Altkleidercontainer quellen über – nicht nur mit Klamotten
In der Krise sind die Lindauer Container voll, auch mit ungebetenem Inhalt wie Grüngut – Wie man während Corona richtig spendet
- 33 Kleidercontainer der Aktion Hoffnung stehen im Landkreis Lindau, jeder war während der vergangenen Wochen immer wieder randvoll. „Die freie Zeit während der Krise wurde anscheinend von jedem genutzt, mal seinen Schrank auszumisten“, sagt Johannes Müller am Telefon, er ist Geschäftsführer der Aktion Hoffnung, die zur Diözese Augsburg gehört. Müller kämpft einerseits mit dem Problem, die Spenden in der Krise weiterzuverteilen, außerdem mit dem tatsächlichen Mist in den Containern. Denn: Nur weil man seine alten Klamotten abgibt, ist man noch lange nicht spendabel.
„Wir haben in den vergangenen Wochen extra neue Lager angemietet und mussten unsere Arbeitskapazität aufstocken“, sagt Müller. Die Spenden nach Osteuropa oder Afrika beginnen nur langsam von Neuem.
Deutlich wichtiger für die Aktion Hoffnung ist jedoch der Verkauf der gesammelten und sortierten Altkleider auf dem heimischen SecondHand-Markt – auch dieser Verkauf in Läden und auf mobilen Kleidermärkten kommt nur langsam wieder ins Rollen.
Die Einnahmen daraus, die als finanzielle Spenden an soziale Projekte
in der ganzen Welt verteilt werden, fehlen derzeit. „Wir wollen aber weiter sammeln“, sagt Johannes Müller und erklärt einige CoronaSchwierigkeiten, mit denen sich die Initiative abmüht. Ein aktuelles Problem sei beispielsweise, dass Wertstoffhöfe lange geschlossen waren und immer mehr Menschen ihren Müll im Altkleidercontainer entsorgen, so Müller. „Wir hatten Pappe, einen Feuerlöscher und Grüngut in unseren Containern.“
Außerdem sei es aktuell ratsam, die Kleider etwas aufzuheben und später zu spenden, so Müller, damit hätten seine Mitarbeiter etwas Luft, die vorhandenen Mengen abzuarbeiten. „Außerdem gilt eigentlich immer: beim Sortieren kritisch sein. Ein einzelner Schuh bringt uns beispielsweise nichts, bitte auch keine komplett verdreckte Hose – das ist Müll.“Der Spender solle sich immer fragen, ob er das Kleidungsstück auch einem Freund schenken würde, so Müller. Falls ja, ist das Stück auch etwas für den Container. Der Dachverband der gemeinnützigen Sammelstellen, der Verein FairWertung, schätzt den Anteil an wiederverwertbarer Kleidung unter den Spenden auf nur rund 50 Prozent. Die andere Hälfte kann höchstens zu Putzlappen oder Dämmmaterial verarbeitet werden. Viel ist und bleibt Müll, den die gemeinnützigen Träger häufig auf eigene Kosten entsorgen müssen.
Daher hat der Geschäftsführer von Aktion Hoffnung dann noch einen weiteren Appell. „Die Menschen könnten beim Einkauf etwas mehr auf die Qualität der Klamotten achten“, sagt Müller. Shirts für einige wenige Euro seien schwer recycelbar und für den Second-HandMarkt meistens unbrauchbar.
Laut Greenpeace kaufen deutsche Verbraucher im Schnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr – tragen diese allerdings nur noch halb so lang wie noch vor 15 Jahren. Jedes fünfte Kleidungsstück im Schrank tragen Deutsche so gut wie nie. Außerdem hat sich die Produktion von Bekleidung seit dem Jahr 2000 weltweit mehr als verdoppelt. „Auch wir müssen viel mehr Masse bewegen als früher und dabei viel mehr Stücke wegschmeißen“, erklärt Müller. Die Modebranche verantwortet laut Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen (UNECE) außerdem weltweit rund zehn Prozent aller CO2-Emissionen – mehr als der internationale Flugverkehr und die Seeschifffahrt zusammen. Auch die Aktion Hoffnung macht sich daher für einen nachhaltigen Kleiderkonsum stark: Qualität statt Quantität heißt die Devise.
Trotz der grundlegenden Probleme in der Modeindustrie sei die Kleiderspende der richtige Weg, um nicht getragene Klamotten los zu werden, so Müller. Doch Spende ist nicht gleich Spende. „Es gibt drei verschiedene Arten von Containern in Deutschland“, erklärt Müller. Die von gemeinnützigen Einrichtungen, die von gewerblichen Anbietern, die mit den Altkleidern handeln. Außerdem gibt es illegale Container. Wichtig sei eine Art Impressum auf dem Container, das den Spender informiert, wer oder was dahinter steckt. „Auf illegalen Containern steht meistens nur eine Handynummer“, so Müller. Um die gewerblichen Container von den gemeinnützigen zu unterscheiden, kann man nach dem Logo der Dachorganisation FairWertung schauen, das die sozialen Einrichtungen an ihren Containern anbringen. Während gewerbliche Anbieter ein kommerzielles Interesse verfolgen, haben sich die Mitglieder von FairWertung zu sozial- und umweltverträglichen Standards verpflichtet. So soll jedes gespendete Kleidungsstück wohltätige Projekte unterstützen.
Eine weitere Alternative zu Altkleidercontainern ist die lokale Spende - beispielsweise bei der Kleiderkammer des Bayrischen Roten Kreuzes in Lindau. Die Spenden werden dort häufig direkt an Notleidende der Region weitergegeben. Das BRK rät jedoch, vorher nachzufragen, was aktuell gebraucht wird. Ein Prozedere, das sicherstellt, dass die Menschen tatsächlich spenden und nicht nur ausmisten.
FairWertung bietet eine interaktive Deutschlandkarte mit allen Altkleidercontainern von gemeinnützigen Einrichtungen unter
www.altkleiderspenden.de
Eine weitere hilfreiche Plattform mit einer Auflistung sozialer Einrichtungen für Sachspenden jeder Art findet sich unter
www.wohindamit.org