Wie radfreundlich ist Lindenberg?
Alle Ratsfraktionen wollen die Bedingungen für Radler in Lindenberg verbessern – Grünen-Antrag scheitert
- Die Stadt Lindenberg muss mehr für Radler tun. Da sind sich Verwaltung und Stadträte weitgehend einig. Doch wenn es um Details geht, gehen die Meinungen auseinander. Das zeigt ein Antrag der Grünen: Nach ihrem Willen soll Lindenberg Mitglied in der „Arbeitsgemeinschaft klimafreundliche Kommunen in Bayern“(AGFK) werden. „Es geht um Sicherheit und neue Mobilität in Lindenberg. Da passiert mir in Lindenberg zu wenig“, begründete ihr Fraktionssprecher Thomas Kühnel das. Mit 17 gegen acht Stimmen lehnten die Räte einen Aufnahmeantrag in die AGFK aber ab. Der kommt nach Ansicht der Ratsmehrheit zu früh und wäre mit zu viel Aufwand verbunden. Allerdings können sich alle Fraktionen eine Bürgerwerkstatt zum Thema Radverkehr vorstellen.
Lindenberg bemüht sich seit ein paar Jahren, den Radverkehr zu stärken. Sicherheitsstreifen auf den Hauptverkehrswegen, neue Radständer und der Radweg Richtung Röthenbach und Scheidegg gehören dazu. In Auftrag geben wird die 11500-Einwohner-Stadt auch ein Mobilitätskonzept. Das beschränkt sich nicht auf den Autoverkehr. Es wird dabei ausdrücklich auch um Nahverkehr, Radler und Fußgänger gehen.
Auf das Ergebnis warten wollen die Grünen freilich nicht. Ihnen passiert in der Stadt in Sachen Fahrrad zu wenig. Das Auto sei in Lindenberg eine heilige Kuh, sagte Kühnel: „Priorität ist Autofahren, Autofahren, Autofahren und Parkplätze, Parkplätze, Parkplätze“. Um den Radverkehr zu stärken, sehen die Grünen eine Mitgliedschaft im AGFK als geeignetes Mittel an. Dem Netzwerk gehören mittlerweile 77 Landkreise, Städte und Gemeinden in Bayern an, darunter Lindau und Sonthofen. Der Verein unterstützt sie in der Öffentlichkeitsarbeit. Zudem tauschen sich die Mitglieder aus und entwickeln konkrete Projekte. Das Ziel ist dabei immer, den Radverkehr zu fördern und die Verkehrssicherheit von Radlern zu erhöhen. Vier Jahre haben Kommunen nach einem Antrag auf Mitgliedschaft Zeit, dann prüft eine Kommission, ob die Gemeinde oder Stadt sich „Fahrradfreundliche Kommune in Bayern“nennen darf. Für die Mitgliedschaft in dem Verein müsste Lindenberg im Jahr 1000 Euro berappen.
Allerdings steht die Verwaltung einer Mitgliedschaft im AGFK eher kritisch gegenüber. Es sei der falsche Zeitpunkt für einen Beitritt, argumentierte Bürgermeister Eric Ballerstedt. Sinnvoller sei es, das Thema zurückzustellen, bis das Mobilitätskonzept vorliege und dann darauf aufbauend ein Konzept zu entwickeln mit dem Fokus aufs Radfahren. Zudem sei es allein mit der Mitgliedschaft im Verein und dem Austausch mit anderen Kommunen nicht getan. Ballerstedt: „Ich muss jemand abstellen, der die Infos aufnimmt, bündelt und weitergibt. Die Leute haben wir nicht“. Dafür sei mindestens eine Halbtagesstelle im Rathaus nötig.
Die gleichen Argumente führte CSU-Fraktionssprecher Ludwig Gehring ins Feld. Er riet dazu, das Geld lieber in eine Bürgerwerkstatt zu investieren, um die Menschen in Sachen Radverkehr mitzunehmen. Allerdings äußerte er auch Zweifel, ob sich am Verkehr in Lindenberg etwas grundsätzlich ändert. „Ob die Leute lieber mit dem Rad zum Einkaufen fahren, weiß ich nicht. Wenn es regnet, bestimmt nicht.“
Wie die CSU rieten die Freien Wähler, erst einmal das Mobilitätskonzept abzuwarten. Das habe viele Bausteine, sagte FW-Sprecher Florian Weber. „Ein wichtiger davon ist Radfahren“. Verbesserungen für Radler halten auch die SPD/ULLi für nötig. „Da müssen wir nicht drüber reden“, sagte ihr Sprecher Helmut Wiedemann. Allerdings riet auch er dazu, das Mobilitätskonzept abzuwarten und „zu schauen, was es bringt.“Angesichts der Debatte und der Erklärung aller Fraktionen, etwas fürs Radfahren tun zu wollen, sprach Bürgermeister Ballerstedt von einer „etwas akademischen Diskussion“. Den von verschiedenen Räten geäußerten Wunsch an die Grünen, ihren Antrag zurückzustellen, lehnte deren Sprecher ab. Kühnel: „Wir kommen eher zwei Jahre zu spät“.