Lindauer Zeitung

Bayers Deal wird immer teurer

Monsanto-Kauf kostet den Konzern erneut Milliarden – Hat er sich trotzdem gelohnt?

- Von Mischa Ehrhardt

- Mit einem milliarden­schweren Vergleich will Bayer einen Großteil seiner rechtliche­n Probleme in den USA abschließe­n: Insgesamt bis zu 10,9 Milliarden Dollar wird die Einigung mit zahlreiche­n US-Klägern und vielen beteiligte­n Anwaltskan­zleien kosten. Damit werden nach Angaben des Konzerns 75 Prozent der Fälle beigelegt. Überwiegen­d handelt es sich um Klagen gegen den vermeintli­ch krebserreg­enden Unkrautver­nichter Glyphosat, der in den USA vor allem unter dem Namen Roundup vermarktet wird. Es geht aber auch um andere Klagen zum Unkrautver­nichter Dicamba und zur Chemikalie PCB.

„Der Roundup-Vergleich ist für Bayer der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt, um eine lange Periode der Unsicherhe­it zu einem Ende zu bringen", sagte Vorstandsc­hef Werner Baumann. Er gestand aber auch ein, dass Bayer unglücklic­herweise nun „furchtbar viel Geld" für ein Produkt zahle, das völlig im Einklang mit den regulatori­schen Vorgaben stehe.

Diese Klagen und Rechtsrisi­ken hatte Bayer sich mit der rund 63 Milliarden Dollar teuren Übernahme des Glyphosat-Entwickler­s Monsanto eingehande­lt. Es war die teuerste Übernahme, die sich ein deutscher Konzern je geleistet hat, auch ohne die Klagen. Hat sich diese Übernahme im Lichte dieser gigantisch­en Summen gelohnt?

Zumindest vergrößert hat sich Bayer deutlich. Mit der Übernahme von Monsanto ist Bayer zum größten Saatgut- und Pflanzensc­hutzkonzer­n der Welt aufgestieg­en. Mit dem Kauf hat sich Bayer nicht nur Rechtsrisi­ken, sondern auch Schlüsselt­echnologie­n gesichert: Etwa genverände­rtes Saatgut. Auch in der Digitalisi­erung der Agrarwirts­chaft ist Monsanto weit vorne, das Stichwort hierzu lautet digital oder smart farming. Davon profitiert Bayer natürlich. Kurz: Beide Konzerne ergänzen sich im Hinblick auf ihre Produkte und auch geografisc­h. Vor allem die Vormachtst­ellung von Monsanto in den USA kommt Bayer in Zukunft zugute. „Wenn man weiß, dass der US-Agrarmarkt der größte Agrarmarkt der Welt ist, dann ist Monsanto, das sich Agrar-Aktivitäte­n als strategisc­hes Geschäftsf­eld auf die Fahnen geschriebe­n hat, ein Muss“, meint Thomas Schießle, Branchenex­perte und Geschäftsf­ührer des Analystenh­auses Equit.ts.

Allerdings ist die Kehrseite dieser unternehme­rischen Expansion das

Abspecken in anderen Bereichen. „Die Kartellbeh­örden haben im Gegenzug umfangreic­he Verkäufe verlangt. Das waren teilweise hoch interessan­te Bereiche, die Bayer an Wettbewerb­er abgeben musste“, sagt Uwe Treckmann, Branchenan­alyst bei der Commerzban­k. Zuletzt hat Bayer sich an den Verkauf seiner Tiermedizi­n-Sparte gemacht, um die Schulden durch die milliarden­schwere Übernahme besser schultern zu können.

Als weiteren Nachteil haben bereits vor zwei Jahren viele Beobachter den hohen Kaufpreis gesehen. Einige Analysten hielten Monsanto schlicht für überbewert­et. Im Verbund mit den Strafzahlu­ngen jetzt sind das beträchtli­che Summen, die beispielsw­eise nicht für Investitio­nen oder die Erforschun­g zukunftstr­ächtiger Stoffe und Produkte fließen können.

Zum anderen basieren die wirtschaft­lich optimistis­chen Prognosen auf der Annahme, dass die massenhaft­e und industriel­le Landwirtsc­haft auch in Zukunft das beherrsche­nde Modell der Nahrungsmi­ttelproduk­tion weltweit sein wird. Bei wachsender Bevölkerun­g ist das zwar möglich. Doch gibt es eben auch Bestrebung­en hin zu einem stärkeren ökologisch­em Wandel und regionaler Produktion in der Landwirtsc­haft.

Die Monsanto-Übernahme erweist sich also bislang als teuer. Umso mehr durch den nun geschlosse­nen milliarden­schweren Vergleich. Ob sie sich am Ende für Bayer auszahlen wird, ist zumindest nicht eindeutig abzusehen.

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FOTO: PATRIK STOLLARZ Bayer zahlt zehn Milliarden Dollar an US-Kläger.

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