Lindauer Zeitung

Zeit für neue Zeiten

- Von Felix Alex

Irgendwie hofft man es ja insgeheim dann doch immer – zumindest als Fußballfan, der nicht durchgängi­g imaginär das rote Leibchen mit den mittlerwei­le viel zu vielen über dem Wappen aufgenähte­n Meister-Sternen trägt und dauernd unüberhörb­ar „Stern des Südens“vor sich hinsummt: dass der FC Ruhmreich dann doch noch strauchelt. Wenn schon nicht gegen die Verfolger von Borussia Dortmund (irgendwie hatte man es ja schon vorher gewusst), dann möge der FC Bayern München doch endlich mal wieder gegen einen Kleinen (jaja, die gibt es ja nicht mehr, in der Bundesliga aber doch) verlieren.

Doch während man sich noch an den Dreierpack von

gegen den Rekordmeis­ter erinnerte, versenkte der Primus Fortuna Düsseldorf kaltblütig und ungefährde­t mit 5:0. Und damit auch weitere Hoffnungen, dass am Ende dieser ohnehin nicht schon außergewöh­nlichen Saison ein anderes Team als die Münchner die Schale gen Himmel streckt. Dass sie dies nur im exklusiven Kreis zelebriere­n dürfen, ist ebenfalls kein Trost. Acht (!) Titel in Folge, jeder andere Ausgang der Bundesliga gliche schon einem Science-Fiction-Roman.

Dodi Lukebakio

Wie dem auch sei, Spannung muss her, in dieser Liga. Italienisc­he und französisc­he Meisterver­hältnisse haben wir hierzuland­e ja bereits. Noch Juveesker oder PSGiger muss es dann doch nicht werden. Doch wie das anstellen? Dass die Bayern selber einen Gang zurückscha­lten werden, ist unwahrsche­inlich. Der Bösinger FCB-Antreiber droht immerhin bereits: „Wir wollen es nicht mehr spannend machen.“Also auf die Konkurrenz hoffen? Wohl ebenfalls wenig erfolgvers­prechend. „Vielleicht fehlt ein Stück weit die Siegerment­alität in den Topspielen“, sagte der frühere BVB-Keeper über das Innenleben seiner Ex-Kollegen. Dortmunds Sportdirek­tor

ist von mutigen, wenn auch aussichtsl­osen Kampfansag­en ebenfalls weit entfernt, sagte gar gönnerhaft: „Es ist klar, Bayern wird am Ende wieder deutscher Meister und

Zorc Joshua Kimmich Roman Weidenfell­er Michael

deshalb brauchen wir eine neue Zielsetzun­g.“Bleibt also nur die Hoffnung auf die Davids der Bundesliga, die sich dem mächtigen Goliath weiterhin heldenhaft in den Weg werfen und ab und an obsiegen? ... Die Antwort lassen wir an dieser Stelle aus, zitieren wohl nur Fortuna-Profi

„Als das 5:0 gefallen ist und ich gesehen habe, wie lange noch zu spielen ist, habe ich kurz mal schlucken müssen.“

André Hoffmann:

Vielleicht wäre es unter diesen Voraussetz­ungen dann doch für die Zukunft sinnhafter, den finanziell um Galaxien enteilten Rekordmeis­ter ganz ziehen zu lassen. Möglicherw­eise schickt man den BVB mit einem aufmuntern­den Klapps noch hintendrei­n. Geht’s raus und spielts mit euren neuen Freunden. Paris, Juventus, Manchester, Liverpool, sollen sie sich doch wöchentlic­h um die Krone der Welt balgen, die Bundesliga

hätte endlich wieder so etwas wie einen Wettbewerb. Die BayernFans könnten ihren Heroen zujubeln und auch alle anderen könnten eventuell – ganz eventuell – in dieser Superliga auch zu den Roten halten, pfuschen die dann doch nicht mehr in den heimischen Wettbewerb hinein. Ein auf die Spitze getriebene­r Kommerz also als Rettung der Bundesliga? Wer weiß und wohl in der Zukunft notwendig zu diskutiere­n.

Bliebe noch die verbleiben­den fünf Spieltage der aktuellen Saison mit Spannung zu füllen. So ohne Zuschauer, große Emotionen und Aggression­en bleibt da nicht mehr viel. La dolce Calcio allein ist nicht immer die Lösung. Herausrage­nd und durchaus unterhalte­nd sind in dieser surrealen Fußballwel­t aktuell vor allem die Eindrücke, die sonst im verborgene­n Geschehen. Paderborns Trainer mit seinen nimmermüde­n Einlassung­en von „Man ey,“über „So macht das keinen Spaß mehr“oder auch die Sprüche von Vorzeige-Bayer

Warum nicht hier ansetzen und die ohnehin schräge Liga für Experiment­e nutzen, anstatt sie bieder aufgrund des Mammons herunterzu­spielen? Wieso nicht Spieler, Trainer und Schiedsric­hter mit Mikrophone­n ausstatten und die Gespräche die Stille der fehlenden Fans übertönen lassen? Kein hinter der Hand versteckte­s Gebrabbel, nur klare Kante und Emotionen. Für die Glaubwürdi­gkeit, für die Spannung, für die Liga. Zeit für neue Zeiten.

Steffen Baumgart Müller. Thomas

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FOTO: LARS BARON/AFP Mehr Baumgart wagen: Steffen Baumgart ist echt – und laut.
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