Verurteilter
Der US-Amerikaner Paul Whelan ist wegen Spionage in Moskau zu 16 Jahren Straflager verurteilt worden. Dabei hat er nicht unbedingt einen Agentenlebenslauf hinter sich. „Das ist ein politischer Prozess. Eine Schande“, erklärte Paul Whelan im Gerichtssaal. Whelan, 50, ledig, keine Kinder, hatte wiederholt versichert, er liebe Russland und habe nichts mit den Geheimdiensten zu tun. Der US-Marineinfanterist und Irak-Veteran war 2008 nach einer Diebstahlaffäre unehrenhaft aus der Armee entlassen worden, brachte es danach zum Sicherheitschef eines Michiganer Autoersatzteilproduzenten und hat seit 2006 mehrfach Russland besucht. 2018 war der TrumpSympathisant zu einer Hochzeit in Moskau und wurde festgenommen: Man erwischte ihn im Hotel Metropol dabei, wie er einen USB-Stick mit angeblichen Geheimdaten von einem Moskauer Bekannten entgegennahm, der für den Inlandsgeheimdienst FSB arbeitete. Laut Anklage hatte Whelan versucht, ihn und andere russische Abwehrleute anzuwerben. Er selbst beteuerte, sein Bekannter habe ihm bloß Fotos einer gemeinsamen Klosterreise versprochen. Die Zeitung „Kommersant“schreibt, Whelan habe in Moskau vor seiner Verhaftung tagelang harten Alkohol getrunken, auch vor und während seines fatalen Treffens sei der Whiskey geflossen. USBotschafter John Sullivan bezeichnete das Urteil gegen Whelan als Hohn. „Wenn sie das mit Paul gemacht haben, werden sie es mit jedem tun.“Russische Beobachter vermuten, Whelan werde in den nächsten Monaten ausgetauscht. „Das war offenbar das Ziel des ganzen Strafverfahrens“, sagt Menschenrechtler Lew Ponomarjow. Die russische Seite wolle wohl den international bekannten Waffenhändler Viktor But freibekommen, der in den USA eine 25-jährige Gefängnisstrafe absitzt.
Stefan Scholl