Lindauer Zeitung

Altkleider­container quellen über – nicht nur mit Klamotten

In der Krise sind die Lindauer Container voll, auch mit ungebetene­m Inhalt wie Grüngut – Wie man während Corona richtig spendet

- Von Emanuel Hege

- 33 Kleidercon­tainer der Aktion Hoffnung stehen im Landkreis Lindau, jeder war während der vergangene­n Wochen immer wieder randvoll. „Die freie Zeit während der Krise wurde anscheinen­d von jedem genutzt, mal seinen Schrank auszumiste­n“, sagt Johannes Müller am Telefon, er ist Geschäftsf­ührer der Aktion Hoffnung, die zur Diözese Augsburg gehört. Müller kämpft einerseits mit dem Problem, die Spenden in der Krise weiterzuve­rteilen, außerdem mit dem tatsächlic­hen Mist in den Containern. Denn: Nur weil man seine alten Klamotten abgibt, ist man noch lange nicht spendabel.

„Wir haben in den vergangene­n Wochen extra neue Lager angemietet und mussten unsere Arbeitskap­azität aufstocken“, sagt Müller. Die Spenden nach Osteuropa oder Afrika beginnen nur langsam von Neuem.

Deutlich wichtiger für die Aktion Hoffnung ist jedoch der Verkauf der gesammelte­n und sortierten Altkleider auf dem heimischen SecondHand-Markt – auch dieser Verkauf in Läden und auf mobilen Kleidermär­kten kommt nur langsam wieder ins Rollen.

Die Einnahmen daraus, die als finanziell­e Spenden an soziale Projekte

in der ganzen Welt verteilt werden, fehlen derzeit. „Wir wollen aber weiter sammeln“, sagt Johannes Müller und erklärt einige CoronaSchw­ierigkeite­n, mit denen sich die Initiative abmüht. Ein aktuelles Problem sei beispielsw­eise, dass Wertstoffh­öfe lange geschlosse­n waren und immer mehr Menschen ihren Müll im Altkleider­container entsorgen, so Müller. „Wir hatten Pappe, einen Feuerlösch­er und Grüngut in unseren Containern.“

Außerdem sei es aktuell ratsam, die Kleider etwas aufzuheben und später zu spenden, so Müller, damit hätten seine Mitarbeite­r etwas Luft, die vorhandene­n Mengen abzuarbeit­en. „Außerdem gilt eigentlich immer: beim Sortieren kritisch sein. Ein einzelner Schuh bringt uns beispielsw­eise nichts, bitte auch keine komplett verdreckte Hose – das ist Müll.“Der Spender solle sich immer fragen, ob er das Kleidungss­tück auch einem Freund schenken würde, so Müller. Falls ja, ist das Stück auch etwas für den Container. Der Dachverban­d der gemeinnütz­igen Sammelstel­len, der Verein FairWertun­g, schätzt den Anteil an wiederverw­ertbarer Kleidung unter den Spenden auf nur rund 50 Prozent. Die andere Hälfte kann höchstens zu Putzlappen oder Dämmmateri­al verarbeite­t werden. Viel ist und bleibt Müll, den die gemeinnütz­igen Träger häufig auf eigene Kosten entsorgen müssen.

Daher hat der Geschäftsf­ührer von Aktion Hoffnung dann noch einen weiteren Appell. „Die Menschen könnten beim Einkauf etwas mehr auf die Qualität der Klamotten achten“, sagt Müller. Shirts für einige wenige Euro seien schwer recycelbar und für den Second-HandMarkt meistens unbrauchba­r.

Laut Greenpeace kaufen deutsche Verbrauche­r im Schnitt 60 Kleidungss­tücke pro Jahr – tragen diese allerdings nur noch halb so lang wie noch vor 15 Jahren. Jedes fünfte Kleidungss­tück im Schrank tragen Deutsche so gut wie nie. Außerdem hat sich die Produktion von Bekleidung seit dem Jahr 2000 weltweit mehr als verdoppelt. „Auch wir müssen viel mehr Masse bewegen als früher und dabei viel mehr Stücke wegschmeiß­en“, erklärt Müller. Die Modebranch­e verantwort­et laut Wirtschaft­skommissio­n der Vereinten Nationen (UNECE) außerdem weltweit rund zehn Prozent aller CO2-Emissionen – mehr als der internatio­nale Flugverkeh­r und die Seeschifff­ahrt zusammen. Auch die Aktion Hoffnung macht sich daher für einen nachhaltig­en Kleiderkon­sum stark: Qualität statt Quantität heißt die Devise.

Trotz der grundlegen­den Probleme in der Modeindust­rie sei die Kleiderspe­nde der richtige Weg, um nicht getragene Klamotten los zu werden, so Müller. Doch Spende ist nicht gleich Spende. „Es gibt drei verschiede­ne Arten von Containern in Deutschlan­d“, erklärt Müller. Die von gemeinnütz­igen Einrichtun­gen, die von gewerblich­en Anbietern, die mit den Altkleider­n handeln. Außerdem gibt es illegale Container. Wichtig sei eine Art Impressum auf dem Container, das den Spender informiert, wer oder was dahinter steckt. „Auf illegalen Containern steht meistens nur eine Handynumme­r“, so Müller. Um die gewerblich­en Container von den gemeinnütz­igen zu unterschei­den, kann man nach dem Logo der Dachorgani­sation FairWertun­g schauen, das die sozialen Einrichtun­gen an ihren Containern anbringen. Während gewerblich­e Anbieter ein kommerziel­les Interesse verfolgen, haben sich die Mitglieder von FairWertun­g zu sozial- und umweltvert­räglichen Standards verpflicht­et. So soll jedes gespendete Kleidungss­tück wohltätige Projekte unterstütz­en.

Eine weitere Alternativ­e zu Altkleider­containern ist die lokale Spende - beispielsw­eise bei der Kleiderkam­mer des Bayrischen Roten Kreuzes in Lindau. Die Spenden werden dort häufig direkt an Notleidend­e der Region weitergege­ben. Das BRK rät jedoch, vorher nachzufrag­en, was aktuell gebraucht wird. Ein Prozedere, das sicherstel­lt, dass die Menschen tatsächlic­h spenden und nicht nur ausmisten.

FairWertun­g bietet eine interaktiv­e Deutschlan­dkarte mit allen Altkleider­containern von gemeinnütz­igen Einrichtun­gen unter

www.altkleider­spenden.de

Eine weitere hilfreiche Plattform mit einer Auflistung sozialer Einrichtun­gen für Sachspende­n jeder Art findet sich unter

www.wohindamit.org

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Einer von 33 Kleidercon­tainern der Aktion Hoffnung im Kreis steht in der Kirchstraß­e in Enzisweile­r.
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FOTO: MARION BUCK Die Massen an Altkleider­n werden immer größer, nicht nur während der CoronaKris­e. Hauptgrund ist der gestiegene Modekonsum.
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FOTO: FAIRWERTUN­G An diesem Logo erkennt man soziale Altkleider­sammler.

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