Es geht um mehr als den Urlaub
Auf den ersten Blick scheint vor allem der Sommerurlaub gerettet. Bergwandern, Adria und Flugreisen werden wieder möglich. Auf den zweiten Blick geht es aber – so wichtig für viele Familien die Ferien nach den Corona-Einschränkungen sind – um deutlich mehr: Mit der Aufhebung der uneingeschränkten Reisewarnung für europäische Staaten wirft die Bundesregierung Mitte Juni den Hilfsmotor für die Belebung der Wirtschaft an.
Das umstrittene Konjunkturprogramm für Deutschland wird auf mittlere und lange Sicht nicht die Wirkung erzielen, die vom EU-Binnenmarkt ausgeht und von dem die Bundesrepublik seit Jahrzehnten profitiert. Industrie und Handel brauchen den Schengen-Raum, der Personenfreizügigkeit garantiert und der für die USA wie für China eine Konkurrenzbeschreibung darstellt. So weit, so richtig.
Ärgerlich ist indes, dass Österreich vorprescht. Warum Wien die Grenze am 4. Juni offensichtlich ohne bilaterales Gespräch mit Berlin öffnet und damit für Unklarheit sorgt, ist wohl mit der Eitelkeit der handelnden Personen zu erklären. Es geht gerade einmal um zehn Tage, jedoch um zehn Tage in den Pfingstferien. Die vergangenen Monate haben doch eindeutig gezeigt, wie wichtig in Europa ein mit– und aufeinander abgestimmtes Handeln ist.
Deshalb bleibt an die Reisewilligen der Appell an die Vernunft, den etwa Außenminister Heiko Maas mit der Warnung verband, es werde keine erneuten Rückholaktionen geben. Wer in naher Zukunft ins Ausland reisen möchte, der sollte von vornherein bedenken, dass er möglicherweise wegen eines Aufflackerns des Virus für mehr als nur ein paar Urlaubstage feststecken könnte.
Ohnehin hat der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit einen Rat für die kommenden Monate parat. Überall würden die von Corona gestressten Menschen an das Virus erinnert, nur nicht im Wald. Spaziergänge dort seien zum Abschalten perfekt – und Wald haben wir hierzulande genug. Die Gastronomen und Hoteliers im Südwesten dürften sich freuen.