In die falsche Richtung
USA verzeichnen höchste Zahl an Covid-19-Neuinfektionen seit April – Der Süden ist besonders betroffen
(dpa/AFP) - Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu: Nach einer Phase der Entspannung breitet sich das Coronavirus in den USA wieder in alarmierendem Maße aus. Nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität vom Mittwoch wurden binnen 24 Stunden 35 900 neue Infektionsfälle verzeichnet – fast so viele wie zum bisherigen Höhepunkt der Krise im April. Besonders deutlich ist der Anstieg der Zahlen im Süden des Landes. Die Bundesstaaten New York, New Jersey und Connecticut ordneten deshalb an, dass aus mehreren Staaten des Südens kommende Reisende in Quarantäne müssen.
Die Gesamtzahl der registrierten Infektionen in den USA liegt nach Angaben der Universität bei knapp 2,4 Millionen. Die Zahl der verzeichneten Todesopfer stieg um weitere 756 Fälle auf etwa 121 900. Die Vereinigten Staaten sind das mit Abstand am härtesten von der Pandemie betroffene Land der Welt. Seit zwei Wochen verzeichnen sie in rund der Hälfte ihrer 50 Bundesstaaten deutlich steigende Ansteckungsraten.
Dies gilt besonders für Regionen des Südens – so registrieren die Bundesstaaten Texas und Florida derzeit ihre höchsten Infektionsraten seit Beginn der Krise. Beobachter führen dies unter anderem auf eine voreilige Lockerung der Corona-Beschränkungen zurück. Der texanische Gouverneur Greg Abbott appellierte nun an die Einwohner, möglichst daheim zu bleiben und beim Verlassen ihrer Häuser Atemschutzmasken zu tragen.
Die Intensivbetten der Krankenhäuser in Houston seien inzwischen zu 97 Prozent gefüllt, sagte Bürgermeister Sylvester Turner laut „New York Times“. Rund ein Viertel dieser Patienten seien mit dem Coronavirus infiziert. „Ich habe das starke Gefühl, dass wir uns in die falsche Richtung bewegen – und wir bewegen uns schnell.“Der führende US-Immunologe Anthony Fauci bezeichnete die Entwicklung als „beunruhigend“.
New York und seine Nachbarstaaten New Jersey und Connecticut ordneten eine zweiwöchige Quarantäne für aus Alabama, Arkansas, Arizona, Florida, South Carolina und Texas eintreffende Reisende an. Bei Verstößen in New York drohen Geldstrafen von 2000 Dollar sowie 5000 Dollar im Wiederholungsfall, wie Gouverneur Andrew Cuomo mitteilte. Reisende aus den inzwischen besonders von der Pandemie betroffenen Gegenden könnten „die Infektion mit sich bringen“, warnte Cuomo. „Wir sollten der
Realität ins Auge sehen. Leugnen ist keine Lebensstrategie.“
Der Schritt zeigt, wie sich die Coronavirus-Krise in den USA regional verlagert hat: Lange Zeit waren der Bundesstaat New York und die gleichnamige Millionenstadt das Epizentrum der Pandemie, dort starben mehr als 30 000 Menschen. Zwischenzeitlich verlangten andere Bundesstaaten, dass sich New Yorker bei einem Besuch in Quarantäne begeben. Mit strikten Ausgangsbeschränkungen und Geschäftsschließungen aber konnte die Lage in der Metropole in den vergangenen Monaten unter Kontrolle gebracht werden.
Wegen der steigenden Infektionszahlen prüft die Europäische Union Medienberichten zufolge, US-Reisenden auch nach der ab dem 1. Juli geplanten schrittweisen Öffnung der EU-Außengrenzen die Einreise zu verweigern. US-Außenminister Mike Pompeo sagte dazu, er erwarte eine Einigung mit der EU über eine Wiederaufnahme des Reiseverkehrs „in den kommenden Wochen“. Die USA wollten sich keinem Corona-Risiko durch Reisende aus dem Ausland aussetzen und selbst anderen Ländern keine „Probleme“bereiten.