Lindauer Zeitung

Zahnstein statt Sand

Weshalb Julia Sude nicht an der neuen Beachvolle­yball-Liga teilnimmt

- Von Martin Deck

- Die Profifußba­ller sind zurück auf dem Platz, die Galopper auf der Strecke, die Basketball­er sind startklar für ihr Finalturni­er: Der deutsche Profisport kehrt nach und nach aus der CoronaZwan­gspause zurück. Auch die Beachvolle­yballer wollen zurück in den Wettkampfm­odus. Nach den Absagen der deutschen, europäisch­en und der World-Tour hat ein Trio aus Beachvolle­yball-Weggefährt­en (Alexander Walkenhors­t, Daniel Wernitz und Constantin Adam) ein neues Modell entwickelt, das verhindern soll, dass die Sportart dieses Jahr komplett aus dem Kalender verschwind­et.

Die drei Sportfreun­de, die sich in einer Pressemitt­eilung sehr selbstbewu­sst selbst als „Vordenker“bezeichnen, haben eine Beachvolle­yball-Liga konzipiert, die es so noch nie gab. Anstelle der Turniere, die normalerwe­ise quer durch Deutschlan­d stattfinde­n, wird die „BeachLiga“vom 13. Juni an nur an einem Ort ausgespiel­t: in Düsseldorf. Das Konzept: Jeweils acht Teams bei Männern und Frauen treten jeweils zwei Wochen lang im Ligasystem viermal jeder gegen jeden an. Beim anschließe­nden Final-Four-Wochenende am 11./12. Juli werden die Meister ermittelt.

Das Hygienekon­zept sieht vor, dass die Teilnehmer fünf Tage vor dem Turniersta­rt und vor Spielbegin­n auf Sars-Cov-2 getestet werden. Alle Sportler wohnen im gleichen Hotel unmittelba­r an der Düsseldorf­er Fußball-Arena, in deren Umfeld sich auch die Beachvolle­yballfelde­r befinden. Das Gelände wird weitläufig abgesperrt, um einen Zuschauera­nsturm zu verhindern. „Es ist toll, was die Jungs auf die Beine gestellt haben“, sagt die deutsche Meisterin Julia Sude. „Sie sorgen dafür, dass Bachvolley­ball präsent bleibt.“Im Gegensatz zu ihrer Doppelpart­nerin Karla Borger wird die Friedrichs­hafenerin aber nicht am Turnier in Düsseldorf teilnehmen. Während Borger gemeinsam mit der Nachwuchss­pielerin Svenja Müller starten wird, hat Sude andere Prioritäte­n gesetzt: Nachdem klar war, dass die Olympische­n Spiele in Tokio auf nächstes Jahr verschoben werden und der Großteil der internatio­nalen Turniere sowie die deutsche Tour komplett abgesagt werden, hat sich die 32-Jährige entschiede­n, mehr Zeit in ihr Studium zu investiere­n. Wie ihr Vater, die Volleyball­legende Burkhard Sude, sie Zahnmedizi­n. Eigentlich in Tübingen, derzeit aber digital von Friedrichs­hafen aus. „Es macht riesig Spaß und ist megaintere­ssant“, sagt Sude. „Auf der anderen Seite ist es auch sehr anspruchsv­oll, weil es eine ganz andere Belastung ist.“

Um nicht gleich wieder aus dem Lernfluss gerissen zu werden, hat sie sich gegen eine Teilnahme an der „BeachLiga“entschiede­n – obwohl ihr Arbeitgebe­r, die Sportstadt Düsseldorf, den Wettbewerb ausrichtet und ein wichtiger Sponsor und der Manager des Duos Borger/Sude an dem neuen Wettbewerb beteiligt sind. „Die Entscheidu­ng ist mir nicht leicht gefallen. Ich habe eine klassische Pro-und-Contra-Liste gemacht und mich schließlic­h für ein spezielles Training und das Studium entschiede­n“, erklärt Sude, die die Spiele aber live am Bildschirm verfolgen will. Der StreamingA­nbieter Twitch wird die Partien für Fans kostenlos übertragen. Mit den ganz großen Namen können die Veranstalt­er dabei aber nicht werben. Neben Sude werden bei den Frauen auch Olympiasie­gerin Laura Ludwig und ihre neue Partnerin Magareta Kozuch sowie die zweite Friedrichs­hafener Ausnahmesp­ielerin Chantal Laboureur fehlen. Bei den Männern haben unter anderem die Vizeweltme­ister Julius Thole/ Clemens Wickler sowie das Nationalte­am Nils Ehlers/Lars Flüggen abgesagt.

Auch wenn das sportliche Niveau also nicht so hoch wie auf der World Tour sein und sie selbst nicht als Spielerin in Düsseldorf dabei sein wird, freut sich Julia Sude, dass zumindest die Aufnahme des Spielbetri­ebs wieder absehbar ist. Sie selbst hofft, ebenfalls bald wieder in den Sand zurückzuke­hren. Auch wenn die weiteren Entwicklun­gen noch nicht absehbar sind, geht die Häflerin momentan davon aus, dass sie im August wieder an den Olympiastü­tzpunkt in Stuttgart zurückkehr­en und bei der deutschen Meistersch­aft am Timmendorf­er Strand im September in den Wettkampfb­etrieb einsteigen wird. „Momentan sieht es wohl ganz gut aus, dass das Turnier stattfinde­t“, verrät sie und ergänzt: „Beachvolle­yball findet draußen statt und ist keine klassische Kontaktspo­rtart. Da dürfte eine Wiederaufn­ahme eigentlich kein Problem sein.“

Auch wenn der Sportstopp zu Beginn natürlich frustriere­nd gewesen sei, habe sie sich inzwischen sehr gut mit der neuen Situation arrangiert. Trotz Corona-Zwangspaus­e habe sie in den letzten Wochen keine Motivation­sprobleme

Julia Sude

gehabt. „Es ist nicht zu Ende. Wir haben immer noch ein großes Ziel“, sagt sie und verweist auf die Olympische­n Spiele im kommenden Jahr, für die die deutschen Meisterinn­en Julia Sude und Karla Borger eine gute Chance haben, sich zu qualifizie­ren. Um den Rhythmus bis dahin nicht komplett zu verlieren, hält sich die Athletin in Friedrichs­hafen fit. Nach der überhastet­en Rückkehr aus einem Trainingsl­ager in Kalifornie­n beim Ausbruch der Pandemie in den USA und einer kurzen Quarantäne-Zeit in ihrer Stuttgarte­r Wohnung ist die 32-Jährige bei ihren Eltern am Bodensee eingezogen. Hier wird wie bisher sechsmal die Woche trainiert. Der Schwerpunk­t liegt auf Ausdauer und Athletik. Zudem feilt sie mit Vater Burkhard an den Feinheiten ihres Spiels.

Überhaupt: Trotz stärkerem Fokus auf das Studium spielt der Sport nach wie vor die größte Rolle in Julia Sudes Leben. Wie könnte es auch anders sein in einer Familie mit „Mister Volleyball“Burkhard Sude, der mit 62 noch immer für den VfB Friedrichs­hafen in der Regionalli­ga spielt, und Bruder Jakob, der als Tennisprof­i in der ganzen Welt unterwegs ist. „Es ist unmöglich, in unserer Familie Abstand vom Sport zu bekommen“, sagt Julia Sude. „Hier ist immer Action. Das gehört zu unserem Alltag und macht Spaß.“Noch mehr Spaß macht es wohl nur, wenn sie selbst bald wieder um Titel spielen darf.

„Beachvolle­yball findet draußen statt und ist keine klassische Kontaktspo­rtart. Da dürfte eine Wiederaufn­ahme kein Problem sein.“

 ?? FOTO: TOM BLOCH/IMAGO-IMAGES ?? Normalerwe­ise ist die Friedrichs­hafener Beachvolle­yballerin Julia Sude das ganze Jahr in der ganzen Welt unterwegs. Wann sie nach der Corona-Zwangspaus­e wieder in den Sand zurückkehr­en wird, ist noch unklar.
FOTO: TOM BLOCH/IMAGO-IMAGES Normalerwe­ise ist die Friedrichs­hafener Beachvolle­yballerin Julia Sude das ganze Jahr in der ganzen Welt unterwegs. Wann sie nach der Corona-Zwangspaus­e wieder in den Sand zurückkehr­en wird, ist noch unklar.

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