Friseure: So federn Salons die Mehrkosten ab
Ein Betrieb gerät wegen einer 21-Euro-Corona-Pauschale in die Kritik – Der Inhaber erklärt, wie es dazu kam
- Seit Anfang Mai dürfen Friseure wieder öffnen. In sozialen Medien stieß der Tettnanger Salon Männerstil auf Kritik, der zu Beginn 21 Euro Corona-Pauschale erhoben hatte. Inhaber Sergej Leinin verweist im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“darauf, dass reine Männerfriseure wie er vor besonderen Herausforderungen stünden, weil keine Mischkalkulationen wie bei gemischten Damen- und Herrensalons möglich seien.
Mittlerweile hat Leinin die Pauschale in seinen beiden Salons in Tettnang und Friedrichshafen auf zehn Euro gesenkt und in „Hygienepauschale“umbenannt. Der Preis für einen Haarschnitt ist parallel gestiegen. Das begründet Sergej Leinin damit, dass er und seine Mitarbeiterinnen sich jetzt – unabhängig von Corona und den damit verbundenen Maßnahmen – mehr Zeit für Kunden nehmen. Das erklärt er so: Vor Corona habe sich nicht jeder Kunde die Haare waschen lassen. Das sei nun Pflicht. Und hier hätte er die Erfahrung gemacht, dass dadurch generell bessere Haarschnitte möglich seien.
Hierfür sei es dann aber auch wichtig, sich mehr Zeit für den Kunden zu nehmen, sagt er. Heißt: Wenn er oder seine Mitarbeiterinnen statt 30 Minuten nicht nur in, sondern auch nach der Corona-Zeit 40 Minuten für einen Kunden da sind, steigt der Preis für den Schnitt, in diesem Fall also (rechnerisch nachvollziehbar) von 29 auf 39 Euro. Deswegen die Preissteigerung, so Leinin. Der Friseurmeister sagt: „Ich gehe die Sache
ehrlich an.“Das sei auch schon bei der Servicepauschale so gewesen. Durch die reine Männerkundschaft sei es so, dass ein Herrenhaarschnitt zwar kürzer dauere, aber mit der höheren Durchlaufquote steige auf der anderen Seite auch der Reinigungsaufwand.
Leinin äußert, dass die Kritik auf die Pauschale erheblich, teils auch massiv gewesen sei. An manchen Tagen habe er bis zu 60 Mails mit Beschimpfungen erhalten. Auch hätte nicht jeder Kunde diesen Kurs mitgetragen. Allerdings sei er als Unternehmer
auch für seine Mitarbeiterinnen verantwortlich. Er hofft sogar, mit dem Ansatz, sich mehr Zeit für den Haarschnitt zu nehmen, auch neue Kunden gewinnen zu können.
Die Friseurbetriebe handhaben das sehr unterschiedlich. Cajo Fink vom gleichnamigen Tettnanger Familienunternehmen etwa erhebt trotz Mehrkosten keine zusätzliche Gebühr. Allerdings hat er eine Preiserhöhung, die ursprünglich für Juni geplant gewesen war, um einen Monat vorgezogen. Zum einen, so Fink, seien Pflegeprodukte teurer geworden. Zugleich gebe es Mehrkosten durch den höheren Wasserverbrauch, aber auch für Desinfektionsmittel und Handschuhe. Auch, wenn die Preise durchkalkuliert seien, könne er das aber durch die Vielzahl verschiedener Leistungen abfedern, die er bei sich anbietet. Stichwort: Mischkalkulation.
Das bestätigt auch Friseurmeister Christian Irmler. Er verweist darauf, dass der Markt für Damen und Herren grundsätzlich anders funktioniere. Auch sei ganz allgemein immer die Frage, welche Zusatzkosten ein Betrieb habe, etwa, ob der Laden gemietet sei oder nicht. Derzeit erhebt Irmler eine Pauschale in Höhe von 2,50 Euro, um die Kosten kompensieren zu können. Änderungen bei den Preisen gibt es nicht, die hatte Irmler erst vor einigen Monaten erhöht. Der Mai sei sehr stark gewesen, berichtet er, und auch derzeit herrsche Hochbetrieb. Da durch die Hygienemaßnahmen nicht so viele Kunden gleichzeitig bedient werden können, hat Irmler die Öffnungszeiten ausgeweitet.
Eine Corona-Pauschale in Höhe von 21 Euro, wie sie der Tettnanger Friseursalon „MännerStil“erhoben hat, kommt für Olivia Bucher vom gleichnamigen Salon in Friedrichshafen nicht in Frage. Zwar hat sie aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie auch höhere Kosten. Sie musste etwa für ihren Salon Plexiglasscheiben, Einmal-Schutzmasken, Umhänge und zusätzliche Desinfektionsmittel anschaffen. EinmalUmhänge
habe es nicht mehr gegeben, deshalb habe sie weitere Stoffumhänge gekauft. „Das heißt, wir waschen und trocknen die ganze Zeit“, sagt sie.
Dennoch wolle sie diese Ausgaben nicht 1:1 auf die Kunden umlegen. Um einen Teil davon zu decken, erhebt sie Gebühr in Höhe von zwei Euro, die sie „Hygiene-Zuschlag“nennt. „Das Wort ,Corona’ können wir nicht mehr hören“, erklärt sie. Ihre Kunden zeigen für den Zuschlag Verständnis. „Sie sehen den Aufwand, den wir betreiben und einige sagen, dass sie dafür auch fünf oder sechs Euro zusätzlich bezahlen würden.“Außerdem vergibt der Salon in den ersten zwei Wochen nach der Wiedereröffnung keine Termine für Kinder. Das habe den Grund, dass die Kinderhaarschnitte bei vergleichbarem Aufwand deutlich günstiger sind als Erwachsenenhaarschnitte, aber gerade in der ersten Phase nach der Corona-Schließung der Salon auf die Einnahmen angewiesen sei.
Ähnlich ist es bei Haarmode Götz in Ailingen. „Wir haben unsere Preise etwas aufgeschlagen, aber das bewegt sich in einer Spanne von etwa einem bis zu fünf Euro – also im ganz normalen Bereich“, sagt Inhaberin Carolin Götz.
Weil den Kunden keine Getränke und Zeitschriften angeboten werden, würden auch Kosten gespart, sodass sich die Ausgaben, die aufgrund der Corona-Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind, für den Salon in einem vertretbaren Rahmen halten. „Niemand kann etwas für diese Situation und wir wollen keine spezielle Pauschale erheben“, sagt sie. Und: „Wir haben den Vorteil, dass wir ein großer Salon sind und weiterhin gleich viele Kunden bedienen können.“
Die große Frage der Friseure ist jetzt, wie die Kunden sich in den nächsten Monaten verhalten würden. Offen sei, ob diese ihren früheren Rhythmus wieder aufnehmen oder sich in Zukunft mehr Zeit zwischen Besuchen lassen würden. Klar sei derzeit nur, dass die sechs Wochen Stillstand nicht mehr reinzuholen seien.