Lindauer Zeitung

Nur nicht unterkrieg­en lassen

Allgäuer Showpianis­ten hat das Corona-Virus ausgebrems­t

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- Ob New York, Mexico City, Lima, Buenos Aires, Dubai, Riad, Neu-Delhi, Shanghai oder Sydney – die beiden Showpianis­ten Marcel Dorn (43, Kempten) und Stephan Weh (44, Bad Grönenbach) fühlen sich auf der ganzen Welt zu Hause. Nur ist ihnen die Welt derzeit wegen der CoronaPand­emie verschloss­en. Seit 24 Jahren sind Dorn und Weh als „Pianotainm­ent“unterwegs, lassen – an einem Flügel sitzend – ihre 20 Finger über die 88 Tasten fliegen und mischen dabei Klassik, Pop und Jazz mit Show-Elementen.

Herr Dorn, die Coronakris­e trifft Künstler schwer. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Dorn: Da geht es uns wie den meisten Kollegen auch. Der Terminkale­nder war eigentlich voll – und Woche für Woche kommen immer neue Absagen – mittlerwei­le bis in den Herbst. Seit Mitte Januar geht das nun bereits so für uns. Das Einkommen ist auf null gesunken. Teilweise bekommen wir nicht einmal die vorgestrec­kten Reisekoste­n zurück. Im Grunde leben wir von unserer Altersvors­orge, was ja eigentlich nicht Sinn der Sache ist. Dabei fühlten wir uns eigentlich krisenfest­er als früher.

Inwiefern?

Dorn: 2008 hatte uns die Finanzkris­e kalt erwischt. Damals hatten wir vor allem auf lukrativen Galas für Unternehme­n gespielt – im Rückblick Rosinenpic­kerei. Das Firmengesc­häft ist dann auf einen Schlag komplett weggebroch­en. Das war uns eine Lehre. Wir haben uns also breiter aufgestell­t und mehrere Standbeine aufgebaut. Zu den Gala-Auftritten kamen Shows auf Kreuzfahrt­schiffen, In- und vor allem Auslandsto­urneen für unseren Piano-Partner, die Firma Blüthner, und spezielle Kinderkonz­erte für Schulen. Zudem sind wir seit einigen Jahren musikalisc­he Deutschlan­d-Botschafte­r für das Auswärtige Amt.

Wie kamen Sie dazu?

Weh: Durch unsere weltweiten Konzertrei­sen haben wir viele Kontakte aufbauen können zu deutschen Auslandsin­stitutione­n, also Botschafte­n, Konsulate, Goethe- und HumboldtIn­stitute. Und die kennen uns und buchen uns gerne, wenn sie wissen, dass wir eh gerade in ihrer Region sind und dadurch für sie keine Reisekoste­n anfallen. Uns kommt sicher auch zugute, dass wir unsere PianoShows fünfsprach­ig moderieren können, also deutsch, englisch, französisc­h, spanisch und chinesisch.

Nehmen Sie eigentlich CoronaFörd­erprogramm­e in Anspruch?

Dorn: Ehrlich gesagt, die vollmundig­en Politiker-Versprechu­ngen im Fernsehen kommen mir langsam zynisch vor. Wir mussten feststelle­n: Wenn es dann endlich konkret werden soll mit der Hilfe, gibt es im Antragsfor­mular doch immer einen findigen Halbsatz oder eine kleingedru­ckte Zusatzvora­ussetzung, die einen unter Haftandroh­ung eben doch von der Förderung ausschließ­t. Der Staat verbietet einem über Nacht das eigentlich gesunde Geschäftsm­odell, ein Ausgleich findet aber nicht mal im Ansatz statt. Außer natürlich für Großkonzer­ne mit guter LobbyArbei­t. Aus unserer Sicht: bitter.

Was halten Sie von den CoronaLock­erungen? Bislang waren bei Kunst- und Kulturvera­nstaltunge­n innen maximal 50 Personen erlaubt, ab Montag dürfen es bis zu 100 sein.

Weh: Ich persönlich kenne keinen Veranstalt­er, der sich zutraut, mit diesen Personenza­hlen und Abstandsre­gelungen einen noch so kleinen Gewinn einzufahre­n. Medial kommen Lockerunge­n natürlich trotzdem gut an.

Sie sind beide Familienvä­ter, haben jeweils zwei schulpflic­htige Kinder zwischen acht und elf Jahren. Die haben sich doch sicher gefreut, dass der Papa mal länger zu Hause ist, oder?

Weh: (lacht) Ja, schon, aber. Ein halbes Jahr ohne Unterbrech­ung zu Hause, das hatten wir noch nie. Das war schon eine ungewohnte und sehr intensive Erfahrung mit den Kids. Verschiede­ne Schulen, verschiede­ner Unterricht­sstoff, verschiede­ne Home-Schooling-Systeme. Langweilig wurde uns da jedenfalls nicht.

Konnten Sie die konzertlos­e Zeit nutzen, um Neues einzustudi­eren?

Dorn: Die Bühne fehlt uns. Sehr sogar. Unterwegs haben wir die besten Ideen und können die auch oft gleich ausprobier­en und weiterentw­ickeln. Üben nur um des Übens willen, ohne Aussicht auf ein echtes Konzert ist frustriere­nd. Das ist so, wie wenn man immer nur Essen kocht, aber nie reinbeißen darf.

Gibt es dennoch Licht für Pianotainm­ent am Ende des CoronaTunn­els?

Dorn: Ja, ein kleines, kurzfristi­ges, völlig neuartiges: Am 8. August ist ein Auftritt beim Allgäuflim­mernKultur­und Autokino-Festival in Altusried geplant. Interaktio­n wird bei uns ja immer groß geschriebe­n. Wir werden uns was einfallen lassen, wie man ein Publikum hinter lauter Windschutz­scheiben einbindet. Ideen sind da. Wir freuen uns sehr darauf. Nach 200 Tagen ohne Auftritt wird es endlich wieder spannend.

(mbe) - Eine Bootsfahrt, die ist lustig, eine Bootsfahrt, die macht Spaß. Noch dazu, wenn es sogar eine Jungfernfa­hrt ist. Denn Familie Gehring aus Altstädten bei Sonthofen hat ihre

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