Memmingen heißt jetzt „Stadt der Freiheitsrechte“
Plenum Stadträte stimmen für neuen Namenszusatz und beschließen ein entsprechendes Manifest
- Die Stadt Memmingen schmückt sich ab sofort mit einem neuen Namenszusatz – der da lautet: „Stadt der Freiheitsrechte“. Das hat der Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen. Ebenso das „Memminger Manifest“, mit dem der Namenszusatz untermauert werden soll ( siehe Infokasten ). Lediglich die beiden AfD-Stadtratsmitglieder stimmten dagegen.
Vor dem Beschluss hatte Kulturamtsleiter Dr. Hans-Wolfgang Bayer die Hintergründe im Plenum erläutert. Demnach wurden im vergangenen Jahr bei der Erarbeitung eines neuen Tourismuskonzepts der Stadt auch Alleinstellungsmerkmale definiert. An erster Stelle steht dabei der Bezug zu den im März 1525 in der Memminger Kramerzunft abgefassten „Zwölf Bauernartikel“. Diese gelten als erste Niederschrift von Menschenund Freiheitsrechten in Europa.
Angesichts dieses bedeutsamen historischen Ereignisses wurde in der Tourismusanalyse unter anderem das Ziel abgeleitet, dass der Begriff „Freiheit“in verschiedensten Ausprägungen für Gäste und Einheimische erfahrbar wird. In der Folge stellte schließlich Stadtrat Klaus Holetschek (CSU) im Januar den Antrag, Memmingen den Namenszusatz „Stadt der Freiheit“zu geben und durch vielfältige Aktionen das kulturelle Erbe der „Zwölf Artikel“präsent zu halten.
Bei der jetzigen Diskussion in der Stadthalle regte SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Ressler an, als Namenszusatz „Stadt der Freiheitsrechte“anstatt nur „Stadt der Freiheit“zu wählen. Das würde mit Blick auf die
Abfassung der Artikel den Kern der Sache besser treffen. Dem schlossen sich nicht nur Holetschek, sondern – bis auf die AfD-Vertreter – auch alle anderen Stadträte sowie OB Manfred Schilder an. Zudem betonte das Stadtoberhaupt, dass das historische Ereignis im Jahr 1525 die Verpflichtung mit sich bringe, die Forderungen der damaligen Bauern auch heute mit Leben zu erfüllen..
Was das Abstimmungsverhalten der AfD anbelangt, so wollten sich Genovefa Kühn und und Christoph Maier zunächst der Stimme enthalten. Nachdem die beiden aber darauf aufmerksam gemacht wurden, dass man sich in einem Gemeinde- beziehungsweise Stadtrat nicht der Stimme enthalten darf, votierten beiden ohne Kommentar gegen den Namenszusatz und das Manifest.
Indes hatte Dritter Bürgermeister Dr. Hans-Martin Steiger (SPD) in seinem Redebeitrag vor der Abstimmung Christoph Maier scharf angegriffen. So spielte er etwa darauf an, dass der AfD-Mann im vergangenen Jahr bei einem Treffen des inzwischen aufgelösten rechtsnationalen „Flügels“im mittelfränkischen Greding die erste Strophe des Deutschlandlieds mitgesungen hatte. „Deutschland, Deutschland über alles – über alles in der Welt. Das, Herr Maier, ist unvereinbar mit dem Grundgesetz und mit dem, was das Memminger Manifest ausdrückt“, betonte Steiger und fuhr fort: „Der Ruf nach Freiheit, nach Rechtsstaatlichkeit, nach Menschenwürde, die für alle gilt – unabhängig von Hautfarbe, Herkunft und Religion – muss für uns heute immer wieder eine neue Aufgabe und Verpflichtung sein.“Gleichzeitig erinnerte Steiger an ein kürzlich in der Memminger Zeitung veröffentlichtes Interview, bei dem Maier sagte: „Wer, wenn nicht die AfD, traut sich, die heißen Eisen wie Bevölkerungsaustausch und Islamisierung anzupacken?“
Dem hielt Steiger entgegen: „Solche Aussagen verstoßen genau gegen das, zu dem wir uns im Memminger Manifest verpflichten.“Wer solche Worte in den Mund nehme, „der beschränkt die Freiheit auf Seinesgleichen, der sät Zwietracht, schürt Ängste, grenzt Andersdenkende und Andersglaubende aus, erhebt sich über andere“. Laut Steiger muss es heißen: „Einigkeit und Recht und Freiheit, statt Deutschland, Deutschland über alles.“
Während sich Christoph Maier nicht zu Wort meldete, unterstrich Staatssekretär Klaus Holetschek: „Das war großartig, was Hans-Martin Steiger gerade gesagt hat.“In Holetscheks Augen ist mit dem Manifest eine Haltung verbunden, „für die wir in unserer Stadt stehen“. Damit werde ein klares Signal gesetzt, dass Memmingen nicht nur die Stadt der Freiheitsrechte, sondern auch eine Stadt der Menschlichkeit sei: „Das ist heute ein guter Tag für Memmingen.“ chen Dialogs.“(Der Ort der Bauernversammlung von 1525 hat für die Entwicklung einer lebendigen Zivilgesellschaft herausragende Bedeutung.)
Darüber hinaus will die Stadt Memmingen gemeinsam mit dem Kuratorium „Zwölf Bauernartikel“im Gedenken an die Ereignisse aus dem Jahr 1525 ein nachhaltiges Aktionsprogramm initiieren. Dieses soll denkmalpflegerische, gesellschaftliche, kulturelle und bildungsrelevante Aspekte einschließen. (vog)