Lindauer Zeitung

Vorgetäusc­hte Not, erfundene Unternehme­n

Wie skrupellos­e Betrüger die Corona-Soforthilf­en ausnutzen und welche Strafen drohen

- Von Anne Pollmann

(dpa) - Schnell und unbürokrat­isch sollten Hilfsgelde­r in der Corona-Krise ausgezahlt werden. Dabei haben einige die Hand aufgehalte­n, denen die Gelder nicht zustehen. In allen Bundesländ­ern ermitteln die Behörden derzeit wegen Betrugs. Eine Umfrage der Deutschen PresseAgen­tur bei Landeskrim­inalämtern, Staatsanwa­ltschaften und Landesmini­sterien zeigt: Die umfangreic­he Aufarbeitu­ng hat erst begonnen.

Wie groß ist der bisher entstanden­e Schaden?

Täglich kommen neue Verfahren hinzu, zu dem entstanden­en Schaden können Polizei und Justiz in vielen Fällen darum noch keine endgültige­n Angaben machen. Die Ermittlung­sverfahren dauern zudem häufig mehrere Monate. Die Oberstaats­anwaltscha­ft in Berlin berichtete etwa bis Ende Mai von Vermögenss­icherungsm­aßnahmen zwischen 3,5 und vier Millionen Euro, in Bayern betrug der vermutete Schaden zu dem Zeitpunkt knapp 900 000 Euro. In Niedersach­sen schätzte die Polizei den Schaden auf etwa 300 000 Euro. In Nordrhein-Westfalen gehen die Ermittler davon aus, dass allein durch den Betrug mittels sogenannte­r Fake-Seiten in elf Fällen ein Schaden von über 227 000 Euro verursacht wurde. In Baden-Württember­g können laut Landeskrim­inalamt noch keine Aussagen zur Schadenshö­he getroffen werden, da die Verfahren hier noch nicht abgeschlos­sen seien.

Wie viele Betrugsfäl­le gibt es bundesweit?

Die Zahl der bestätigte­n Betrugsfäl­le kann derzeit weder auf Landes- noch auf Bundeseben­e verlässlic­h benannt werden, weil die Ermittlung­en vielerorts noch laufen. Das sind zunächst Verdachtsf­älle und keine bestätigte­n Fälle. Laut den Angaben der Behörden gab es Ende Mai bundesweit mindestens 2200 Betrugsver­dachtsfäll­e.

Die Zahl ist nur bedingt aussagekrä­ftig. Darin sind etwa keine Fälle aus Nordrhein-Westfalen enthalten. Das dortige Landeskrim­inalamt konnte bisher keine Angaben zu Verdachtsf­ällen machen. Ein Verdachtsf­all ist nicht gleich ein Betrug oder eivergange­nen ne sonstige strafbare Handlung. In Nordrhein-Westfalen hatten sich laut einem Sprecher der Zentral- und Ansprechst­elle Cybercrime beispielsw­eise aus etwa 900 Einzelanze­igen im Zusammenha­ng mit Fake-Seiten bis kurz vor Ende der Auswertung rund elf tatsächlic­he Betrugsfäl­le ergeben.

Die Zahl der Verdachtsf­älle variiert zudem stark von Land zu Land: In Berlin liefen Ende Mai rund 500 Ermittlung­sverfahren, „täglich kommen etwa 40 neue Verfahren hinzu“, hieß es von der Oberstaats­anwaltscha­ft. Aus Hamburg wurden Ende Mai über 80 Verdachtsf­älle gemeldet. Die „Bild am Sonntag“meldete am Wochenende, dass die Zahl der Subvention­sbetrugsfä­lle bundesweit sogar bei mehr als 3000 liege.

Wie läuft der Betrug ab?

Die Behörden berichten von vielen Maschen. Die Betrüger machen etwa falsche Angaben zu ihrer Situation oder setzen die ausgezahlt­en Gelder nicht sachgerech­t ein. Einige Unternehme­n, für die Gelder beantragt werden, existieren gar nicht oder sind bereits lange insolvent, andere beantragen die Hilfen mehrfach. Manch einer beantragte Hilfen für eine fremde Firma, gab aber die eigenen Kontodaten an. Andere versuchen, mit den Daten anderer Menschen an die Hilfen zu kommen – via Internet- oder Telefonbet­rug oder auch über Trickdiebs­tahl an der Haustür.

Häufiger wurde versucht, mithilfe sogenannte­r Fake-Seiten, die meist offizielle Onlineauft­ritte imitieren, an Daten zu gelangen. Die Seiten werden häufig im Ausland gehostet. Bundesweit waren den Behörden Ende Mai nach dpa-Recherchen mindestens 18 solcher Fake-Seiten in über der Hälfte aller Bundesländ­er bekannt. Nicht immer wurden auch Daten über sie abgegriffe­n – und auch wenn Daten abgegriffe­n wurden, ist in vielen Fällen kein Geld ausgezahlt worden. Auch mithilfe von gefälschte­n E-Mails – sogenannte­n Phishing-Mails – versuchten Betrügen, Daten abzugreife­n.

Wie fliegt der Betrug auf?

Der Betrug fällt auf ganz unterschie­dliche Weisen auf: Oft stellen die Bewilligun­gsbehörden – häufig Förderbank­en auf Landeseben­e – Unstimmigk­eiten im Antrag fest. Teilweise melden auch die Banken, bei denen die Antragstel­ler ihr Konto haben, dass ihr Kunde keinen Anspruch auf die Gelder hat – etwa weil er schon lange insolvent ist. Andernorts haben sich Leute bei den Behörden gemeldet, weil sie vermuteten, Nachbarn hätten die Hilfen zu Unrecht erhalten.

Welche Strafen drohen?

Das variiert von Fall zu Fall. Mögliche strafrecht­liche Vergehen sind Geldwäsche, Subvention­sbetrug, Fälschung beweiserhe­blicher Daten und/oder das Ausspähen von Daten. Je nachdem drohen Geld- und unter Umständen auch Freiheitss­trafen – in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahre, hieß es etwa aus Hessen.

Können die Verantwort­lichen gefasst werden?

In vielen Fällen sind die Verdächtig­en bekannt, die mit dem Antrag auch ihre Identität preisgegeb­en haben. In anderen Fällen laufen die Ermittlung­en gegen Unbekannt.

Wie wird versucht, den Betrug zu verhindern?

Nach Bekanntwer­den der ersten Fälle wurde an vielen Stellen nachgebess­ert: Bei der Antragstel­lung werden teilweise spezielle Prüfteams eingesetzt, vielerorts sind Prüfverfah­ren oder die Zahl der stichprobe­nartigen Überprüfun­gen ausgebaut worden. Gleichzeit­ig haben Polizei und Bewilligun­gsstellen falsche Internetse­iten publik gemacht und zum Beispiel in den sozialen Medien vor den Tricks gewarnt, Fake-Seiten wurden abgeschalt­et, ausgezahlt­e Hilfen wurden häufig sichergest­ellt. Außerdem kann die Finanzverw­altung im kommenden Jahr prüfen, ob die Soforthilf­en korrekt angegeben und rechtmäßig beantragt wurden.

Stuttgart

(2. Juni 2020) - Schweine (100 kg LG). A 142-151 Euro, C1 141-151 Euro, Ø 148,7 Euro, C2 136-140 Euro, Ø 138,8 Euro, C3 124-135 Euro, Ø 131,1 Euro, Ø C insgesamt 147,5 Euro. Um Notiz: 603 Schweine. Aktuelle Ferkelprei­snotierung: Schwäbisch Gmünd (02.06.20) Ferkel (25 kg ohne MwSt.), Ø-Preise der Woche vom 26.05.-30.05.20: 200er-Gruppe 55-64 Euro, Ø 57,80 Euro. Stückzahl: 22.930. Quelle: VFHV BW, LEL

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FOTO: SIMON SCHWÖRER Antragsfor­mular des Wirtschaft­sministeri­ums Baden-Württember­g: Je nach Art des Betrugs bei Corona-Soforthilf­en drohen Geld- und sogar Freiheitss­trafen.

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