Flüchtlingsfrage bleibt vorerst umstritten
Stadtrat verschiebt Abstimmung über die Aufnahme von 50 Kindern und Jugendlichen
- Es bleibt beim Beschluss, dass Lindau 50 Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingslagern aufnehmen will. Der Stadtrat hat eine neuerliche Beratung und Abstimmung verschoben.
Überraschend hat Daniel Obermayr für die Bunten am Mittwochabend beantragt, die Diskussion über das Thema von der Tagesordnung zu nehmen. Auf Anfrage der LZ erklärte er, dass verschiedene Fraktionen sich zwar einig seien, dass Verwaltung und Stadtrat das Anliegen des Ratsbeschlusses aus dem April weiterverfolgen. Doch sie wollten sich erst informieren, um für eine spätere Sitzung einen abgesprochenen Antrag einzubringen.
Oberbürgermeisterin Claudia Alfons sprach sich ebenso wie Bürgermeisterin Katrin Dorfmüller (SPD) dafür aus, das Thema am Mittwoch zu behandeln, zumal die Verwaltung ihre Position klarstellen wollte. Doch die Mehrheit stimmte dagegen und verschob auf Antrag von Thomas
Hummler (CSU) auch gleich die Diskussion über den Antrag der AfD, den April-Beschluss zu kippen. Da half es nicht, dass Alfons von „Augenwischerei“sprach und Dorfmüller das Vorgehen „unsäglich“nannte.
Obermayr ist enttäuscht, dass das Landratsamt Lindau offenbar keine Bereitschaft zeigt, Menschen aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln zu helfen. Laut Sitzungsvorlage habe die Behörde in Gesprächen mit der Stadtverwaltung auf bei Weitem übererfüllte Quoten verwiesen und auf zu erwartende Kosten. Laut Hauptamtsleiter Thomas Nuber habe der Landkreis sogar Widerstand angekündigt, wenn er wegen der Initiative der Stadt weitere minderjährige Flüchtlinge aufnehmen müsste.
Obermayr zeigt sich im Gespräch mit der LZ enttäuscht darüber, dass Stadtverwaltung und Landratsamt vor allem Kosten hervorheben. Denn schon im April habe der Stadtrat während der Diskussion sehr deutlich gemacht, dass nicht Stadt oder Landkreis die Kosten für die Unterbringung
und Betreuung der Flüchtlinge tragen sollten. Vielmehr gehe es darum, ein Zeichen zu setzen, die Bundesregierung gerade in Zeiten deren EU-Ratspräsidentschaft unter Druck zu setzen, damit Bewegung in diese Sache komme. Denn Zustände wie im Lager Moria auf Lesbos seien nicht erträglich.
Dem stimmt die Stadtverwaltung ausdrücklich zu, wie Pressesprecher Jürgen Widmer der LZ mitteilt: „Wir sind der Meinung, dass die Bundesregierung Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen sollte.“Widmer räumt missverständliche Formulierungen in der Sitzungsvorlage ein, die Nuber und Alfons am Mittwoch gerne ausgeräumt hätten. Denn im Ziel seien sich Verwaltung und Stadtratsmehrheit wohl einig: Man müsse etwas gegen die unmenschlichen Zustände in den Lagern tun.
Im ersten Schritt habe die Verwaltung deshalb mit dem Landratsamt Kontakt aufgenommen, wie von den Räten im April beschlossen. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die Behörde keineswegs positiv auf das
Anliegen reagiert habe.
Das hätte Nuber gerne im Stadtrat berichtet und erklärt, zumal nach den Diskussionen der vergangenen Tage einzelne Demonstranten der Gruppe Omas gegen Rechts mit Transparenten vor der Inselhalle eine menschliche Lösung für die Flüchtlinge gefordert hatten und als Zuhörer in der Inselhalle waren.
Während AfD-Stadtrat Rainer Rothfuß in einer Pressemitteilung an dem Ziel festhält, den April-Beschluss zu kippen, erklären Widmer und Obermayr, dass Verwaltung und zumindest große Teile des Stadtrats an dem Grundsatzbeschluss festhalten. Denn Deutschland müsse die Lage in den Herkunftsländern verbessern und den Menschen in den Flüchtlingslagern helfen. Hinter den Kulissen wollen die Bunten nun ausloten, welcher Beschluss politisch zielführend und sinnvoll ist und auf rechtmäßigem Weg zum Ziel führt. Denn letztlich geht es nicht um eine Mehrheit im Stadtrat, sondern darum, wirklich den Menschen in Moria zu helfen.