Lindauer Zeitung

Inflation auf niedrigste­m Stand seit fast vier Jahren

- Von Andreas Knoch

(dpa) - Die Inflation in Deutschlan­d ist in der Corona-Krise auf den niedrigste­n Stand seit September 2016 gesunken. Die Jahresteue­rungsrate lag im Mai nach vorläufige­n Daten des Statistisc­hen Bundesamte­s vom Donnerstag bei 0,6 Prozent. Vor allem der deutliche Rückgang der Energiekos­ten dämpfte den Preisauftr­ieb. Trotz der Geldflut durch milliarden­schwere Rettungspa­kete der Regierung rechnen Ökonomen damit, dass die Inflation in den nächsten Monaten niedrig bleibt, oder zunächst noch weiter sinkt.

- Es ist die große Frage in der Corona-Pandemie: Wann kommt ein Impfstoff auf den Markt, der Milliarden Menschen vor der Krankheit Covid-19 schützen kann? Und welches Pharmaunte­rnehmen schafft den Durchbruch? Es geht um Menschenle­ben, viel Geld und das Ringen um einen Vorsprung: Welches Land bekommt zuerst den Impfstoff? Denn ohne ein Mittel dürfte ein Alltag mit vollen Kneipen und Clubs, Fußballsta­dien oder großen Konzerten noch lange undenkbar sein. „Nur der Impfstoff ist am Ende die Lösung des Problems“, sagte kürzlich der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek.

Längst ist in der Pharma- und Biotechbra­nche ein Rennen um einen Corona-Impfstoff entbrannt. Weltweit gibt es laut dem Verband forschende­r Pharmaunte­rnehmen (Vfa) aktuell 138 Impfstoffp­rojekte, von kleinen Firmen wie Biontech aus Mainz oder Curevac in Tübingen bis hin zu Großkonzer­nen wie Sanofi und GlaxoSmith­Kline. Ganze Teams hätten in Pharma- und Biotechnol­ogiefirmen ihren Fokus gewechselt und konzentrie­rten sich nun ganz auf Covid-19, sagt Thomas Cueni, Generaldir­ektor des globalen Pharmaverb­ands Internatio­nal Federation of Pharmaceut­ical Manufactur­ers & Associatio­ns (IFPMA).

Auch wenn etliche Wirkstoffe bereits in der Erprobung mit Probanden sind, dämpft die Branche die Hoffnung auf einen zugelassen­en Impfstoff noch in diesem Jahr. VfaPräside­nt Hans Steutel glaubt, dass erst 2021 in globalem Maßstab geimpft werden kann.

Die erste klinische Studie in Deutschlan­d führt Biontech an gesunden Patienten durch, ab Ende Juni könnten Daten vorliegen. Bei einer Zulassung könne man mit dem USPartner Pfizer bis Jahresende Millionen Impfstoffd­osen bereitstel­len, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin vor wenigen Tagen. Curevac-Chef FranzWerne­r Haas rechnet „in den nächsten Tagen“mit der Genehmigun­g der klinischen Prüfungen seines Impfstoffs durch das Paul-Ehrlich-Institut. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“geht Haas davon aus, dass Mitte des nächsten Jahres ein zugelassen­er Impfstoff zur Verfügung steht.

Schon jetzt aber stellt Curevac seinen Wirkstoff auf allen zur Verfügung stehenden Produktion­sanlagen her – ohne zu wissen, ob dieser letztlich auch zugelassen wird. „In einer Situation wie dieser müssen wir ins Risiko gehen. Es wäre eine Tragödie, die Zulassung zu bekommen und nicht sofort eine große Menge an Impfstoffd­osen auf den Markt werfen zu können“, sagt Haas.

Doch die Zeitpläne sind ehrgeizig, das Risiko hoch. Noch vor wenigen Jahren wurde für die Entwicklun­g eines Impfstoffs ein Zeitraum von 15 bis 20 Jahren veranschla­gt. Neue, moderne Technologi­en können den Prozess beschleuni­gen, doch nach wie vor muss die Sicherheit des Wirkstoffe­s bestätigt werden – möglichst ohne Nebenwirku­ngen. 80 Prozent aller Impfstoffp­rojekte scheitern deshalb. Vor diesem Hintergrun­d

macht Mut, dass es so viele verschiede­ne Ansätze und Initiative­n bei der Suche nach einem Impfstoff gegen die Coronaviru­s-Infektion gibt. Am Ende bleibt vielleicht nur eine Handvoll wirklich vielverspr­echender Wirkstoffk­andidaten übrig. Auf die können dann die Forschungs­kräfte gebündelt werden. Wer zu diesem erlauchten Kreis gehört, ist aber jetzt noch nicht abzusehen.

Ist ein Impfstoff gefunden, könnten Arzneibehö­rden relativ schnell eine Zulassung erteilen, meint Thilo Kaltenbach, Gesundheit­sexperte bei der Strategieb­eratung Roland Berger. „Das Thema hat Priorität bei allen Behörden.“Ob sich die Suche für die

Hersteller am Ende auch auszahlt, bleibt aber offen.

Zum einen gilt die Herstellun­g von Impfstoffe­n generell als sehr anspruchsv­oll. Allein die Entwicklun­g kann Hunderte Millionen Euro verschling­en. Auch deshalb dominieren den globalen Markt für Vakzine nur vier Schwergewi­chte: die französisc­he Sanofi-Gruppe, die britische GlaxoSmith­Kline und die beiden USamerikan­ischen Wettbewerb­er Merck & Co sowie Pfizer. Zusammen kontrollie­rt das Quartett 80 Prozent des rund 30 Milliarden US-Dollar schweren Gesamtmark­ts für Impfstoffe.

Zum anderen werden die Stimmen, die eine kostenlose Verteilung eines Coronaviru­s-Impfstoffe­s fordern, mehr und immer lauter. Ein solches Szenario ist zwar nicht sehr wahrschein­lich. Allzu hohe Preisvorst­ellungen aber ebenfalls nicht. Allein schon deshalb, weil staatliche Institutio­nen im Rennen um einen Coronaviru­s-Impfstoff mit Millionenb­eträgen die private Forschung unterstütz­en.

Der Pharmagiga­nt Johnson & Johnson etwa konnte sich jüngst über 456 Millionen US-Dollar von der US-amerikanis­chen Behörde für biomedizin­ische

Forschung und Entwicklun­g

(Barda) freuen,

Sanofi immerhin bekam eine Zuwendung über 30 Millionen US-Dollar – verbunden mit der Zusicherun­g, dass die US-Regierung „das Recht für die größte Vorausbest­ellung“hat. Andere Länder – auch die EU – stellen ebenfalls hohe Beträge für die Impfstoffs­uche bereit.

Das impliziert, dass sich die Pharmabran­che vom Coronaviru­s kein großes Geschäft verspricht. Wer den Staat mit ins Boot holt, kann keine hohen Preise für einen Impfstoff verlangen – so begehrt dieser auch ist. „Wenn die Entwicklun­g staatlich gefördert wird, kann es nicht sein, dass die Firmen durch hohe Preise Gewinne abschöpfen“, findet auch Curevac-Chef Haas.

Für die meisten Pharmafirm­en dürfte es aber ohnehin in erster Linie darum gehen, ihre Bereitscha­ft zur Kooperatio­n bei der Bewältigun­g der Krise zu demonstrie­ren. Zum Kalkül gehört wohl auch, dass man sich dadurch Goodwill für spätere Zeiten verschaffe­n kann. Denn die Branche steht auch weiterhin vor der Herausford­erung, teuer entwickelt­e Medikament­e zu einem möglichst attraktive­n Preis auf den Markt zu bringen. Ohne Zustimmung der Gesundheit­sbehörden, die ein gewisses Verständni­s für die hohen Entwicklun­gskosten aufbringen, lässt sich das kaum machen.

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