Viehscheid: Die Feste fallen aus
Die Veranstaltungen in Oberstdorf, Schöllang, Oberstaufen und Immenstadt sind bereits abgesagt
– Jährlich feiern Tausende Urlauber und Einheimische beim Viehscheid im Oberallgäu die Rückkehr der rund 30 000 Jungrinder und Kühe von den über 600 Alpen. Doch mit der feucht-fröhlichen Stimmung wird es heuer nichts. Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es keinen Festzeltbetrieb. „Den hat das Landratsamt untersagt“, berichtet Franz Hage, Vorsitzender des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu (AVA). Das Rahmenprogramm für den Alpabtrieb bereits abgesagt haben Oberstdorf, Immenstadt und Oberstaufen. In anderen Gemeinden wird derzeit über eine Absage diskutiert.
Die Viehscheide gehen aber trotz Corona über die Bühne. „Die Tiere müssen schließlich von den Alpen zurück zu den Landwirten gebracht werden“, sagt AVA-Geschäftsführer Dr. Michael Honisch. „Wie die Veranstaltungen festlich begleitet werden dürfen, steht noch nicht fest“, sagt Andreas Kaenders, Pressesprecher des Landratsamtes Oberallgäu.
Die Viehscheide in Oberstdorf und Schöllang „werden für die Öffentlichkeit abgesagt, weil aufgrund der Corona-Pandemie die aktuell geltenden Hygienevorschriften sowie die Abstandsregelung schwer eingehalten werden können“, sagt die stellvertretende Tourismusdirektorin Petra Genster.
Das Vieh und die Hirten würden jedoch nicht zu den bereits bekannt gegebenen Terminen ins Tal kommen, damit die Alpmeister je nach Wetterlage flexibler entscheiden könnten. Vermutlich werde es jedoch auch aus traditionellen Gründen ein Kranzrind geben. „Die Hirten, Älpler und Landwirte bleiben heuer unter sich, es gibt keine Besucher“, macht Genster deutlich.
Auch die Scheidmeister und Organisatoren in Oberstaufen haben sich gegen die Viehscheid-Feierlichkeiten in Oberstaufen und Thalkirchdorf entschieden, sagt Sigbert Prestel, Geschäftsführer von Oberstaufen Tourismus Marketing (OTM). Eine Großveranstaltung mit tausenden Menschen könne von Ehrenamtlichen nicht überwacht werden. „Wer soll am Ende der Veranstaltung den Kopf hinhalten, falls es zu Infektionen kommt?“, fragt Prestel. Das Risiko für die Vereine, die den Staufner und Thaler Viehscheid ausrichten, sei viel zu hoch.
Das unterstreicht Herbert Gruber, Vorsitzender des FC Immenstadt, der den Viehscheid im Städtle seit vielen Jahren organisiert. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bei einer Großveranstaltung sind vorhersehbar“, begründet der FCI-Chef den Schritt. „Und auch die Frage der Haftung hat uns zu diesem Schritt bewogen“, sagt Zweiter Vorsitzender Holger Thurwach. „Das Beispiel Ischgl mit 5000 Klägern hat uns abgeschreckt“. Der Ausfall des Viehscheids
sei zwar eine finanzielle Einbuße für den Fußballverein, erläutert Gruber. Doch diese könnte dadurch kompensiert werden, „dass alle Trainer auf ihr Gehalt verzichtet haben“.
Unter Ausschluss einer breiten Öffentlichkeit und ohne Rahmenprogramm mit Musik wird auch der Kleinwalsertaler Viehscheid über die Bühne gehen, lässt Markus Fritz vom Organisationsteam wissen. Denn Großveranstaltungen werden wohl auch im September nicht möglich sein. „Die Viehscheide werden bei uns spontan und im kleinen Rahmen stattfinden“, sagt Fritz. Es gebe sogar einige Hirten und Landwirte, die nichts dagegen hätten, dass heuer nur im familiären Kreis mit wenigen Teilnehmern gefeiert werde.
Noch nicht offiziell abgesagt wurde der Viehscheid in Balderschwang. „Wir warten die weitere Entwicklung in Sachen Corona ab und halten uns die Türen offen“, sagt Melanie Neyer von der Tourismus-Info. Auch in Missen ist noch keine Entscheidung gefallen. „Nach Rücksprache mit unserem Viehscheidverein wird es voraussichtlich kein Rahmenprogramm mit Bewirtung geben“, berichtet Nicole Simion vom Tourismusbüro.
In Bad Hindelang, Obermaiselstein und Gunzesried wollen die Verantwortlichen ebenfalls die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie abwarten.