Früherer Polizeichef hört im Stadtrat auf
Nach zwölf Jahren verabschiedet sich Wilhelm Böhm aus dem Kreis der Stadträte
- Im Stadtrat hat Wilhelm Böhm zwölf Jahre lang eher zu den Stillen gehört. Er hat aber einige wichtige Weichenstellungen erreicht. Dem neuen Stadtrat gehört der 72-Jährige nicht mehr an.
Als „besonnen und gradlinig“hat Ex-OB Gerhard Ecker beim Abschied den CSU-Stadtrat Böhm bezeichnet. Damit hat Ecker Böhm ziemlich gut beschrieben. Böhm hat im Stadtrat nie zu denen gehört, die auch noch etwas sagen mussten, obwohl eigentlich schon alles gesagt war. Er hat sich nur zu Wort gemeldet, wenn Dinge unklar waren oder wenn er der Meinung war, dass bestimmte Dinge sehr deutlich angesprochen werden mussten.
Auf diese Weise ist Böhm für wichtige Entscheidungen des alten Stadtrats verantwortlich. So war Böhm maßgeblich beteiligt, dass zuerst die CSU und dann auch andere Fraktionen ihre Meinung zur Unterführung am Berliner Platz geändert hatten. Der früher beschlossene sogenannte Fly Under ist seitdem nicht mehr vorrangiges Ziel der Politik in Lindau.
Böhm war es auch, der erst seine Fraktionskollegen und dann andere Stadträte überzeugt hat, dass Lindau vom geplanten Verkauf des Hoyerbergschlössles zurücktreten soll. Nach mehreren gescheiterten Anläufen und zunehmenden Protesten glaubte er nicht mehr, das historische Gebäude auf diesem Weg erhalten zu können. Letztlich folgten ihm die Räte. Gerne hätte Böhm dieses Projekt in seinem Stadtteil Hoyren noch zu einem guten Ende gebracht, doch bei den Wahlen reichte es für die CSU nur zu fünf Sitzen im neuen Stadtrat, als Sechster wäre Böhm somit erster Nachrücker, wenn einer der Räte ihr oder sein Amt vorzeitig niederlegen würde.
Auch das Amt als Pfleger des Reutiner Altenheims hat Böhm mit dem Ausscheiden aus dem Stadtrat an jüngere Hände weitergegeben. Somit bleibt ihm als Amt in Lindau derzeit noch der Vorsitz des Torggelvereins. Böhm hat also Zeit für seine Frau, die beiden Kinder und die Enkel.
Viele Lindauer kennen Böhm noch aus seiner Zeit als Polizist. 1974 trat er in Lindau als Hauptwachtmeister in die bayerische Polizei ein und hat sich hochgearbeitet. Zuerst bei der Grenzpolizeistation LindauZiegelhaus als Passkontrollbeamter, dann Dienstgruppenleiter bei der Grenzpolizeistation Lindau-Autobahn. 1998 wurde Böhm stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion, 2004 wurde er deren Chef als Nachfolger von Erich Knestel.
Politisch gehörte Böhm zur CSU, deren Vorsitz er inmitten der Wirren im Vorfeld der OB-Wahl 2012 übernahm. Mit seiner ruhigen und besonnenen Art hielt Böhm den Laden zusammen, was nicht einfach war. Erst recht nicht, als es zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen seiner Vorgängerin Verena Steib und Roland Freiberg kam, in die viele der führenden Männer der Lindauer CSU einbezogen waren. Freiberg dankte Böhm deshalb ausdrücklich jetzt dafür, dass er ihm unvoreingenommen begegnet sei.
Böhm hatte den Vorsitz eigentlich nur kommissarisch übernommen, aus Pflichtgefühl ließ er sich aber noch einmal in das Amt wählen und blieb so gut vier Jahre lang der Ortsvorsitzende. Er brachte die zerstrittene Mannschaft einigermaßen auf einen einheitlichen Kurs und verantwortete den Stadtratswahlkampf 2014, bei dem die CSU vor allem wegen der Änderung des Wahlrechts Sitze verlor. Außerdem machte sich bemerkbar, dass die jungen Christsozialen um Mathias Hotz mit einer eigenen Liste antraten und auf Anhieb drei Sitze erreichten. Insgesamt war Böhm aber ein erfolgreicher Vorsitzender. Unter seinem Nachfolger übernahm er als Geschäftsführer einen Teil der Alltagsarbeit. Dabei war es ihm vor allem wichtig, die Mitglieder zu informieren und einzubeziehen.
Eine ganz andere Seite zeigte Wilhelm Böhm bei Auftritten der Band
Shattles auf der Bühne der Lindauer Hafenweihnacht. Ende der 60er Jahre hatte er mit drei Kumpels die Shattles gegründet und spielte ein paar Jahre lang die Hits der Shadows nach. 40 Jahre später kam es bei derHafenweihnacht zum ersten öffentlichen Auftritt nach dieser langen Pause. Der kam so gut an, dass weitere Auftritte folgten. Doch auch da auf der Bühne zeigt sich Böhm wie im Stadtrat: gut vorbereitet und konzentriert, aber nicht gewillt zu einer irgendwie spektakulären Bühnenshow.
Die LZ porträtiert in lockerer Folge die Ende April ausgeschiedenen Stadträte. Erschienen sind bereits Texte über Karl Schober, Uwe Birk, Alexander Kiss, Roland Freiberg und Xaver Fichtl. Es folgt ein Porträt von Werner Schönberger.