Ziegenbock leidet: Alphirte vor Gericht
74-Jähriger wegen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vor Gericht angeklagt
- Starke Schmerzen muss ein Ziegenbock erlitten haben, der auf einer Oberallgäuer Alpe gehalten wurde. Das Leiden des Tieres endete erst, als ein Nachbar im Oktober 2019 die Polizei verständigte. Ein Tierarzt untersuchte daraufhin den Bock und stellte Blutarmut, Parasitenbefall sowie Klauengeschwüren an beiden Vorderfüßen fest. Das Tier musste eingeschläfert werden. Jetzt stand der Ziegenhalter wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz vor Gericht. Der 74-Jährige muss künftig seinen Tierbestand regelmäßig kontrollieren lassen, entschied die Richterin. Sonst droht ihm eine Geldstrafe von 1200 Euro (30 Tagessätze).
Der Tierhalter hätte die Erkrankung erkennen und einen Tierarzt beauftragen müssen, begründete die
Staatsanwältin die Anklage. Das habe der 74-Jährige bewusst unterlassen. „Er wollte es nicht sehen.“Der Alphirte bestritt, die Schmerzen des Tieres bemerkt zu haben. „Der Ziegenbock hat sein Alter gehabt und mir war klar, dass es nicht mehr lange geht“, sagte der 73-Jährige. „Er ist schwer gelaufen, aber ich habe nicht gewusst, dass er Schmerzen hat.“Aber das Tier sei immer zu ihm gekommen, habe sich streicheln lassen und sich normal verhalten. „Er hat zwei Tage vorher noch versucht, eine Ziege zu decken – das hat mir gezeigt, dass er noch Freude am Leben hat.“
„Tiere haben kaum Möglichkeiten, Schmerzen zu zeigen“, erklärte der Tierarzt im Zeugenstand, der den Bock untersucht hatte. „Es ist nicht jedes Tier gesund, dass nicht schreit.“Dennoch sei es ersichtlich gewesen, dass das Tier leiden musste, erklärte der Veterinär. Die Tatsache, dass das Tier weiter über die Weide gelaufen sei, sage hingegen nichts aus. „Das ist der Herdentrieb. Der Ziegenbock geht, solange er laufen kann.“Zu dem Zeitpunkt als der Arzt das Tier untersucht habe, sei der Bock abgemagert und geschwächt gewesen. Vermutlich durch die Parasiten. Der Alphirte habe es versäumt, notwendige Behandlungen wie Entwurmungen und Klauenpflege vorzunehmen. Das kritisierte auch die Staatsanwältin, die eine Geldstrafe von 1200 Euro (30 Tagessätze) für den Angeklagten forderte. Der 73-Jährige habe sich durch Unterlassen schuldig gemacht. Dass er das Leiden des Ziegenbocks nicht bemerkt habe, wertete die Staatsanwältin als „Schutzbehauptung“. Der Angeklagte sei kein Tierquäler, habe sich aber schuldig gemacht, weil er keinen Veterinär verständigte. Dieser Ansicht
schloss sich auch Richterin Brigitte Gramatte-Dresse an. „Sie müssen den Tierarzt frühzeitig informieren – nicht erst zum Einschläfern“, kritisierte die Richterin das Verhalten des Angeklagten. Er habe durch Unterlassen gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Die Richterin verwarnte den 73-Jährigen, behielt sich aber vor, eine Geldstrafe zu verhängen, falls sich der Angeklagte nicht an die Vorgabe des Gerichts hält, den gesamten Tierbestand seiner Alpe – dazu zählen neben Ziegen auch Kühe, Schweine und Hühner – monatlich von einem Tierarzt untersuchen zu lassen. „Das ist wichtiger, als dass Sie eine Geldstrafe zahlen“, sagte Gramatte-Dresse.
Der Angeklagte akzeptierte die Entscheidung der Richterin und verzichtete ebenso wie die Staatsanwältin auf Rechtsmittel. Somit ist das Urteil rechtskräftig.