Inflation auf niedrigstem Stand seit fast vier Jahren
(dpa) - Die Inflation in Deutschland ist in der Corona-Krise auf den niedrigsten Stand seit September 2016 gesunken. Die Jahresteuerungsrate lag im Mai nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag bei 0,6 Prozent. Vor allem der deutliche Rückgang der Energiekosten dämpfte den Preisauftrieb. Trotz der Geldflut durch milliardenschwere Rettungspakete der Regierung rechnen Ökonomen damit, dass die Inflation in den nächsten Monaten niedrig bleibt, oder zunächst noch weiter sinkt.
- Es ist die große Frage in der Corona-Pandemie: Wann kommt ein Impfstoff auf den Markt, der Milliarden Menschen vor der Krankheit Covid-19 schützen kann? Und welches Pharmaunternehmen schafft den Durchbruch? Es geht um Menschenleben, viel Geld und das Ringen um einen Vorsprung: Welches Land bekommt zuerst den Impfstoff? Denn ohne ein Mittel dürfte ein Alltag mit vollen Kneipen und Clubs, Fußballstadien oder großen Konzerten noch lange undenkbar sein. „Nur der Impfstoff ist am Ende die Lösung des Problems“, sagte kürzlich der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek.
Längst ist in der Pharma- und Biotechbranche ein Rennen um einen Corona-Impfstoff entbrannt. Weltweit gibt es laut dem Verband forschender Pharmaunternehmen (Vfa) aktuell 138 Impfstoffprojekte, von kleinen Firmen wie Biontech aus Mainz oder Curevac in Tübingen bis hin zu Großkonzernen wie Sanofi und GlaxoSmithKline. Ganze Teams hätten in Pharma- und Biotechnologiefirmen ihren Fokus gewechselt und konzentrierten sich nun ganz auf Covid-19, sagt Thomas Cueni, Generaldirektor des globalen Pharmaverbands International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA).
Auch wenn etliche Wirkstoffe bereits in der Erprobung mit Probanden sind, dämpft die Branche die Hoffnung auf einen zugelassenen Impfstoff noch in diesem Jahr. VfaPräsident Hans Steutel glaubt, dass erst 2021 in globalem Maßstab geimpft werden kann.
Die erste klinische Studie in Deutschland führt Biontech an gesunden Patienten durch, ab Ende Juni könnten Daten vorliegen. Bei einer Zulassung könne man mit dem USPartner Pfizer bis Jahresende Millionen Impfstoffdosen bereitstellen, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin vor wenigen Tagen. Curevac-Chef FranzWerner Haas rechnet „in den nächsten Tagen“mit der Genehmigung der klinischen Prüfungen seines Impfstoffs durch das Paul-Ehrlich-Institut. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“geht Haas davon aus, dass Mitte des nächsten Jahres ein zugelassener Impfstoff zur Verfügung steht.
Schon jetzt aber stellt Curevac seinen Wirkstoff auf allen zur Verfügung stehenden Produktionsanlagen her – ohne zu wissen, ob dieser letztlich auch zugelassen wird. „In einer Situation wie dieser müssen wir ins Risiko gehen. Es wäre eine Tragödie, die Zulassung zu bekommen und nicht sofort eine große Menge an Impfstoffdosen auf den Markt werfen zu können“, sagt Haas.
Doch die Zeitpläne sind ehrgeizig, das Risiko hoch. Noch vor wenigen Jahren wurde für die Entwicklung eines Impfstoffs ein Zeitraum von 15 bis 20 Jahren veranschlagt. Neue, moderne Technologien können den Prozess beschleunigen, doch nach wie vor muss die Sicherheit des Wirkstoffes bestätigt werden – möglichst ohne Nebenwirkungen. 80 Prozent aller Impfstoffprojekte scheitern deshalb. Vor diesem Hintergrund
macht Mut, dass es so viele verschiedene Ansätze und Initiativen bei der Suche nach einem Impfstoff gegen die Coronavirus-Infektion gibt. Am Ende bleibt vielleicht nur eine Handvoll wirklich vielversprechender Wirkstoffkandidaten übrig. Auf die können dann die Forschungskräfte gebündelt werden. Wer zu diesem erlauchten Kreis gehört, ist aber jetzt noch nicht abzusehen.
Ist ein Impfstoff gefunden, könnten Arzneibehörden relativ schnell eine Zulassung erteilen, meint Thilo Kaltenbach, Gesundheitsexperte bei der Strategieberatung Roland Berger. „Das Thema hat Priorität bei allen Behörden.“Ob sich die Suche für die
Hersteller am Ende auch auszahlt, bleibt aber offen.
Zum einen gilt die Herstellung von Impfstoffen generell als sehr anspruchsvoll. Allein die Entwicklung kann Hunderte Millionen Euro verschlingen. Auch deshalb dominieren den globalen Markt für Vakzine nur vier Schwergewichte: die französische Sanofi-Gruppe, die britische GlaxoSmithKline und die beiden USamerikanischen Wettbewerber Merck & Co sowie Pfizer. Zusammen kontrolliert das Quartett 80 Prozent des rund 30 Milliarden US-Dollar schweren Gesamtmarkts für Impfstoffe.
Zum anderen werden die Stimmen, die eine kostenlose Verteilung eines Coronavirus-Impfstoffes fordern, mehr und immer lauter. Ein solches Szenario ist zwar nicht sehr wahrscheinlich. Allzu hohe Preisvorstellungen aber ebenfalls nicht. Allein schon deshalb, weil staatliche Institutionen im Rennen um einen Coronavirus-Impfstoff mit Millionenbeträgen die private Forschung unterstützen.
Der Pharmagigant Johnson & Johnson etwa konnte sich jüngst über 456 Millionen US-Dollar von der US-amerikanischen Behörde für biomedizinische
Forschung und Entwicklung
(Barda) freuen,
Sanofi immerhin bekam eine Zuwendung über 30 Millionen US-Dollar – verbunden mit der Zusicherung, dass die US-Regierung „das Recht für die größte Vorausbestellung“hat. Andere Länder – auch die EU – stellen ebenfalls hohe Beträge für die Impfstoffsuche bereit.
Das impliziert, dass sich die Pharmabranche vom Coronavirus kein großes Geschäft verspricht. Wer den Staat mit ins Boot holt, kann keine hohen Preise für einen Impfstoff verlangen – so begehrt dieser auch ist. „Wenn die Entwicklung staatlich gefördert wird, kann es nicht sein, dass die Firmen durch hohe Preise Gewinne abschöpfen“, findet auch Curevac-Chef Haas.
Für die meisten Pharmafirmen dürfte es aber ohnehin in erster Linie darum gehen, ihre Bereitschaft zur Kooperation bei der Bewältigung der Krise zu demonstrieren. Zum Kalkül gehört wohl auch, dass man sich dadurch Goodwill für spätere Zeiten verschaffen kann. Denn die Branche steht auch weiterhin vor der Herausforderung, teuer entwickelte Medikamente zu einem möglichst attraktiven Preis auf den Markt zu bringen. Ohne Zustimmung der Gesundheitsbehörden, die ein gewisses Verständnis für die hohen Entwicklungskosten aufbringen, lässt sich das kaum machen.