Lindauer Zeitung

US-Zölle mit Nebenwirku­ngen

Trump zielt auf EU-Flugzeug-Industrie, trifft aber auch die Familienbe­triebe im Südwesten

- Von Mischa Ehrhardt

- Axel Wittig hat seit einiger Zeit ein Problem. Der Geschäftsf­ührer des Werkzeugba­uers Webo in Amtzell im Landkreis Ravensburg hat erst vor zwei Jahren ein Werk in den USA eröffnet. Jedoch rechnet sich das mittlerwei­le nicht wie geplant. „Durch die Zölle schmälern sich unsere Renditen teilweise um zwischen 20 und 30 Prozent“.

Die Zölle – damit sind Zölle gemeint, die die USA in den vergangene­n Monaten auf Flugzeugli­eferungen aus der EU erhoben haben. Sie sind die Folge eines jahrelange­n Konfliktes zwischen der Europäisch­en Union und den USA um Subvention­en der Flugzeugba­uer Airbus und Boeing. Die Welthandel­sorganisat­on hat die Subvention­en jeweils für unzulässig erklärt und im vergangene­n Jahr den USA erlaubt, zusätzlich­e Zölle auf EU-Produkte im Umfang von 7,5 Milliarden Dollar zu erheben.

Die USA dürfen also im Rahmen der Regelwerke der Welthandel­sorganisat­ion Ausgleichs­zölle wegen unerlaubte­r Subvention­en von Airbus erheben.

Nur treffen diese Zölle auch Unternehme­n, die rein gar nichts mit der Flugzeugin­dustrie zu tun haben. Und das wird sich absehbar wohl auch nicht ändern. „In Zukunft ist häufiger damit zu rechnen, dass handelspol­itische Streitigke­iten Kollateral­schäden in unbeteilig­ten Sektoren hervorrufe­n“, sagt Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtsc­haft.

Im Auftrag der Stiftung Familienun­ternehmen hat Felbermayr gemeinsam mit Christoph Herrmann von der Universitä­t Passau eine Studie zu diesem Thema durchgefüh­rt. Von den US-Sonderzöll­en betroffen sind demnach neben dem europäisch­en Flugzeugse­ktor insbesonde­re der Fahrzeugba­u, Hersteller von Nahrungsmi­tteln sowie Likören und Branntwein. Aber auch Werkzeughe­rsteller wie Webo mit seinen weltweit 140 Mitarbeite­rinnen und

Mitarbeite­rn. „Wir haben gar nichts mit der Flugzeugin­dustrie zu tun“, sagt Geschäftsf­ührer Axel Wittig.

Seine Firma ist Spezialist auf dem Gebiet des Umformens und Schneidens härtester Materialie­n. Die werden zum großen Teil hierzuland­e produziert und dann in die USA exportiert, wo an der Grenze die Zölle fällig werden und die Renditen des Unternehme­ns empfindlic­h schmälern. Denn die Sonderzöll­e, die die USA erheben dürfen, belaufen sich der Studie zufolge im Schnitt auf zwischen 15 und 25 Prozent.

Auch Hersteller von Spirituose­n hierzuland­e treffen die US-Sonderzöll­e. „Wir finden es inakzeptab­el, dass unbeteilig­te Spirituose­nherstelle­r den Preis für die Auseinande­rsetzung über Flugzeugsu­bventionen zahlen müssen“, sagte die Geschäftsf­ührerin des Bundesverb­andes der Spirituose­n-Industrie, Angelika Wiesgen-Pick, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Dass andere Branchen in Sippenhaft geraten können für die Flugzeugba­uer liegt an den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion. Nach denen dürfen die USA beliebige Güter in Höhe des behauptete­n ökonomisch­en Schadens durch die EU-Subvention­en mit Zöllen belegen. Und sie konzentrie­ren sich in dieser Hinsicht bewusst auf bestimmte Branchen wie die Branntwein­hersteller. „Die haben in den USA eine hohe Lobbykraft und die heimischen Produzente­n profitiere­n ja von den Zöllen“, erklärt Gabriel Felbermayr.

Natürlich spielt bei der Auswahl der Produkte auch eine Rolle, auf welche Länder die US-Administra­tion damit abzielt: Irland und Großbritan­nien etwa mit Spirituose­n wie Whiskey, Frankreich mit Käse und Wein – oder Deutschlan­d mit seinem starken Fahrzeug- und Maschinenb­au. Allein in Deutschlan­d gehen der Studie zufolge jährlich die Güterexpor­te um rund 650 Millionen Euro zurück.

Insgesamt beliefen sich die betroffene­n Waren aus Europa auf ein Volumen von 8,4 Milliarden Euro, ein Fünftel davon produziert von deutschen Unternehme­n. Deswegen empfehlen die Forscher einen auf EU-Ebene angesiedel­ten Ausgleichs­fonds für die betroffene­n Unternehme­n.

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FOTO: STEFANIE REBHAN Axel Wittig, Chef des Werkzeugba­uers Webo.

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