Junge Eltern müssen mehr leisten als früher
Familienforscher prangert alte Rollenmuster in der Arbeitswelt an –Leidtragende sind meist Frauen
(KNA) - Eltern müssen heutzutage nach Ansicht des Familienforschers Hans Bertram mehr leisten als frühere Generationen. Weil sich viele Männer und Frauen immer später erst für Kinder entschieden, fielen wichtige Karriereschritte und die Familiengründung oft zusammen, erklärte der Soziologe der Berliner Humboldt-Universität gegenüber der Zeitung „Stimme der Familie“des Familienbundes der Katholiken. Grund dafür sei unter anderem die längere Ausbildungsdauer junger Menschen heutzutage.
Außerdem arbeiteten heute meist beide Elternteile, so der Familienforscher weiter. Dadurch erhöhe sich für eine Familie der Aufwand, den Alltag zu organisieren. Tagesstätten und -mütter müssen heute nach Ansicht des Soziologen oft die Lücken füllen, die eigentlich zum Kerngeschäft der Familien gehörten.
Weil viele das Risiko scheuten, wegen einer Familie beruflich kürzer zu treten, blieben vor allem Menschen in bildungsnahen Milieus kinderlos, so Bertram. Demnach haben beispielsweise etwa 50 Prozent aller Akademiker aus dem universitären Bereich keine Kinder.
Der Familienforscher kritisierte, dass die Arbeitswelt immer noch alten Mustern folge und vielerorts die Rahmenbedingungen für eine echte Aufgabenteilung in den Familien noch nicht gegeben sei. Das benachteiligt vor allem Frauen. Während unter den 30 Jahre alten Akademikern noch rund 17 Prozent bei Männern und Frauen als sogenannte „High-Potentials“eingestuft würden, verkehre sich dieses Verhältnis bei den 34-Jährigen. Hier würden nur noch zehn Prozent der Frauen, aber 20 Prozent der Männer als sogenannte „High-Potentials“angesehen.
Eltern müssten Familienpausen einlegen können, ohne dass ihnen Nachteile für ihre Karriere entstünden, forderte er. „Solange wir als Gesellschaft aber nicht bereit sind, derart gestaltete Lebensverläufe als Bereicherung zu empfinden, wird sich die Überforderung von Eltern zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr systematisch fortschreiben.“