Lindauer Zeitung

Ein Ende mit Schrecken

- Von AndreasG Knoch a.knoch@schwaebisc­he.de

Das hat es in der gut 30-jährigen Geschichte des Dax noch nicht gegeben: In gerade einmal sechs Handelstag­en hat sich der Marktwert einer der 30 größten deutschen Aktiengese­llschaften nahezu aufgelöst. Fast zwölf Milliarden Euro – pulverisie­rt. Der digitale Hoffnungst­räger der deutschen Bankenbran­che – Wirecard – am Ende. Wahrschein­lich wird das Unternehme­n aus Aschheim bei München alsbald in einem Atemzug mit dem USEnergieh­ändler Enron genannt werden, der selbst ernannten „großartigs­ten Firma der Welt“, die 2001 nach Bilanzfäls­chungen in einem der größten Skandale der US-Unternehme­nsgeschich­te kollabiert ist.

Hätte man den Skandal bei Wirecard ahnen können? Ja, das hätte man! Doch Aufsichtsr­äte, Wirtschaft­sprüfer und Aufsichtsb­ehörden haben versagt. Hinweise über Unregelmäß­igkeiten bei dem Zahlungsdi­enstleiste­r gab es nämlich zuhauf – und nicht erst seit 2019, als die „Financial Times“begann, über das Unternehme­n zu berichten. Bereits 2016 kursierten Berichte, die vorgaben, unter anderem Betrug und Geldwäsche im Hause Wirecard zu belegen.

Vor allem die Bafin macht in der Sache eine schlechte Figur. Sie ignorierte nicht nur alle Hinweise. Schlimmer noch: Die Behörde, zu deren Aufgaben unter anderem der Verbrauche­r- und Anlegersch­utz gehört, schlug sich auf die Seite von Wirecard, glaubte allein den Darstellun­gen des Management­s, das eine Verschwöru­ng von Leerverkäu­fern, Analysten und Medienvert­retern witterte. Herausgeko­mmen sind eine Anzeige gegen die Journalist­en der „Financial Times“und das Verbot von Leerverkäu­fen durch die Bafin – ein Persilsche­in für das WirecardMa­nagement.

Übrig bleiben in dem Skandal nur Verlierer: Mitarbeite­r, Aktionäre, Banken, Partner und Kunden. Das wird Konsequenz­en haben müssen. Zusammense­tzung und Qualifikat­ion von Aufsichtsr­äten müssen ebenso hinterfrag­t werden wie die Arbeitswei­se von Wirtschaft­sprüfern und das Verständni­s der Aufsichtsb­ehörden im Umgang mit sogenannte­n neuen Geschäftsm­odellen.

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