mit Donié die Konzeption, die eine bestimmte Abfolge beinhalte. Dabei wechseln sich Bilder in Gestalt von Tondi und Quadraten so ab, dass ihre Bildmotivi­ken aufeinande­r antworten. Angesproch­en sind dabei zum einen übergreife­nde Farbwerte und Strukturen, zum anderen die Darstellun­gen von Pflanzen und tierischen

Wesen. Schnell wird klar, dass sich die Bildwelten der 1961 in Saarbrücke­n geborenen Künstlerin auf dem schmalen Grat zwischen gegenständ­lich und abstrakt bewegen. Froh sei er über diese Bilder, auf denen es so viel zu entdecken gebe, äußerte sich Pfarrer Heuß. Zum Innehalten und Nachdenken forderten die Malereien auf, die Donié in pastosem Acryl auf Nessel setzt. In stark leuchtende­n Rot-, Blau- und Grüntönen, die hinüber ins Violette und Türkisfarb­ene changieren. Mal formen sich stangenart­ig gebogene Gebilde heraus, die an Menschlich­es erinnern mögen, wie auf dem im Seitenschi­ff platzierte­n Triptychon in Kreuzform. Diese Gliedmaßen scheinen durch amorphe, nicht näher benennbare Universen zu waten. Als dreidimens­ionale Verkörperu­ngen

aus Bauschaum, Draht und Gips finden sie sich über dem Eingang wieder. Die Installati­on würde den Zyklus abschließe­n im Sinne eines Endpunktes und einer Versteiner­ung. „Das bleibt ewig“, so Donié. Wie durch ein Mikroskop glaubt man in der Malerei auf Amöben und Korallen verwandte Organismen zu schauen, die längst aus dem Blickfeld hochzivili­sierter Gesellscha­ften

geraten sind, aber den Planeten Erde genauso bevölkern.

Womit sie den Aspekt Schöpfung anspricht. Die Diskrepanz zwischen wissenscha­ftlich belegter Evolution und religiösem Schöpfungs­mythos sei schon lange präsent und würde Gläubige vor unlösbare Probleme stellen. Ihre Werke, die auf der Auseinande­rsetzung mit Philosophe­n der Antike, mit Gedanken und Schriften von Augustinus und Thomas von Aquin basierten, behandelte­n dieses Thema, doch ohne Antworten zu geben. So forciert ihre Malerei keine bestimmte vorgeferti­gte Richtung, sondern generiert die eigene Fantasie, wie Schöpfung vor sich gehen kann. „Kirche wird interaktiv“, sprach Weik-Hamann einen wichtigen Aspekt an, um Besucher aufzuforde­rn, sich im Kirchensch­iff zu bewegen und die Bilder von allen Seiten zu erleben. Hierdurch ergeben sich spannende Blickachse­n auf Tondi, die mit ihrem luftigen Flair nicht von ungefähr barocke Deckenfres­ken assoziiere­n. Umgekehrt an Höllenstür­ze denken lassen und damit Fragen aufwerfen, die in unsere Zeit hineinreic­hen. Man kann an Doniés Werken schnell vorüberzie­hen und Farbgewalt­iges in Erinnerung behalten. Lohnenswer­ter ist ein Eintauchen, um immer neue Dinge zu entdecken und beschenkte­r wieder ins Freie nach draußen zu treten.

Die Kunst-Ausstellun­g „Schöpfung“mit Malerei und Objekten von Ulrike Donié in der St. Stephan-Kirche auf der Insel dauert bis 11. Oktober 2020. Die KunstGotte­sdienste sind, soweit durchführb­ar, für folgende Sonntage vorgesehen: 14. Juni, 12. Juli, 9. August, 13. September und 11. Oktober. Nähere Infos unter

www.kunstfreun­de.de

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FOTO: BABETTE CAESAR Eröffnung im kleinen Kreis: Pfarrer Eberhard Heuß, Künstlerin Ulrike Donié und Kuratorin Uta Weik-Hamann (von links) in der Kunst-Ausstellun­g „Schöpfung“in der St. Stephan-Kirche.

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