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Titelverteidiger FC Bayern droht beim Finalturnier bereits im Viertelfinale das Aus
(dpa/SID) - Traurig saß Nihad Djedovic mit dem obligatorischen Mund-Nasen-Schutz auf der leeren Tribüne und konnte einfach nichts tun. Seine Mitspieler von Basketball-Meister FC Bayern verspielten gerade auf haarsträubende Art und Weise den Sieg gegen die EWE Baskets Oldenburg und eine gute Ausgangsposition für die Playoffs des Meisterturniers.
Routinier und Erfolgsbringer Djedovic hätte dem als großen Titelfavoriten gestarteten Team in dieser Situation womöglich helfen können. Doch der Deutsch-Bosnier, im vorigen Jahr noch als wertvollster Spieler des Finales geehrt, hat seine Saison wegen einer Knieverletzung bereits beendet. Und so sah er als Zuschauer im Audi Dome neben Geschäftsführer Marko Pesic, dass seine Münchner von einer Meisterform aktuell sehr weit entfernt sind.
In der ersten K.o.-Runde kommt es am Mittwoch zum frühen Topspiel, wenn die Bayern als enttäuschter Vorrundendritter auf den Zweiten der Gruppe B treffen – bei nur zwei Partien, Hin- und Rückspiel. Wer der Gegner ist, steht ebenfalls bereits fest. Nachdem sich das formstarke Teams von Alba Berlin mit 97:89 gegen die Riesen Ludwigsburg durchsetzte, treffen die Münchner am Mittwochabend (20.30 Uhr/MagentaSport) auf Ludwigsburg. Der FC Bayern nimmt damit einen harten Weg, eine Bruchlandung droht.
Der Frust war groß nach dem 81:89 im letzten Vorrundenspiel gegen Oldenburg, der zweiten Niederlage im vierten Match. Auch bei illustren Teams kommt mal ein verpatzter Tag vor – die Ratlosigkeit und die Aussagen der Spieler nach dem herben Dämpfer aber waren am Sonntagabend außergewöhnlich. „Wir haben es einfach nicht geschafft, aus diesem Loch rauszukommen. Wir haben nicht zusammen versucht rauszukommen. Aber wir dürfen jetzt nicht rumheulen“, sagte Nationalspieler Paul Zipser zum letzten Viertel, als aus einer knappen Führung für den Meister plötzlich ein großer und vorentscheidender Rückstand geworden war.
14 Punkte am Stück gestatteten die Bayern den Niedersachsen im Schlussabschnitt – so ist der erhoffte Titelhattrick nicht machbar. Vladimir Lucic, mit 16 Zählern bester Münchner, gab einen erstaunlichen Einblick in die Psyche des Teams in jenem Moment: „Wir hatten eine gute Phase und dachten, das Spiel sei entschieden. Es waren aber noch 15 Minuten zu spielen. Und als wir fünf oder sechs Zähler hinten lagen, hatte man das Gefühl, das Spiel ist vorbei.“Das Problem scheint also eher in den Köpfen zu stecken, nicht in Armen oder Beinen.
Nachdem die Bayern schon den Start in dieses coronabedingt einmalige Finalturnier gegen den kleinen Nachbarn aus Ulm, auf den sie im Halbfinale erneut treffen könnten, verpatzt hatten, schienen sie sich in den folgenden zwei Partien gefangen zu haben. Leichtigkeit und Selbstverständnis aber waren gegen Oldenburg wieder weg. 16 Turnover, einfache Ballverluste, unterliefen dem Titelverteidiger; zudem ließ Bayern 15 Oldenburger Offensiv-Rebounds zu. „Wir haben einige Statistiken, mit denen man kein Spiel gewinnen kann“, haderte Trainer Oliver Kostic, der während der Partie immer wieder „Box out!“gebrüllt hatte – aber seine Spieler schafften es nicht, Oldenburg am Rebound zu hindern.
Neben Djedovic als starkem Verteidiger und versiertem Spielgestalter fehlt auch Greg Monroe auf beiden Seiten des Feldes. Der frühere NBA-Hüne verpasst das Saisonfinale aus familiären Gründen – in der VorCorona-Saison war er bester BayernScorer und bester Rebounder.
Statt als Team traten die Münchner in kritischen Phasen als Individualisten auf – ohne Erfolg. „Das darf uns nicht passieren“, mahnte Zipser. Nachdem seine Akteure mit hängenden Köpfen zum Bus Richtung Quarantäne-Hotel gegangen waren, wurde Trainer Kostic noch auf das Innenleben seines Teams angesprochen. „Wir sind noch am Leben“, beteuerte der Serbe.
Highlights der Spiele beim BBLFinale gibt es im Video auf: www.schwäbische.de/bbl2020