Lindauer Zeitung

Der Fußball muss sich weiter bewegen

- Von Felix Alex

Es sind Zeiten großen Veränderun­gen, in denen wir leben. Eine Pandemie geht um und dennoch demonstrie­ren Millionen Menschen auf der Welt gegen Rassismus. Das für viele Überrasche­nde: die Bundesliga­spieler machen mit. Und das ist richtig so! Denn dass Fußball ausschließ­lich Fußball ist und Politik eben Politik bleibt, ist schon seit Bestehen dieses Spruches ein Ammenmärch­en. Nicht erst seit diesem Bundesliga-Wochenende dürfte jedem Fan bewusst sein, dass es keinen unpolitisc­hen Sport gibt, auch wenn es allzu oft vergessen und noch häufiger verleugnet wird. Um das zu belegen, muss man nicht erst die Olympische­n Spiele in Berlin 1936 und ihre Instrument­alisierung durch die Nationalso­zialisten bemühen. Viele Banner der Ultras in den Kurven sind politisch. Dass die Spieler nun beinahe geschlosse­n ihre Stimme erheben und vorangehen, ist da aus diversen Gründen folgericht­ig. Sie sind diejenigen, auf denen die Aufmerksam­keit ruht und deren Worte am meisten Gewicht haben. Bereits 1992 verzichtet­en alle Bundesligi­sten auf die Werbung ihres Sponsors auf ihrer Brust und liefen mit dem Slogan „mein Freund ist Ausländer“auf. Die Aktion „Zeig Rassismus die Rote Karte“folgte Jahre

später und läuft kontinuier­lich weiter, doch auch im Jahre 2020 ist das Thema brandaktue­ll. Grund genug also, dass die Spieler weltweit ihre Stimmen erheben und

solange auf den Plätzen knien, bis es volle Wirkung zeigt.

Jérôme Boateng Colin Kapernicks

„So viele Menschen lieben Black Culture, es ist gut, dass sie sich auch für die Menschen dahinter einsetzen und das zeigen. Das darf aber kein zweiwöchig­er Trend sein, sondern muss sich langfristi­g etablieren, es muss ein Umdenken geben“, sagt

und appelliert: „Setzt euch ein, wenn ihr im Alltag rassistisc­he Äußerungen bemerkt, besprecht das Thema mit euren Kindern.“Dass der DFB nach den ersten Aktionen durch

Weston McKennie, Jadon Sancho, Achraf Hakimi Marcus Thuram

oder Ermittlung­en aufnahm – auch vor dem Turnier der Basketball­er wurden Strafen angedroht, dann aber ganz schnell zurückgeru­dert – zeigt aber auch die Ambivalenz, mit der solche Bekundunge­n einhergehe­n.

Denn selbstrede­nd ist es richtig, politische Botschafte­n einzuschrä­nken. Spieler, die jedes Wochende ihr Trikot lüften, um offen ihre Unterstütz­ung für (CDU) zu bekunden oder Torschütze­n, die sich im Jubelwahn

(FDP) überstreif­en, haben nichts auf dem Rasen verloren – und das hängt nicht mit den entspreche­nden Parteien zusammen. Jedoch darf ein Unterschie­d hier nicht außer Acht gelassen werden: das, was nun in den Stadien passiert, waren keine politische­n Statements, sondern humane Botschafte­n. Um künftig solche Konflikte zu vermeiden, gibt es eine einfach Lösung: Genauso wie bei den Botschafte­n der Fans auf ihren Bannern sollte auch der DFB dazu

Angela Merkel Christian-LindnerMas­ken

übergehen, gewisse Äußerungen und Statements im Vorfelf zu billigen. Viele Aktionen waren vorbereite­t und hätten zuvor abgesegnet werden können. Der DFB und die DFL könnten dabei nur gewinnen.

Zudem kommt den Verbänden jegliche Menschlich­keit gerade recht, ist die Entfernung der Branche von der Basis längst nicht mehr zu kaschieren. Das groß angekündig­te Thesenpapi­er mit Gehaltsobe­rgrenzen samt einer beabsichti­gten Erdung des gesamten Fußballs muss nun auch mit Leben gefüllt werden. Das sehen auch einige Akteure so. Sollte der Fußball die drängenden Themen „nicht kurzfristi­g vernünftig“regeln, „wird er nach all den Ankündigun­gen im April und Mai seine Glaubwürdi­gkeit nicht verbessern. Aber gerade das ist jetzt das Gebot der Stunde“, sagte FC Augsburgs Vereinsche­f Die Verteilung der TV-Gelder, die strikte Einhaltung der 50-plus-1-Regelung und des Financial Fairplays, Gehaltsobe­rgrenzen, Rücklagen der Vereine sowie die Unterstütz­ung des Amateurund Frauenfußb­alls durch die Bundesliga seien da elementare Punkte. Auch Vorstandsm­itglied des FC Bayern München, meint erkannt zu haben: „Ich bin überzeugt davon, dass wir nach der CoronaKris­e eine andere Fußballwel­t mit neuen Bedürfniss­en der Fans, Anhänger und aller Beteiligte­n des Fußballbus­iness erleben werden.“Es werden also auch im Fußball weiterhin spannende Zeiten bleiben.

Klaus Hofmann. Oliver Kahn,

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FOTO: MICHAEL DALDER/AFP Der FC Augsburg weiß sich derzeit zu positionie­ren.
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