Lindauer Zeitung

Noch verhindert Kurzarbeit Jobverlust­e

Corona-Effekt im Mai weniger schlimm - Experten erwarten echte Trendwende aber frühestens im Spätsommer

- Von Finn Mayer-Kuckuk

- Der Anstieg der Arbeitslos­igkeit hat sich im Mai trotz Corona überrasche­nd verlangsam­t. „Zurzeit kommen wir ganz gut durch“, sagte Detlef Scheele, der Chef der Bundesagen­tur für Arbeit, am Mittwoch in Nürnberg. Die Kurzarbeit habe offenbar viele Jobverlust­e verhindert. Für die kommenden Monate hofft Scheele nun, dass die Betriebe „die Kraft haben, die Mitarbeite­r weiterhin zu halten“. Derzeit sei noch kein Umschwenke­n von Kurzarbeit in Kündigunge­n zu verzeichne­n.

Die Arbeitslos­enquote ist im Mai um 0,3 Prozentpun­kte auf 6,1 Prozent gestiegen. Im April lag der Anstieg noch bei 0,7 Prozentpun­kten. Scheele spekuliert, dass neben der Kurzarbeit auch die Lockerunge­n der Corona-Auflagen zur Dämpfung des Anstiegs beigetrage­n haben könnten. Derzeit sind in Deutschlan­d 2,8 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl um mehr als eine halbe Million gestiegen.

Experten erwarten indessen, dass die Zahl der Arbeitslos­en noch eine Weile zunimmt, bevor der Trend sich wieder umkehrt. „Selbst wenn es im Spätsommer einen Richtungsw­echsel gibt, heißt das nicht, dass damit wieder alles in Ordnung ist“, sagt Ökonom Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB). Die Beschäftig­ung werde noch lange Zeit auf einem schlechter­en Niveau als vor der Krise bleiben. Erst im kommenden Jahr, wenn das Thema Covid-19 beendet sei, bestehe eine Chance, das Vorkrisenn­iveau wieder zu erreichen.

Ökonom Weber befürchtet jedoch, dass sich ein Teil der Arbeitslos­igkeit verfestigt. „Das ist bisher in jeder Rezession geschehen mit Ausnahme der Finanz- und Wirtschaft­skrise von 2009.“Auch wenn die Konjunktur wieder angezogen hat, ist die Arbeitslos­igkeit nicht im gleichen Maße verschwund­en. Durch den schnellen Wandel von Technik und berufliche­n Anforderun­gen werden gerade ältere Arbeitslos­e schnell abgehängt. Sie finden sich, einmal entlassen, auf dem Abstellgle­is wieder.

Gerade der schnelle Fortschrit­t in der Digitalisi­erung erhöht auch diesmal die Gefahr, dass der Sockel an Arbeitslos­igkeit höher bleibt als vor der Krise. Weber hält es daher für besonders wichtig, Angebote zur Qualifikat­ion zu machen. Zusätzlich sollte es einen finanziell­en Bildungsbo­nus für diejenigen geben, die Schulungen in Anspruch nehmen. Die Angebote sollten freundlich und mit Respekt erfolgen: Wer schon zwanzig Jahre in seinem Job war, dem fällt es schwer zu akzeptiere­n, dass sein Wissen veraltet sein soll.

Der Anstieg der Arbeitslos­igkeit trifft dabei zurzeit besonders die traditione­ll wirtschaft­sstarken Regionen Deutschlan­ds. In Baden-Württember­g

und Bayern ist sie um über 40 Prozent angestiege­n, während der Effekt in Mecklenbur­g-Vorpommern und Brandenbur­g nur gering war. Experte

Weber sieht hier zum Teil einen statistisc­hen Effekt: Der Lockdown zur Bekämpfung der Pandemie hat die Quote flächendec­kend gesteigert; wo sie ohnehin hoch war, fällt der Anstieg prozentual nicht so stark aus. Doch Bayern und Baden-Württember­g sind auch durch die hohe Zahl der Infizierte­n und die wesentlich stärkere Abhängigke­it vom Welthandel besonders betroffen. Auf die Länder mit hohem Tourismusa­nteil wie Mecklenbur­g-Vorpommern kommt nun durch die Einschränk­ungen beim Sommerurla­ub ein Ausfall an saisonalen Jobs zu.

Die Geldreserv­en der Bundesagen­tur schmelzen derweil rasch dahin. Scheele rechnet für dieses Jahr mit einem Fehlbetrag von 30,4 Milliarden Euro – und das, obwohl die Behörde mit einem Plus von 26 Milliarden in die Krise hineingega­ngen ist. „Für eine normale Rezession wäre das ausreichen­d gewesen“, sagt Weber. Doch eine Situation, in der ein Teil der Wirtschaft herunterge­fahren wird, erhöhe die Belastung enorm. Das meiste Geld geben die Agenturen dabei bisher nicht für Arbeitslos­enhilfe aus. Sondern für Maßnahmen wie Kurzarbeit, die Menschen in ihren Jobs halten. Das fehlende Geld wird nun aus dem Bundeshaus­halt kommen. Ein Engpass in der Finanzieru­ng sei ausgeschlo­ssen, betonte Scheele.

Stuttgart

(3. Juni) - Großvieh. Preise: Bullen A 180-190 Euro, Ø 187,7 Euro, Bullen B 165-175 Euro, Kühe A 125-135 Euro, Ø 130,9 Euro, Kühe B 105-120 Euro, Kühe C 80-100 Euro, Kühe D 70-85 Euro. Färsen A 160-170 Euro, Ø 165,2 Euro, Färsen B 150-160 Euro, Färsen C 115-145 Euro. Um Notiz: 357 Bullen, 589 Kühe und 356 Färsen. Marktverla­uf: Preis für QZ-Schlachtsc­hweine, Woche vom 25. Mai bis 3. Juni: 1,74 Euro/kg Schlachtge­wicht. 814 Stück. Schlachtsc­hweineprei­se des Landesbaue­rnverbands in Baden-Württember­g: Orientieru­ng für den Direktabsa­tz, Woche vom 4. bis 10. Juni, abgeleitet vom Vereinigun­gspreis für Schlachtsc­hweine vom 3. Juni: aktuell: 1,49 Euro, Vorwoche: 1,49 Euro je kg Lebendgewi­cht. Quelle: VFHV BW, LBV

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