Leitwolf Can schießt BVB Richtung Champions League
(dpa) - Bei Borussia Dortmund wird wieder mehr über Sport als über Friseurtermine geredet. Das mühselige 1:0 (0:0) über Hertha BSC drängte das Dauerthema der vergangenen Tage zumindest etwas in den Hintergrund. Auch Matchwinner Emre Can verspürte wenig Lust, den Verstoß von seinen Mitspielern gegen die Corona-Regeln ein weiteres Mal zu kommentieren, meisterte die Interviews aber im Stile einer Leitfigur. Dem uneinsichtigen Jadon Sancho verpasste er eine verbale Kopfwäsche: „Bei solchen Sachen muss er einfach schlauer sein, erwachsener sein, erwachsener werden. Vielleicht vertraut er anderen Menschen zu viel. Er braucht Menschen um sich, die ihn führen.“
Ähnliche Leader-Qualitäten hatte Can schon zuvor auf dem Platz bewiesen. Der für den gesperrten Mats Hummels in die Abwehrzentrale beorderte Nationalspieler hielt nicht nur die Defensive zusammen, sondern erzielte in der 58. Minute auch das Tor des Tages. Damit nutzte der Tabellenzweite die Gunst der Stunde und setzte sich von der an diesem Spieltag schwächelnden Konkurrenz ab. „Die Champions League ist jetzt sehr, sehr wahrscheinlich“, kommentierte Can den auf sieben Zähler angewachsenen Abstand zu Rang fünf. Echte Typen wie der im Winter für 25 Millionen Euro von Juventus Turin verpflichtete Defensiv-Allrounder können helfen, Profis wie Sancho zu erden und den Teamspirit aufrechtzuerhalten. Obwohl sich der englische Nationalspieler – ähnlich wie Manuel Akanji – von einem StarCoiffeur frisieren und ohne Mundschutz fotografieren ließ und die von der DFL verhängte Geldstrafe als „Witz“bezeichnete, nahm ihn Can in Schutz: „Trotz der Dinge, die er manchmal macht, ist er ein super Junge, auch außerhalb des Platzes.“
Solch diplomatische Fähigkeiten des 26-Jährigen weiß Lucien Favre neben den sportlichen zu schätzen. Entgegen sonstiger Gepflogenheit sprach der Coach einem einzelnen Profi ein Sonderlob aus: „Emre hat das sehr gut gemacht. Du brauchst in einer Mannschaft drei, vier Leader.“Dann klappt es auch – wenn schon nicht mit der Meisterschaft – zumindest mit der Königsklasse.