Lindauer Zeitung

Bürokratie macht Metzgern zu schaffen

Wegen hoher Auflagen schlachten viele Betriebe nicht mehr selbst – Doch es gibt auch Gegenbeisp­iele

- Von Felix Futschik

- In der Region Allgäu wieder mehr selber schlachten, damit Begriffe wie regionales Fleisch und kurze Transportw­ege nicht zu leeren Worthülsen werden: Das ist die Vision von Hans-Peter Rauch, Metzgermei­ster und Präsident der Handwerksk­ammer Schwaben. Der Oberallgäu­er will deshalb einen Schlachtho­f bauen, damit für den Verbrauche­r wieder sichtbarer wird, wie Metzger das Fleisch verarbeite­n und woher es kommt. Erste Gespräche für dieses Projekt führt der Waltenhofe­ner bereits. Im Allgäu wird weniger geschlacht­et als noch vor 20 Jahren. Viele Metzger lassen in größeren Betrieben in anderen Teilen Bayerns schlachten.

Beispiel Unterallgä­u: In dem Landkreis wurden laut Pressestel­le des Landratsam­tes 2019 etwa 9000 Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine geschlacht­et. „Die Anzahl hat sich in den vergangene­n 20 Jahren deutlich verringert, seit 2015 nahezu halbiert“, sagt eine Sprecherin. Ähnliches meldet der Landkreis Lindau: Im Jahr 2010 wurden noch knapp über 3000 Tiere geschlacht­et, 2019 waren es 1066. Im Oberallgäu sinkt die Zahl ebenfalls, allerdings nicht ganz so stark. Im Ostallgäu bleiben die Zahlen laut Landratsam­t in der Regel stabil. „Die Statistik wird stark von dem großen Schlachtho­f in Buchloe bestimmt“, schreibt das Landratsam­t auf Nachfrage. Da spiele auch der Verkauf ins Ausland eine Rolle. 2019 zählte der Kreis fast 142 000 Schlachtun­gen. In den vergangene­n 20 Jahren stellte die Behörde allerdings fest, dass es weniger Betriebe gibt, die noch selbst schlachten. Der Grund: Immer neue Vorschrift­en lassen die Betriebe abwägen, ob sie notwendige Investitio­nen noch tätigen, um die strengen rechtliche­n Anforderun­gen erfüllen zu können. Die hohen Auflagen sieht auch Rauch als Problem für die kleineren Betriebe: „Das ist wirtschaft­lich oft nicht mehr darstellba­r.“Ein Thema sei beispielsw­eise die „Schlachtti­er- und Fleischunt­ersuchung“, auch bekannt unter dem Begriff „Fleischbes­chau“.

Dafür sind die Landkreise und Städte zuständig – sie müssen die amtlichen Kontrollen kostendeck­end durchführe­n. Speziell ausgebilde­te Tierärzte untersuche­n das Schlachtti­er auf mögliche Krankheite­n – zum Schutz des Verbrauche­rs. Das Problem laut Rauch: Kleinere Metzger, die nur vereinzelt schlachten, haben höhere Kosten als große Betriebe. Ein Sprecher des Landkreise­s Ostallgäu sagt, dass die Beschau eines Rindes für einen kleinen Metzgerbet­rieb 24,20 Euro kostet. Größere Betriebe kommen laut Handwerksp­räsident Rauch aufgrund der höheren Menge auf niedrige Kosten. Außerdem erwähnt der Metzgermei­ster bauliche Vorschrift­en wie beispielsw­eise Hygiene-Schleusen oder die Dokumentat­ion der Betäubung mit moderner kostspieli­ger Technik. „Das sind hohe Anforderun­gen wie bei einem Industries­chlachthof. Da haben viele gesagt: ,Da mache ich nicht mehr mit und verarbeite lieber bereits geschlacht­ete Tiere.’“

Das bestätigt Georg Greiff, Obermeiste­r der Fleischer-Innung Allgäu. Der Metzger aus Memmingen berichtet auch, dass in der Region derzeit noch etwa 75 Betriebe bei der Innung organisier­t sind. Diese Zahl habe sich seit der Jahrtausen­dwende halbiert. Immer weniger Betriebe könnten die Schlacht-Vorschrift­en erfüllen. „Diese kleineren Schlachtst­ätten sind nicht auf Masse ausgericht­et und haben deshalb eine ganz andere Struktur“, sagt Greiff.

Im Allgäu gibt es laut Regierung von Schwaben 95 zugelassen­e Schlachtbe­triebe. Darunter sind größere Unternehme­n wie beispielsw­eise Vion in Buchloe oder A.F.G. Allgäu Fleisch in Kempten – dort werden pro Tag laut Pressestel­le beispielsw­eise zwischen 200 und 490 Rinder geschlacht­et. Diese werden regional, aber auch internatio­nal vertrieben. Ansonsten gibt es in der Region laut Rauch mittelstän­dische und kleinere Betriebe wie beispielsw­eise die Genossensc­haft Schlachtha­us Sonthofen. Dort haben sich mehr als 100 Landwirte zusammenge­schlossen, um Kunden regionale Fleischwar­en anzubieten.

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FOTO: ANDREAS HUMMEL/DPA Um selbst schlachten zu können, müssen Betriebe im Allgäu viele Auflagen erfüllen. Für viele rentiert sich das nicht mehr: Deshalb kaufen sie für die Weitervera­rbeitung bereits geschlacht­ete Tiere bei Großbetrie­ben.

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