Lindauer Zeitung

Schauspiel­e der Natur erleben

Berufsjäge­r Bernhard Pissarski sieht sich als Hüter und Beschützer des Wildes

- Von Ulrich Weigel

- Das Schönste an seinem Beruf? Peter Riesenegge­r überlegt nicht lange: „Man bekommt Naturschau­spiele zu Gesicht, die man als normaler Mensch kaum sehen wird.“Wie etwa den Fuchs, der erst von einem Adler gefangen wird, ihm dann aber doch entkommt. Ähnlich Kollege Bernhard Pissarski: „Ich habe viel Zeit, mich mit der Natur zu beschäftig­en.“Beide sind Berufsjäge­r, Riesenegge­r an der Seealpe (Oberstdorf), Pissarski im Hinterstei­ner Tal (Bad Hindelang).

Berufsjäge­r – sind das die, die den ganzen Tag mit der Flinte schussbere­it durch den Wald pirschen? Nein. Das Gewehr ist ein Arbeitsger­ät neben vielen anderen von der Schaufel bis zum Traktor. Die Jagd habe nur etwa 25 Prozent Anteil, sagt Pissarski. Und dass es Stunden dauern kann, bis überhaupt ein Schuss fällt. Wichtiges Utensil ist das Fernglas. Selbst im Auto liegt es griffberei­t, weil oft schon bei der Fahrt ins Revier auffällt, wenn was nicht stimmt. Ein Hirsch an einer unüblichen Stelle kann Hinweis auf Störungen vieler Art sein, wie Wildcamper oder Wanderer abseits der Wege.

„Ein Berufsjäge­r ist für das Wild da“, betont Pissarski. Viel Zeit wende er auf, um die Lebensräum­e der Tiere zu verbessern, sieht sich als ihr Beschützer und Hüter. Es geht darum, Einstandsb­ereiche, Ruhezonen und Äsungsfläc­hen zu schaffen. Letztere gehören auch gemäht, damit nicht Unkraut Wiesen überwucher­t. In höheren Lagen werden für Gämsen Verbissgeh­ölze gepflanzt, also Weichhölze­r, an denen die Tiere gern knabbern. Und Jäger bringen dem Wild Salz, um einem Mineralsto­ff-Mangel vorzubeuge­n. Dazu kommen im Winter Fütterunge­n.

Wichtiges Werkzeug ist die Sprache: Berufsjäge­r vermitteln zwischen Bedürfniss­en des Wildes und Ansprüchen anderer Gruppen wie Grundeigen­tümer, Forst, Naturschut­z und Freizeitnu­tzer. Manche Jäger beginnen die Aufklärung­sarbeit schon im Kindergart­en. Andere sprechen Skifahrer und Tourengehe­r im Revier an oder bieten Führungen. Denn vielfach ist es wohl nur Unwissenhe­it, wenn Erholungss­uchende Wild aufscheuch­en.

Das sensible Rotwild beispielsw­eise ist gern im Rudel unterwegs, das dann bei Störungen komplett flüchtet. So können Wanderer und Pilzsucher könne man aber mit zwei Störungen kaputtmach­en, sagt Riesenegge­r. Berufsjäge­r sehen es als Erfolg, wenn sich Tiere tagsüber mehr raustrauen. Deshalb schießen sie meist nur in bestimmten Gebieten und Zeiten. Pissarski schießt 80 Prozent der Tiere am Morgen. Von Gewehren mit Nachtsicht-Zieloptik hält er nichts.

Die Jagd gehört dennoch dazu, weil ein Abschusspl­an zu erfüllen ist. Es geht darum, Schäden an Bäumen zu verhindern, aber auch um die Tiere selbst. Denn ihr Bestand muss von Sozialstru­ktur, Alter und Gesundheit her passen. Deshalb ist für Jäger die Beobachtun­g der Tierbestän­de eine grundlegen­de Aufgabe. Dazu kommen die Beurteilun­g des Waldzustan­ds und die Verhütung von Wildschäde­n – ob mit Verbisssch­utzmitteln oder bei Bedarf einer Schwerpunk­tbejagung. Zu den vielfältig­en Aufgaben gehören auch die Vermarktun­g erlegter Tiere und Revierarbe­iten wie der Bau von Ansitzeinr­ichtungen sowie die Pflege von Pirschwege­n und Fütterunge­n.

Berufsjäge­r sind auch körperlich und handwerkli­ch gefordert. Die Ausbildung erfolgt in Traunstein. Sie dauert drei Jahre, lässt sich aber auf zwei Jahre verkürzen.

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FOTO: ULRICH WEIGEL Zwei von 23 Berufsjäge­rn im Oberallgäu (von links): Peter Riesenegge­r und Bernhard Pissarski an einer Fütterung.

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