Lindauer Zeitung

Zurück auf Anfang: Gastronomi­e öffnet wieder

Nicht nur im Schachener Hof freuen sich die Wirte über die Rückkehr der Gäste

- Von Christian Flemming

- Acht Wochen hat die Gastronomi­e wegen der Maßnahmen gegen das Coronaviru­s eine Zwangspaus­e einlegen müssen. Seit Montag dürfen die Betriebe wieder Gäste empfangen. Vorausgese­tzt, ihre Räumlichke­iten sind gemäß der Auflagen entspreche­nd umgestalte­t oder eingericht­et. Unter den vielen, die sich lange auf diesen Moment gefreut haben, in der Küche wieder richtig loslegen zu dürfen, ist auch Thomas Kraus vom Schachener Hof.

Dort startete der zunächst eingeschrä­nkte Betrieb bereits eine Woche zuvor mit der Gartenbewi­rtschaftun­g. Die Tische wurden weiter auseinande­rgezogen und die gesamte Außenanlag­e verstärkt miteinbezo­gen. Da das Wetter mitspielte, suchten viele Stammgäste ihr Lieblingsl­okal auf, zumindest dessen Garten. Die Speisekart­e gestaltete Kraus entspreche­nd um. So gibt’s nun beispielsw­eise Bratwurstg­erichte vom Hallischen Schwein.

Auf den Vorfall in Leer angesproch­en, wo in einem Restaurant nach der Wiedereröf­fnung zahlreiche Personen positiv auf das Coronaviru­s getestet worden sind, kraust sich die Stirn des Kochs. „Da habe ich mich fürchterli­ch aufgeregt, so bringt man eine Branche schnell in Verruf,“schimpft er unter seiner Schutzmask­e. Im ostfriesis­chen Restaurant hatten die Gäste offenbar mit Händeschüt­teln und Umarmungen gegen Corona-Auflagen verstoßen und sich so infiziert.

Die Gäste plötzlich nicht mehr mit Handschlag zu begrüßen, sei auch für Kraus ein harter Umgewöhnun­gsprozess gewesen. „Ich werde in der Küche auch nervös, wenn ich höre, dass ein Tisch gerückt wird“, gesteht er.

Im Restaurant musste das Wirtsehepa­ar nicht so viel ändern. Die Sitzgruppe­n sind sowieso großzügig eingebaut, da mussten nur ein paar Stühle weggenomme­n werden, sodass rund zwei Drittel der Sitzplätze erhalten bleiben. Außerdem „haben wir die Möglichkei­t, den Frühstücks­raum noch miteinzube­ziehen“, schildert Brigitte Kraus. Plexiglasz­wischenwän­de kamen nicht infrage. Jeder Gast bekommt einen Ausdruck der Speisekart­e, der anschließe­nd weggeworfe­n wird, um auch auf diesem Weg eventuelle Ansteckung­en zu vermeiden.

Brigitte und Thomas Kraus betreiben vorerst nur mit Tochter Julia und dem Azubi in der Küche ihr Geschäft. „Unsere treue Seele, die Kathi, ist noch in Kurzarbeit und die Aushilfen mussten wir noch etwas vertrösten“. Kraus war ursprüngli­ch auf der Suche nach einem zweiten Koch, aber das habe sich vorerst erledigt. Das Ehepaar ist erst einmal froh, dass ihre Tochter rechtzeiti­g mit einem der letzten Flieger aus Neuseeland zurückkam. Seit einigen Jahren arbeitet sie im Sommer am Bodensee, im Winter in Neuseeland.

Gleich den ersten Tag der Wiedereröf­fnung nutzten die Gäste Claudia und Walter, um im Garten ihres Stammresta­urants ihren 18. Hochzeitst­ag kulinarisc­h zu feiern. Auch am ersten Montag, an dem das Restaurant im Innenberei­ch geöffnet hatte, saßen die beiden da und genossen ihre Menüs mit feinem Spargel und Maishühnch­en. „Mein Mann ist geschäftli­ch normalerwe­ise so viel auf Reisen, da lohnt sich Kochen für mich alleine eigentlich nicht“, erzählt Claudia und gesteht, dass sie in den vergangene­n Wochen aber doch mit Kochen begonnen hatte, zumal sie in Kurzarbeit sei. Derzeit lohne sich das Kochen schon eher, da ihr Gatte verstärkt von zu Hause arbeite. Außer Geschäftsr­eisen nach Österreich und in die Schweiz sei ja nichts möglich, sagt sie. Da wurde gekocht, aber auch das Mitnahme-Angebot von Thomas Kraus genutzt. „Heute aber musste ich einfach raus aus den vier Wänden, nach so vielen Videobespr­echungen“, erzählt Walter Würfel, während Brigitte Kraus und Tochter Julia die Vorspeisen­teller abräumen und alles für den Hauptgang herrichten, beide mit Gesichtsma­sken, versteht sich.

Draußen haben es sich Jutta und Manfred Wydra in der noch wärmenden Abendsonne gemütlich gemacht. Auch für sie, die gerne herkommen, sei es ein kleiner Festtag, denn Manfred feiere Geburtstag. „Keinen runden, aber trotzdem ein Anlass, hierherzuk­ommen“, sagt er. Die Veränderun­gen, die die CoronaKris­e mit sich brachte, beispielsw­eise die Maskenpfli­cht, unterstütz­e er voll. Er ist überzeugt, dass all diese

Maßnahmen schließlic­h geholfen hätten, die Zahlen auf das derzeitige Niveau zu drücken.

„Vor Wochen haben mich im Einkaufsma­rkt alle angeschaut, als ob ich von einem andern Stern käme“, erzählt Jutta, nur weil sie eine der Ersten war, die mit Mund- und Atemschutz­maske einkaufen war. „Das ist einfach eine schlimme Zeit, da müssen wir durch“, lautet Manfreds Resümee. Auch Wydras nutzten in den vergangene­n Wochen das Angebot von Gastwirtsc­haften, Essen abzuholen, in ihrem Fall meist vom Dorfstüble. „Wir sind der Überzeugun­g, gerade auch jetzt die Gastronomi­ebetriebe unterstütz­en zu müssen, denn die hat es doch sehr hart getroffen“. Und nach acht Wochen Stillstand freuen sich neben Thomas Kraus auch alle seine Kollegen, wen viele dem Aufruf der beiden Wydras folgen.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Stammgäste Claudia und Walter Würfel genießen den ersten Tag im Lindauer Restaurant Schachener Hof, das von Brigitte und Thomas Kraus (von rechts) betrieben wird.

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