Zeit für neue Zeiten
Irgendwie hofft man es ja insgeheim dann doch immer – zumindest als Fußballfan, der nicht durchgängig imaginär das rote Leibchen mit den mittlerweile viel zu vielen über dem Wappen aufgenähten Meister-Sternen trägt und dauernd unüberhörbar „Stern des Südens“vor sich hinsummt: dass der FC Ruhmreich dann doch noch strauchelt. Wenn schon nicht gegen die Verfolger von Borussia Dortmund (irgendwie hatte man es ja schon vorher gewusst), dann möge der FC Bayern München doch endlich mal wieder gegen einen Kleinen (jaja, die gibt es ja nicht mehr, in der Bundesliga aber doch) verlieren.
Doch während man sich noch an den Dreierpack von
gegen den Rekordmeister erinnerte, versenkte der Primus Fortuna Düsseldorf kaltblütig und ungefährdet mit 5:0. Und damit auch weitere Hoffnungen, dass am Ende dieser ohnehin nicht schon außergewöhnlichen Saison ein anderes Team als die Münchner die Schale gen Himmel streckt. Dass sie dies nur im exklusiven Kreis zelebrieren dürfen, ist ebenfalls kein Trost. Acht (!) Titel in Folge, jeder andere Ausgang der Bundesliga gliche schon einem Science-Fiction-Roman.
Dodi Lukebakio
Wie dem auch sei, Spannung muss her, in dieser Liga. Italienische und französische Meisterverhältnisse haben wir hierzulande ja bereits. Noch Juveesker oder PSGiger muss es dann doch nicht werden. Doch wie das anstellen? Dass die Bayern selber einen Gang zurückschalten werden, ist unwahrscheinlich. Der Bösinger FCB-Antreiber droht immerhin bereits: „Wir wollen es nicht mehr spannend machen.“Also auf die Konkurrenz hoffen? Wohl ebenfalls wenig erfolgversprechend. „Vielleicht fehlt ein Stück weit die Siegermentalität in den Topspielen“, sagte der frühere BVB-Keeper über das Innenleben seiner Ex-Kollegen. Dortmunds Sportdirektor
ist von mutigen, wenn auch aussichtslosen Kampfansagen ebenfalls weit entfernt, sagte gar gönnerhaft: „Es ist klar, Bayern wird am Ende wieder deutscher Meister und
Zorc Joshua Kimmich Roman Weidenfeller Michael
deshalb brauchen wir eine neue Zielsetzung.“Bleibt also nur die Hoffnung auf die Davids der Bundesliga, die sich dem mächtigen Goliath weiterhin heldenhaft in den Weg werfen und ab und an obsiegen? ... Die Antwort lassen wir an dieser Stelle aus, zitieren wohl nur Fortuna-Profi
„Als das 5:0 gefallen ist und ich gesehen habe, wie lange noch zu spielen ist, habe ich kurz mal schlucken müssen.“
André Hoffmann:
Vielleicht wäre es unter diesen Voraussetzungen dann doch für die Zukunft sinnhafter, den finanziell um Galaxien enteilten Rekordmeister ganz ziehen zu lassen. Möglicherweise schickt man den BVB mit einem aufmunternden Klapps noch hintendrein. Geht’s raus und spielts mit euren neuen Freunden. Paris, Juventus, Manchester, Liverpool, sollen sie sich doch wöchentlich um die Krone der Welt balgen, die Bundesliga
hätte endlich wieder so etwas wie einen Wettbewerb. Die BayernFans könnten ihren Heroen zujubeln und auch alle anderen könnten eventuell – ganz eventuell – in dieser Superliga auch zu den Roten halten, pfuschen die dann doch nicht mehr in den heimischen Wettbewerb hinein. Ein auf die Spitze getriebener Kommerz also als Rettung der Bundesliga? Wer weiß und wohl in der Zukunft notwendig zu diskutieren.
Bliebe noch die verbleibenden fünf Spieltage der aktuellen Saison mit Spannung zu füllen. So ohne Zuschauer, große Emotionen und Aggressionen bleibt da nicht mehr viel. La dolce Calcio allein ist nicht immer die Lösung. Herausragend und durchaus unterhaltend sind in dieser surrealen Fußballwelt aktuell vor allem die Eindrücke, die sonst im verborgenen Geschehen. Paderborns Trainer mit seinen nimmermüden Einlassungen von „Man ey,“über „So macht das keinen Spaß mehr“oder auch die Sprüche von Vorzeige-Bayer
Warum nicht hier ansetzen und die ohnehin schräge Liga für Experimente nutzen, anstatt sie bieder aufgrund des Mammons herunterzuspielen? Wieso nicht Spieler, Trainer und Schiedsrichter mit Mikrophonen ausstatten und die Gespräche die Stille der fehlenden Fans übertönen lassen? Kein hinter der Hand verstecktes Gebrabbel, nur klare Kante und Emotionen. Für die Glaubwürdigkeit, für die Spannung, für die Liga. Zeit für neue Zeiten.
Steffen Baumgart Müller. Thomas