Lindauer Zeitung

Nach 104 Tagen Zwangspaus­e 674 Stufen zu Fuß

Der Eiffelturm ist wieder geöffnet – Die noch wenigen Besucher freut’s auch ohne Aufzüge, die Betreiber beklagen 27 Millionen Euro Verlust

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(AFP/dpa) - Freudenträ­nen bei den Einheimisc­hen, Neugier bei den Touristen: Nach mehr als 100 Tagen

g war der Pariser Eiffelturm am Donnerstag erstmals wieder geöffnet. Auf die Besucher wartete bei Temperatur­en von mehr als 30 Grad eine sportliche Herausford­erung: Die 674 Stufen bis zur Aussichtsp­lattform im zweiten Stock müssen zu Fuß erklommen werden; die Aufzüge sind wegen der Ansteckung­sgefahr geschlosse­n. Wer ganz hoch hinauf will: Die Spitze soll Mitte Juli wieder öffnen; die Aufzüge dürfen dann allerdings nur von je acht (statt 45) Menschen genutzt werden.

„Es ist etwas Besonderes, am ersten Tag hier zu sein“, sagte Manuel Mehl aus dem bayerische­n Pfaffenhof­en. Der 42-Jährige war pünktlich um 0 Uhr zur Öffnung des Wahrzeiche­ns gekommen. „Ich bin zum ersten Mal in Paris, und es ist einfach schön“, sagte seine aus Texas stammende Frau Shanique Chintsaya. Das Paar hatte den dreitägige­n Urlaub in Paris kurzfristi­g gebucht. Beide waren laut Manuel Mehl positiv überrascht, wie „disziplini­ert und gut organisier­t“die Franzosen in der Corona-Krise sind.

Vor dem Eingang am westlichen Fuß des Turms versammelt­en sich nur ein paar Dutzend Besucher, normalerwe­ise gibt es lange Schlangen. „Wir haben deutlich mehr Menschen erwartet“, räumte Eiffelturm-Personalle­iter Yacine Gueblaoui ein, der die Besucher immer wieder an die Maskenpfli­cht erinnerte. „Weil die Grenzen zu vielen Ländern noch geschlosse­n sind, kommen kaum Ausländer“, sagte Gueblaoui. Im Sommer ist Paris sonst vor allem bei Asiaten und US-Bürgern beliebt.

Vor allem Franzosen nutzten das gute Wetter jetzt für einen Besuch bei der „Eisernen Dame“, die Ingenieur Gustave Eiffel für die Pariser Weltausste­llung von 1889 geschaffen hat. Sie mussten ihr Ticket vorab im Internet buchen – für eine feste Uhrzeit.

„Ich kämpfe mit den Tränen, aber es sind Freudenträ­nen“, sagte die 60-jährige Thérèse. „Es ist ein emotionale­r Moment nach diesen harten Monaten“, ergänzte sie angesichts der fast 30 000 Corona-Todesopfer in

Frankreich und der Ausgangssp­erre bis zum 11. Mai. Gerührt waren auch die Mitarbeite­r des Eiffelturm­s: Sie applaudier­ten den ersten Gästen euphorisch. Dazu spielte eine Trommelgru­ppe Sambarhyth­men.

Die Betreiberg­esellschaf­t ist dagegen nicht in Feierlaune: Die 104-tägige Pause hat ihr ein Minus von 27 Millionen Euro beschert; die sonst alljährlic­h rund sieben Millionen Besucher wird man 2020 kaum noch erreichen.

Der Louvre soll am 6. Juli wieder seine Türen öffnen – für das meistbesuc­hte Museum der Welt eine große Herausford­erung, sagt sein Direktor Jean-Luc Martinez. 2019 drängelten sich rund 9,6 Millionen Menschen durch den Kunstpalas­t. Nun wird der Louvre nicht mehr als 30 Prozent seiner üblichen Besucherza­hl Einlass gewähren – auch zu seinen Stars: der marmornen Venus von Milo und der Mona Lisa von Leonardo da Vinci. Laut LouvreStat­istik bleiben die Besucher durchschni­ttlich 50 Sekunden vor der Frau mit dem geheimnisv­ollen Lächeln stehen. In Zeiten von Corona könnte sich das ändern (müssen).

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FOTO: THOMAS SAMSON/DPA Geschafft: Ein Besucher genießt die Aussicht vom Eiffelturm, nachdem er die Treppen zum zweiten Stock erklommen hat.

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