Den Flüchtlingen helfen
Leserbrief zum Stadtratsbeschluss, 50 Minderjährige aus den Flüchtlingslagern in Griechenland aufzunehmen: Manchmal ist der Bürger stolz auf seinen Stadtrat. So war es, als dieser mit großer Einmütigkeit die Bereitschaft der Stadt Lindau bekundete, 50 Minderjährigen aus der Hölle der Flüchtlingslager Zuflucht zu gewähren. Im für 3000 Flüchtlinge eingerichteten Lager in Moria (Lesbos) drängen sich mehr als 16 000 (!) Menschen: Säuglinge, Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Die hygienischen Verhältnisse und Lebensverhältnisse sind katastrophal. Gibt es jemanden, der davon nicht berührt ist? Ja, diese Menschen gibt es und sie sind inzwischen im Stadtrat und scheinen auch in der Verwaltung vertreten zu sein. Die Ein-PersonenAfD will den Beschluss kippen, und die Stadtverwaltung beeilt sich, den AfD-Antrag umzusetzen. Man möge in den Heimatländern helfen und für die Verbesserung der Lage in den Lagern sorgen. Was für ein Humbug! Die Herkunftsländer nehmen oft ihre Bürger nicht mehr auf, die Lage in den Lagern ist, kurzfristig zumindest, nicht zu verbessern. Dieser Vorschlag ist an Zynismus kaum zu überbieten. Er gleicht dem Unterfangen, ein Bodenseehochwasser mit der Schöpfkelle bekämpfen zu wollen nach dem Motto: Spart das Geld für die Sicherung der Bürger, verteilt Schöpflöffel. Natürlich ist die Aufnahme von Flüchtlingen Sache des Bundes. Der aber tut sich ganz offensichtlich schwer, fundamental menschliche Entscheidungen zu treffen, das befürchtete Erstarken der Rechten im Blick. Gerade deshalb ist ein Signal aus der Bevölkerung so wichtig, das zeigt, dass die Menschen im reichen Deutschland bereit sind, Hilfe zu leisten. Der Stadtratsbeschluss vom 29. April ist ein Symbol der Menschlichkeit unserer Gesellschaft, die das Glück genießt, seit 75 Jahren in Frieden und Wohlstand zu leben, der nicht zuletzt auf dem Rücken der Dritten Welt gegründet ist. Platz wäre da, auch in den Flüchtlingswohneinheiten in Lindau. Und Geld darf keine Rolle spielen, wenn es darum geht, Menschen aus größter Not zu helfen.
Mein Appell richtet sich an die Stadträte und die Mitarbeiter der Verwaltung: Seien Sie menschlich und lassen Sie uns stolz auf die Perle im Bodensee sein!
Wolfgang B. Sutter,
Sigmarszell