Krankheiten frühzeitig erkennen
Meine Oma ging früher jeden Abend eine kleine Runde spazieren. Und zwar in ihrem eigenen Garten. Dabei hielt sie mit ihren Nachbarn ein kleines Schwätzchen und schaute so ganz nebenbei, ob in ihren Nutz- und Blumenbeeten alles in Ordnung sei. In ihrer Kittelschürze trug sie ein kleines Messerchen mit sich. Damit konnte sie hier und dort einen kranken Trieb oder eine faule Stelle abschneiden. Neu entstandene Krankheitsherde entdeckte sie frühzeitig und konnte so rechtzeitig eingreifen. Durch diesen regelmäßigen Kontrollgang hatte sie ihren Garten gut im Blick.
Die Zeiten ändern sich und nicht jeder Hobbygärtner hat heutzutage die Muße und Zeit zu so einem wiederkehrenden Rundgang durch den eigenen Garten. Der Nachteil liegt jedoch auf der Hand. Ein Befall der Pflanzen mit einem Krankheitserreger oder Schädling wird erst später bemerkt. Manchmal leider zu spät, sodass eine Rettung beziehungsweise Heilung einer Pflanze nicht mehr möglich ist. Daher kann ich Ihnen nur ans Herz legen, sich die Zeit zu nehmen häufiger durch Ihren Garten zu schlendern. Ich bin mir sicher, Ihnen fällt durch das regelmäßige Beobachten sofort auf, wenn etwas mit Ihren Gartenpflanzen nicht stimmt. Vielleicht haben Sie dann auch Ihre Gartenschere oder ähnliches zur Hand und schneiden hier und dort etwas „Auffälliges“ab. Anders als meine Oma damals sollten Sie zusätzlich allerdings noch ein Fläschchen Desinfektionsmittel oder Spiritus mit sich tragen. Nach heutigem Wissensstand ist es wichtig, das Schneidewerkzeug nach jedem Einsatz zu reinigen. So geben Sie Krankheitserregern keine Chance, weil Sie vermeiden, dass sie von Pflanze zu Pflanze getragen werden.
Tina Balke ist Pflanzenärztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpflanzenbesitzer ebenso wie Profi-Gärtner, die Probleme mit erkrankten oder schädlingsbefallenen Pflanzen haben. Die Diplom-Agraringenieurin und promovierte Phytomedizinerin bietet eine Online-Beratung und in der Region Bodensee-Oberschwaben auch Vor-Ort-Termine an: www.die-pflanzenaerztin.de
Coriander ist schon ein attraktiver Typ, das muss man ihm lassen. Kräftig, eindrucksvoll, 22 Jahre alt. Und auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Bessies eigener Partner dagegen, nun ja: Mit 36 hat George seine besten Tage hinter sich. Andere Männer in seinem Alter sind schon längst wieder Singles. Und auch bei ihm hat die Anziehungskraft aufs andere Geschlecht merklich nachgelassen. Während er früher problemlos einen ganzen Harem um sich scharen konnte, ist Bessie nun die Einzige, die ihm noch die Treue hält. Mit der Betonung auf „noch“. Zwar ist auch sie schon eine reifere Dame, etwa in Georges Alter. Und zugegeben: Sohn Franklin ist erst vier und damit noch ziemlich klein, um ihn im Stich zu lassen. Aber soll sie sich davon aufhalten lassen? Wäre es nicht doch eine gute Idee, noch mal ein neues Leben anzufangen, an der Seite eines Jüngeren?
Solche Fragen sind für Bessie und andere Westliche Flachlandgorillas wohl nicht wesentlich leichter zu beantworten als für Menschen. Entsprechend unterschiedlich fallen die Entscheidungen auch aus. „Wir haben beobachtet, dass manche Weibchen jedes Mal in eine andere Gruppe wechseln, wenn sie ihren Nachwuchs entwöhnt haben“, berichtet Marie Manguette vom Max-PlanckInstitut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. „Andere bleiben dagegen bis zu zwanzig Jahre lang bei demselben Männchen.“
Warum aber wählen die Tiere mal die eine Lösung und mal die andere? Um das herauszufinden, haben Marie Manguette und ihre Kollegen Daten aus einer Langzeitstudie in der Forschungsstation Mbeli Bai im Norden der Republik Kongo ausgewertet. Über zwanzig Jahre hinweg ließen sich so die Lebens- und Beziehungsgeschichten von hundert Weibchen und 229 Säuglingen aus 36 Gorilla-Gruppen rekonstruieren. Die Forscher wollten wissen, ob die Weibchen ihre Entscheidung für oder gegen einen alternden Gefährten vielleicht ganz nüchtern von den Überlebenschancen ihres Nachwuchses abhängig machen.
Naheliegend wäre das. Denn der Schutz der nächsten Generation gehört für den männlichen Anführer einer Gorilla-Gruppe zu den wichtigsten Aufgaben. Dieser sogenannte Silberrücken ist etwa doppelt so groß wie die Weibchen in seinem Harem. Da wird von ihm erwartet, dass er sowohl Raubtiere als auch Artgenossen mit finsteren Absichten in die Flucht schlagen kann. Die Weibchen suchen sich gezielt einen besonders kräftigen Beschützer aus. Und wenn der die Ansprüche nicht erfüllt, muss er damit rechnen, verlassen zu werden.
Allerdings hat so ein Neustart auch für die Weibchen seinen Preis. Denn zum einen kann es sein, dass ihr bisheriger Gefährte sie zum Bleiben nötigen will. Da riskieren sie Bisse, Schläge und andere Aggressionen, wenn sie sich aus dem Staub zu machen versuchen. Zum anderen wartet auch in der Fremde zunächst kein entspanntes Leben. Sie kennen sich dort nicht aus, können ihren neuen Silberrücken noch nicht gut einschätzen. Und auch die weibliche Konkurrenz kann durchaus aggressiv werden und die Neuankömmlinge sogar aktiv an der Paarung hindern. Das alles kostet eine Menge Zeit.
Und so brauchen Weibchen nach einem Gruppenwechsel im Schnitt fünf Monate länger, bis sie wieder trächtig werden. Dadurch aber können sie im Laufe ihres Lebens deutlich weniger Nachwuchs in die Welt setzen. Häufige Wechsel können die Zahl der überlebenden Söhne und Töchter auf die Hälfte reduzieren, zeigen die Analysen der Forscher. Die Weibchen sollten das also nur riskieren, wenn die Alternativen noch düsterer sind. Und das ist gar nicht so selten der Fall.
Denn in den letzten fünf Jahren einer Silberrücken-Karriere steigt die Säuglingssterblichkeit in seiner Gruppe deutlich an. Besonders gefährlich wird es für die Kleinen, wenn der Vater stirbt, bevor sie entwöhnt sind. Denn dann müssen sie mit ihrer Mutter in eine neue Gruppe wechseln – und werden häufig von deren Chef getötet. Der kann dann nämlich schneller eigenen Nachwuchs mit den neuen Weibchen zeugen. Doch selbst wenn der alte Silberrücken am Leben bleibt, kann er die Jungtiere nicht mehr so gut beschützen wie in seinen besten Tagen. Manchmal geht er der stärkeren Konkurrenz dann auch lieber aus dem Weg und verliert dadurch den Zugang zu guten Nahrungsquellen. Das alles schmälert die Überlebenschancen der jungen Generationen.
Marie Manguette, Gorilla-Forscherin
„Gorillaweibchen, die in der Gruppe eines älteren Silberrückens sind, stehen also vor einem Dilemma“, erklärt Marie Manguette. Gehen oder bleiben? Beide Optionen sind mit Nachteilen und Risiken verbunden. Und für die Entscheidung haben sie nicht ewig Zeit. Sie muss in den etwa vier Monaten zwischen dem Entwöhnen des Nachwuchses und der nächsten Trächtigkeit fallen.
Denn nur dann können Weibchen ohne abhängigen Nachwuchs wechseln, der dadurch in Gefahr geraten könnte. Woher aber wissen sie, wann es Zeit ist, zu gehen? „Viele Weibchen verlassen ihr Männchen lange vor dessen Tod“, sagt Marie Manguette. Offenbar können die Tiere recht gut einschätzen, wie es um den Gesundheitszustand und die Konkurrenzfähigkeit ihres Beschützers bestellt ist. Möglicherweise erkennen sie das daran, wie er in Konflikten mit anderen Männchen auftritt.
„Solche spannenden Zusammenhänge kann man nur durch langfristige Beobachtungen aufdecken“, sagt Angela Meder von der deutschen Gorilla-Schutzorganisation „Berggorilla & Regenwald Direkthilfe“. Diese zeitraubende Arbeit aber komme auch dem Schutz der Westlichen Flachlandgorillas zugute. Denn je besser man das Verhalten und die Ökologie der Tiere verstehe, umso mehr erfahre man auch über ihre Probleme und umso effektivere Rettungsmaßnahmen könne man planen.
Interessant sind die neuen Erkenntnisse aber auch im Hinblick auf unsere eigene Art. „Da Gorillas so eng mit uns verwandt sind, verstehen wir ihr Verhalten natürlich viel eher als das anderer Tiere“, sagt Angela Meder. Tatsächlich geht es dem
Max-Planck-Team auch darum, die Wurzeln des menschlichen Sozialverhaltens zu beleuchten. Eine Parallele zwischen Menschen und Gorillas sieht Marie Manguette beispielsweise darin, dass Männer körperlich meist stärker sind als Frauen. Und das spielt durchaus auch bei der menschlichen Partnerwahl eine Rolle. In vielen Jäger- und Sammler-Kulturen wie bei den BaYaka in der Republik Kongo entscheiden sich Frauen zum Beispiel am liebsten für einen guten Jäger oder Kletterer. Denn der bringt mehr Fleisch oder Honig heim und verbessert so die Versorgungslage und die Überlebenschancen der Kinder. In westlichen Gesellschaften mögen die weiblichen Ansprüche andere sein. Doch an der grundsätzlichen Frage „gehen oder bleiben?“haben Frauen auch dort oft genug zu knabbern.
Bessie scheint in dieser Sache übrigens die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Trotz ihres Interesses an Coriander ist sie bei George geblieben und hat von ihm ein weiteres Kind bekommen. Als der alte Silberrücken eines Tages spurlos verschwand, war Tochter Obama schon etwas mehr als vier Jahre alt – und damit nicht mehr in Gefahr, von einem neuen Beschützer der Mutter umgebracht zu werden.