Aus für Fahrradstraße: Engpass auf der B 467-alt
Kressbronner Gemeinderat lehnt Antrag mit zehn zu neun Stimmen ab
- Nicht nur auf der Straße zwischen Gießenbrücke und Reutenen geht es eng zu. Auch die Entscheidung im Kressbronner Gemeinderat, ob dort eine Fahrradstraße eingerichtet werden soll, war denkbar knapp: Mit zehn zu neun Stimmen lehnte das Gremium am Mittwoch einen entsprechenden Antrag der Aktionsgruppe „Sichere B 467-alt“ab. Ein Argument der Gegner: Tempo 30 würde Autofahrer ausbremsen, die sich nicht auf die neue Bundesstraße trauen, die nahezu parallel verläuft.
Diffiziler Hintergrund: Lediglich 300 Meter der Verbindung liegen auf Kressbronner Gebiet. Der Rest der 2,6 Kilometer gehört zur Stadt Tettnang, deren Gemeinderat sich bereits für eine Fahrradstraße ausgesprochen hat. Um die Regeln zugunsten der Radfahrer zu ändern, hätten allerdings die Gremien beider Kommunen zustimmen müssen. Das Kressbronner Nein bedeutet vorerst das Aus für die Fahrradstraße.
Zur großen Enttäuschung der Aktionsgruppe „Sichere B 467-alt“, die im Vorfeld unter anderem auf die Gefahren für radelnde Schüler aufmerksam machte und Unterschriften sammelte. Ihr Antrag umfasste folgende Forderungen: Das Sonn- und Feiertagsverbot für Kfz bleibt bestehen. Werktags dürfen Fahrzeuge bis 2,8 Tonnen die Straße nutzen, ausgenommen von der Beschränkung sind land- und forstwirtschaftlicher Verkehr sowie Linienbusse. Die Strecke wird als Fahrradstraße beschildert, auf der folglich Tempo 30 gilt, sich andere Verkehrsteilnehmer nach der Geschwindigkeit der Radler richten müssen und Nebeneinanderfahren mit Fahrrädern erlaubt ist.
Dass es auf der B 467-alt mitunter eng und deshalb auch gefährlich ist und die Strecke eine wichtige Achse zwischen Argental, Kressbronn und
Tettnang darstellt, darüber herrscht offenbar Einigkeit. In dem Punkt, welche Regeln dort gelten sollen, um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu erhöhen, gehen die Meinungen jedoch weit auseinander – auch im Kressbronner Gemeinderat. Was Bürgermeister Enzensperger dazu veranlasste, zu Beginn der Diskussion einen respektvollen Umgang miteinander zu fordern und von Schuldzuweisungen abzusehen, „egal, wie die Entscheidung ausgeht“.
Daniel Enzensperger selbst sprach sich für eine Fahrradstraße aus. Der entscheidende Punkt sei: „Es geht um die Sicherheit der Radfahrer.“
Autofahrer könnten dafür den kurzen Umweg über die neue Bundesstraße in Kauf nehmen.
Stefan Fehringer, Fraktionsvorsitzender der Bürgerlichen Wählervereinigung (BWV), hatte dagegen ein Problem damit, dass außerorts auf einer Strecke von 2,6 Kilometern Tempo 30 gelten soll: „Das können wir nicht mittragen.“
Der Antrag seiner Fraktion, der jetzt geprüft wird: Die Geschwindigkeit auf der B 467-alt auf 50 Stundenkilometer zu reduzieren und die Strecke durch den Tettnanger Wald zu ertüchtigen und als Fahrradweg auszuweisen.
Für CDU-Fraktionschef Karl Bentele empfahl sich ebenfalls Tempo 50 statt wie bisher 70 als Dauerlösung. Die Umleitung über die alte Bundesstraße infolge einer Baustelle auf der B 467-neu sei ein Probelauf gewesen und habe gezeigt: „Mit Tempo 50 kommen Autofahrer gut klar.“Die Geschwindigkeitsreduzierung mache auch das Radfahren sicherer. Seiner Ansicht nach müsste außerdem die Auffahrt auf die B 467-neu entschärft werden, um auch ängstlichere Autofahrer auf die Bundesstraße zu bringen und dadurch den Verkehr auf der alten Strecke zu reduzieren.
„Tempo 50 bringt gar nichts“, erklärte hingegen CDU-Gemeinderat Hermann Wieland. Autofahrer würden beim Überholen nur Gas geben, um den kritischen Vorgang schneller zu beenden. Er stimmte für die Fahrradstraße und schlug vor, zusätzlich die Möglichkeit zu prüfen, die Nutzung der Strecke im Sommerhalbjahr oder zu bestimmten Zeiten für Autofahrer einzuschränken.
Grünen-Gemeinderat Klaus Oelfken stellte fest: „Alle, die gegen eine Fahrradstraße sind, wollen nur ihre Rechte als Autofahrer nicht aufgeben.“Für ihn ging die Forderung nicht weit genug. Die beste Lösung sei, die B 467-alt ganz für den Kraftfahrzeugverkehr zu sperren. Eine Ablehnung der Fahrradstraße sei zudem ein Schlag ins Gesicht der Verantwortlichen der Stadt Tettnang, auf deren Gemarkung 90 Prozent der Strecke liegen.
Auch Martin Kolb von der SPD unterstützte den Antrag der Aktionsgruppe „Sichere B 467-alt“: „Wir sind überzeugt, dass sich dadurch die Sicherheit der Radfahrer erhöht.“Ebenso Gemeinderätin Martina Knappert-Hiese (GUBB), die im Weg durch den Tettnanger Wald keine angemessen Alternative für Radler sah: „Wir müssen an die Schwächsten denken und auf sie Rücksicht nehmen.“
Als eine „sehr pragmatische Lösung“bezeichnete Silvia Queri die Fahrradstraße. Zumal die B 467-alt eine wichtige Achse im Radwegeplan des Bodenseekreises sei. In Zeiten, in denen der Radverkehr gefördert werde, ist es für die GrünenFraktionschefin nicht verhältnismäßig, Autofahrer zwischen zwei Straßen wählen zu lassen und Radler auf einen unbeleuchteten Schotterweg in den Wald zu schicken. „Wir verpassen eine Chance, wenn wir die Fahrradstraße nicht einrichten“, lautet ihr Appell – dem die Mehrheit des Kressbronner Gemeinderats allerdings nicht folgen wollte.